Die Waisen der Medizin

Was genau sind Seltene Erkrankungen? Ein Überblick

Illustrator: Sascha Duevel
Illustrator: Sascha Duevel
Olaf Strohm Redaktion

Als „Seltene Erkrankungen” werden in Europa Krankheiten klassifiziert, die höchstens eine Person von 2.000 betreffen. Von weltweit bekannten 30.000 Krankheiten zählen 7.000 bis 8.000 zu den „Seltenen Erkrankungen“. Jedes Jahr kommen ungefähr 250 neue dazu. Das können Formen von Krebs sein, Erkrankungen des Herzkreislaufsystems oder Stoffwechselerkrankungen. Auch eine Kinderdemenz oder eine Infektionskrankheit wie Tuberkulose oder eine Autoimmunkrankheit wie das Sjögren-Syndrom sind selten. Neue Krankheiten kommen ständig dazu. Etwa vier Millionen Deutsche insgesamt leiden an einer dieser Erkrankungen, also im Durchschnitt sind das pro Diagnose nur 500 Patienten. Medikamente oder anderweitige Unterstützung gibt es für die Betroffenen nur selten – aus einem einfachen Grund: Die Erforschung lohnt sich finanziell nicht. Sie wurden deshalb auch „Waisen-Krankheiten“, Orphan Diseases, genannt. Medikamente gegen seltene Krankheiten werden auch Orphan Drugs genannt. 

Eine Seltene Erkrankung bringt für Patienten in den meisten Fällen eine lange Zeit der Unsicherheit mit sich. Im Durchschnitt erhalten Betroffene nach fünf Jahren eine Diagnose. Auch wenn viele Ärzte schon einmal Kontakt zu einem Patienten oder einer Patientin mit einer Seltenen Erkrankung hatten, kommen sie mitunter erst in diesem Moment mit der Thematik in Berührung. 

Etwa 80 Prozent der Seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt, daher machen sich viele schon bei der Geburt oder im frühen Kindesalter bemerkbar.

Bei vielen Seltenen Erkrankungen können die ersten Symptome schon kurz nach der Geburt oder in früher Kindheit auftreten. Andere entwickeln sich erst im Erwachsenenalter. Viele dieser Krankheiten sind lebensbedrohlich oder führen zu Invalidität. Die meisten verlaufen chronisch: Sie lassen sich nicht heilen, die Patienten sind dauerhaft auf ärztliche Behandlung angewiesen. 
 

Nächster Artikel
Medizin
Oktober 2023
Prof. Dr. med. Dipl.-Chem. Elke Holinski- Feder ist Geschäftsführerin und Fachärztin  für Humangenetik im MGZ – Medizinisch Genetisches Zentrum München.
Beitrag

Leben mit Krebs

Ich bin 51 Jahre und habe Darmkrebs. Ich weiß jetzt, dass es erblich ist und was es bedeutet. Ich weiß auch, dass es meine Kinder nicht geerbt haben.

Medizin
Oktober 2023
Illustration: Olga Aleksandrova
Redaktion

Individuell behandelt

Jeder Krebs ist anders und nicht alle Betroffenen sprechen auf dieselben Medikamente an. Zielgerichtete Therapien sollen individuelle Behandlungen möglich machen.