»Geflügel ist nicht so gesund, wie viele glauben«

Hähnchen gilt als gesund und eiweißreich – doch der Schein trügt. Warum Geflügel riskant ist und welche pflanzlichen Alternativen überzeugen.

99 Prozent der in Deutschland lebenden Masthühner verbringen ihr kurzes Leben in Ställen mit 10.000 bis 100.000 Artgenossen. © Fred Dott
99 Prozent der in Deutschland lebenden Masthühner verbringen ihr kurzes Leben in Ställen mit 10.000 bis 100.000 Artgenossen. © Fred Dott
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz Beitrag

Frau Bissinger, warum greifen gerade junge, gesundheitsbewusste Menschen so gern zu Huhn?

Viele junge und gesundheitsbewusste Menschen entscheiden sich bewusst für Geflügelfleisch, weil sie es als besonders fettarm, eiweißreich und gesund wahrnehmen. Hinzu kommt, dass die Geflügelindustrie gezielt mit einem regionalen und nachhaltigen Image wirbt. Das trifft besonders auf Flexitarier zu – also Menschen, die gelegentlich Fleisch konsumieren und sich bereits kritisch mit den Auswirkungen von Fleisch auf Gesundheit und Umwelt auseinandergesetzt haben. Auch in der Fitnessszene ist Hähnchenfleisch beliebt – Proteine gelten dort als essenziell. Insgesamt führt diese Wahrnehmung dazu, dass der Konsum von Geflügel in Deutschland leicht steigt, auf derzeit etwa 13,6 Kilo pro Kopf und Jahr – während der allgemeine Fleischverzehr sinkt.

Die Vorstellung, Geflügelfleisch sei grundsätzlich gesünder als andere Fleischsorten, ist weit verbreitet – aber wissenschaftlich nicht haltbar. Studien zeigen, dass auch der Konsum von Geflügel den Cholesterinspiegel erhöhen kann – und zwar in ähnlichem Maße wie rotes Fleisch. Darüber hinaus erhöht er das Risiko für Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die gesundheitlichen Risiken werden also häufig unterschätzt. Auch deshalb plädiert VIER PFOTEN dafür, die Rolle von Fleisch in der Ernährung grundsätzlich zu überdenken – insbesondere vor dem Hintergrund der inzwischen gut dokumentierten Gesundheitsgefahren.
 

Wie gefährlich ist Hähnchen wegen antibiotikaresistenter Keime – für uns und die Welt?

Die industrielle Hähnchenmast steht in engem Zusammenhang mit dem Einsatz großer Mengen an Antibiotika. Rund 99 Prozent der Masthühner in Deutschland leben in großen Ställen mit über 10.000 Tieren. Aufgrund von Platzmangel, fehlendem Auslauf und Qualzuchten, die auf schnelles Wachstum gezüchtet sind, treten häufig Krankheiten auf. Um diese unter Kontrolle zu halten, kommen Antibiotika zum Einsatz – teils sogar sogenannte Reserveantibiotika, die eigentlich Menschen in Notfallsituationen vorbehalten sein sollten.

LADINA BISSINGER, Campaignerin bei VIER PFOTEN. © Fred Dott
LADINA BISSINGER, Campaignerin bei VIER PFOTEN. © Fred Dott

Das hat schwerwiegende Folgen: Es bilden sich resistente Keime, gegen die gängige Antibiotika kaum noch wirken. Studien wie die von Germanwatch zeigen, dass zwei von drei Proben aus der Produktion des größten Geflügelproduzenten in Deutschland mit solchen Keimen belastet sind. Diese können beim Verzehr, aber auch schon bei der Zubereitung des Fleisches in die Küche und den menschlichen Körper gelangen. Die WHO warnt bereits, dass im Jahr 2050 weltweit bis zu zehn Millionen Menschen jährlich an den Folgen antibiotikaresistenter Keime sterben könnten.
 

Und was taugt als tierleidfreie Eiweiß-Alternative zum Huhn?

Die gute Nachricht: Für eine proteinreiche Ernährung braucht es kein Geflügel. Pflanzliche Eiweißquellen wie Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Nüsse liefern ausreichend Proteine – auch für sportlich aktive Menschen. Durch die richtige Kombination verschiedener pflanzlicher Lebensmittel lassen sich alle essenziellen Aminosäuren aufnehmen.

Pflanzliche Ernährung bietet zudem gesundheitliche Vorteile: Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinkt, und der Verzicht auf tierische Produkte reduziert die Belastung für Umwelt und Tiere. Immer mehr Menschen – darunter auch Profi-Sportler – zeigen, dass eine vegane Ernährung leistungsfähig und gesund ist. Wer Wert auf Gesundheit, Tierwohl und Nachhaltigkeit legt, sollte daher pflanzliche Alternativen ausprobieren. Denn eine ausgewogene, eiweißreiche Ernährung gelingt auch ganz ohne Tierleid.

www.kurz.vierpfoten.de/huehnerleid
 

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