Schärfere Waffen im Kampf gegen Krebs

Immatics entwickelt Immuntherapien gegen Tumoren – Studienarzt Martin Wermke von der Uni Dresden erklärt, wie sie produziert werden und funktionieren.

Martin Wermke vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden ist Prüfarzt für die Immatics-Studien zur Immuntherapie.
Martin Wermke vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden ist Prüfarzt für die Immatics-Studien zur Immuntherapie.
Immatics Beitrag

Herr Dr. Wermke, Immatics hat zwei neue Ansätze in der Immuntherapie gegen Krebs entwickelt – können Sie diese beschreiben?
Beide machen sich zunutze, dass Tumorzellen andere Merkmale haben als gesunde Zellen. Normalerweise erkennt das Immunsystem diese entarteten Zellen und zerstört sie. Bei Krebspatient:innen funktioniert das oft nicht – das wollen wir ändern. Dazu entnehmen wir bei der personalisierten Therapievariante den Patient:innen T-Zellen, bestimmte Abwehrzellen, und statten sie im Labor mit spezialisierten Rezeptoren, kurz TCR, aus. So können die T-Zellen Tumorzellen erkennen. Dann geben wir sie den Patient:innen per Infusion zurück.

Funktioniert das immer?
Diese personalisierten Zelltherapien sind noch in der frühen medizinischen Entwicklung. Wir konnten bei vielen Krebspatient:innen vielversprechende Effekte beobachten. Allerdings wird jedes Produkt individuell hergestellt, das ist relativ aufwendig und dauert etwa drei bis vier Wochen – diese Zeit haben Patient:innen manchmal nicht mehr.

Geht das nicht einfacher?
Doch, mit dem zweiten Therapieansatz. Dabei entwickelt Immatics Moleküle, die Antikörpern ähneln, sogenannte bispezifische TCR-Moleküle. Sie verbinden die Krebszelle mit der T-Zelle, die die Krebszelle zerstört. Dazu müssen wir keine T-Zellen im Labor optimieren, sondern greifen auf ein fertiges Medikament zurück, das die Patient:innen bekommen. Beide therapeutischen Ansätze haben unterschiedliche Einsatzbereiche: Die Zelltherapie wird nur einmalig verabreicht, die bispezifischen TCR-Moleküle regelmäßig über einen längeren Zeitraum.

Unterscheiden sich diese Therapieansätze von anderen Immuntherapien?
Oft verstärkt eine Immuntherapie die vorhandene Immunreaktion des Körpers, etwa durch sogenannte Checkpoint-Blockaden. Immuncheckpoints sind Kontrollpunkte des Immunsystems. Sie basieren auf Oberflächenrezeptoren, die verhindern, dass das Immunsystem körpereigene Zellen angreift. Das nutzen Krebszellen und entgehen damit der körpereigenen Abwehr. Checkpoint-Inhibitoren machen diese Kontrollpunkte wirkungslos und Abwehrzellen können die Tumorzellen wieder erkennen. Der Immatics-Ansatz hingegen stattet das Immunsystem gezielt mit schärferen Waffen aus und verstärkt die körpereigene Abwehrreaktion.

Wie hilft das den Patient:innen im Kampf gegen Krebs?
Wir sehen zum Teil auch in sehr weit fortgeschrittenen Therapiesituationen, dass Tumoren relevant schrumpfen. Wie lang dieser Erfolg anhält, können wir noch nicht sagen. Immatics‘ Therapieansätze stehen erst am Anfang der klinischen Entwicklung.

Wie lange kann es dauern, bis aus den Studien eine etablierte Behandlungsmethode entsteht?
Medikamentenentwicklung läuft in Phasen ab. Vor der klinischen Phase wird im Labor untersucht, ob der Ansatz biologisch funktionieren kann und prinzipiell sicher ist. Phase-1-Studien, an denen wir gerade arbeiten, sollen Sicherheit demonstrieren, Nebenwirkungen und Dosierung erforschen. Üblicherweise folgen zwei weitere, streng kontrollierte Test-Phasen bis zur eventuellen Zulassung. Das dauert fünf bis sieben Jahre, im beschleunigten Verfahren kürzer.

Ist Dresden dafür der geeignete Forschungsstandort?
Wir gehören zur Speerspitze bei der Immuntherapie-Entwicklung in Deutschland. Und wir bauen eine hierzulande einmalige wissenschaftliche Einheit auf – großzügig gestaltet, mit viel Personal, Zugang zu Intensivstationen und Überwachungseinheiten. Wir wollen dorthin, wo Standorte wie Paris oder Barcelona heute sind: ganz nach vorn.  

www.immatics.com/klinische-studien

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