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Die Digitalisierung eröffnet neue Wege in Sachen Diagnostik und Umgang mit Seltenen Erkrankungen.

Illustration: Sascha Duevel
Illustration: Sascha Duevel
Olaf Strohm Redaktion

Sie heißen Ada, Phenomizer oder Pedia. Immer mehr Apps und Systeme helfen auf Basis von Künstlicher Intelligenz Erkrankungen zu diagnostizieren – auch Seltene Erkrankungen. Aber keinesfalls solle eine App die Diagnose des geschulten medizinischen Personals ersetzen, so der wissenschaftliche Leiter des Unternehmens Ada Health, Martin Hirsch, im Tagesspiegel. Seine App sehe er nicht als Diagnose-App, sondern ein „Diagnoseunterstützungssystem“, so Hirsch.

Nach der Anmeldung fragt die App erst einmal persönliche Parameter und bekannte Grunderkrankungen ab. Auf Basis eines individuellen Fragebogens macht die App dann Vorschläge mit möglichen Ursachen beziehungsweise Krankheitsbildern. Außerdem eine Referenz auf andere Personen, die mit den gleichen Symptomen an einer bestimmten Krankheit leiden. Mit dieser Ersteinschätzung sollten sie einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen – mit der sie auch die persönlichen Gesundheitsdaten teilen können. Wer möchte, dass seine Daten in künftige Forschungen einfließen, kann das in den Einstellungen zur Privatsphäre zulassen.

Der „Phenomizer“ hingegen soll eine Diagnosefindung insbesondere genetisch bedingter Erkrankungen erleichtern. Ein anderes System, PEDIA, durchsucht das Erbgut des Patienten nach Genmutationen, Krankheitssymptome und Abweichungen von Gesichtsproportionen. Daraus kann es angeblich mit einer 98-prozentigen Trefferquote berechnen, um welche Krankheit es sich handelt. Diese Apps sind noch am Anfang ihrer Entwicklung. Ada ist hingegen schon ziemlich weit entwickelt. Vor allem für die Erkennung von Seltenen Erkrankungen könnte die App eine wichtige Rolle spielen. Darauf weist das Ärzteblatt hin: Ada könne zwar den Arzt keinesfalls ersetzen, so die Zeitung. Aber sie könne „die ärztlichen Fertigkeiten und Kompetenzen möglicherweise ergänzen, etwa dann, wenn es um Seltene Erkrankungen geht.“

Eine andere Form von digitaler Unterstützung findet in den Schulen Anwendung, und zwar in Form von so genannten Avataren, die von der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) Betroffenen zur Verfügung gestellt wird. Das sind kleine Roboter, die chronisch kranken Kindern und Jugendlichen die Teilnahme am aktiven Schulleben ermöglichen. Denn viele von ihnen fallen durch lange Krankenhausaufenthalte im Unterricht aus, verpassen Schulstoff und können nicht am Sozialleben mit dem Klassenkollektiv teilhaben. Hierfür gibt es die kleinen Roboter. Sie sitzen an solchen Tagen für den oder die Erkrankte:n im Klassenzimmer. Der oder die Patient:in kann von zu Hause aus dem Unterricht zuhören und sich sogar melden oder mit anderen interagieren.

Durch die Avatare verpassen Schüler:innen weniger Lernstoff und fühlen sich weiter als Teil des Klassenverbandes. Damit bleiben sie Teil des Klassenkollektivs und können sich im Unterricht bemerkbar machen, so die ACHSE. Ganz normale Dinge wie mit Freunden quatschen, dem Unterricht folgen und einfach dabei sein, sind dank des Avatars zumindest eingeschränkt möglich. Dadurch ist ein Kind oder Jugendlicher nicht einfach für die (Klassen-)Gemeinschaft „verschwunden“ und die Erkrankung, die zuvor oft ein Tabu war, wird damit zum Thema.

Davon hat auch Jan profitiert. Der Hamburger Schüler hat eine seltene, neurodegenerative Erkrankung, die Friedreich-Ataxie. Viele Fehlzeiten hatten dafür gesorgt, dass er Unterrichtsstoff verpasste. Nun hat er sein Abitur bestanden – dank seines Avatars, der ihn im Unterricht vertrat.
 

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Medizin
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