Mit Power sparen

Die Ziele sind hoch gesteckt: Wie bezahlbarer Wohnraum und Energieeffizienz miteinander vereinbart werden können. Auch private Bauherren können viele Förderprogramme nutzen.
Illustration: Viktoria Marie Schiffer
Illustration: Viktoria Marie Schiffer
Lars Klaaßen Redaktion

Deutschland hat sich ehrgeizige Klimaziele gesetzt. Um sie zu erreichen, soll unter anderem der Energieverbrauch um 50 Prozent bis 2050 im Vergleich zu 2008 gesenkt werden. Das ist nur mit einer Steigerung der Energieeffizienz zu schaffen. Die Mitglieder des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) haben seit 1990 bereits mehr als zwei Drittel ihrer Bestände energetisch modernisiert und den CO2-Ausstoß damit um über 50 Prozent reduziert. Um die aktuell gesetzten Ziele zu erreichen, so der GdW, würden allerdings „Energieeinsparungen bei einem einfachen ‚Weiter so‘ nicht ganz ausreichen“.

Neue Wege will eine bundesweite „Allianz für einen klimaneutralen Wohngebäudebestand“ weisen, die 2016 gegründet wurde. Darin haben sich elf Unternehmen und Institutionen aus Wohnungswirtschaft, Industrie und Forschung zusammengeschlossen: Ein Schlüssel für bezahlbaren Klimaschutz bei Wohngebäuden liegt nach Überzeugung der Allianzmitglieder  – neben den Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle – insbesondere in der technischen Infrastruktur von Gebäuden. Hier gebe es bislang nicht genutzte Effizienzpotenziale, die zu relativ geringen Kosten gehoben werden können.

Den Auftakt dazu macht die Allianz mit der bislang größten wissenschaftlichen Untersuchung gängiger Energieeffizienzmaßnahmen für Wohngebäude in einem eigens durchgeführten, praxisnahen Forschungsprojekt. Dabei werden deutschlandweit in über 500 Mehrfamilienhäusern verschiedene Technologien auf ihre Einspareffekte hin untersucht. „Die Forschungsergebnisse sollen zeigen, welche Maßnahmen gemessen an der notwendigen Investition besonders hohe Einspareffekte bringen“, so Viktor Grinewitschus, Professor für Energiefragen der Immobilienwirtschaft an der EBZ Business School – University of Applied Sciences, der das Forschungsprojekt leitet. „Wir erhalten damit Erkenntnisse in einer Breite und Tiefe, die bisher einzigartig sein wird.“

Im Rahmen des Forschungsprojektes werden Daten über bereits durchgeführte Sanierungsmaßnahmen analysiert. Die Wissenschaftler untersuchen zudem, wie sich die Effizienz von Heizkesseln steigern lässt. Außerdem ist eine Pilotstudie geplant, bei der verschiedene technische Maßnahmen im praktischen Einsatz untersucht werden: etwa die Optimierung der Wärmeverteilung im Gebäude, wie der hydraulische Abgleich und die Unterstützung der Bewohner bei möglichst sparsamem Heizverhalten. Dazu kommen programmierbare
Heizkörperthermostate, eine mobile Steuerung der Heizkörper über vernetzte Technik, mehr und zeitnahe Informationen zum Wärmeverbrauch und Lüftungsassistenten zum Einsatz.

Andere Akteure loten mit Pilotprojekten aus, welche enormen Effizienzpotenziale im Neubau ausgeschöpft werden können: In Berlin etwa entstehen erstmals Mietwohnungen im Effizienzhaus-Plus-Standard. Das heißt, sie werden übers Jahr gerechnet mehr Energie erzeugen als verbrauchen. Mit der technischen Seite solcher Gebäude gibt es bereits Erfahrungen. Das Bundesbauministerium hat 2011 ein Förderprogramm für Modellhäuser aufgelegt, die diesen Standard erfüllen. Die geförderten Häuser wurden und werden unter Beteiligung von Forschern geplant und im Alltagsbetrieb wissenschaftlich begutachtet. Im Stadtteil Adlershof wendet die Berliner Wohnungsbaugesellschaft Howoge das energetische Prinzip nun in größerem Maßstab an. Sie hat Anfang 2016 vom Projektentwickler Laborgh das „Powerhouse“ erworben und wird die Gebäude nach Fertigstellung im Frühjahr 2018 schlüsselfertig übernehmen. Auf einem 8.200 Quadratmeter großen Grundstück entsteht eine Wohnfläche von rund 8.500 Quadratmetern.

Maßgeblich für die energetische Qualität der Gebäude ist zum einen die Energieproduktion durch Solarthermie- und Photovoltaikanlagen auf den Dächern. Zum anderen werden die bewusst kompakt geplanten Gebäude mit einer gut gedämmten Gebäudehülle und einer effizienten Lüftungsanlage ausgestattet. Der Wärmerückgewinnungsgrad beträgt über 80 Prozent. „Wir produzieren mit dem ‚Powerhouse‘ jährlich 249.000 kWh Wärmeenergie aus Solarthermie und 185.000 kWh Strom mittels Photovoltaik“, sagt Philipp Janssen, Projektleiter Powerhouse bei Laborgh. Zu den exakt kalkulierten Bedarfsmengen ergibt sich ein Überschuss von über 1.200 kWh Strom und knapp 370 kWh Wärmeenergie pro Jahr. Die Überschüsse mögen gering erscheinen. Doch der Fokus liegt ja noch auf einer anderen Seite: Die Mietwohnungen sollen bezahlbar sein. Die Nettokaltmieten fangen bei 7,50 Euro pro Quadratmeter an und liegen im Schnitt bei rund zehn. Hinzu kommen Betriebskosten von rund 40 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche. Der Durchschnittswert in Berlin liegt bei 1,08 Euro. „Mit dem Powerhouse ist es uns gelungen, die Anforderungen der Plus-Energie mit den finanziellen Restriktionen des Mietwohnungsbaus in Einklang zu bringen“, betont Janssen. „Deshalb planen wir, das Powerhouse auf andere Standorte auszuweiten und prüfen derzeit geeignete Standorte.“

Für private Bauherren gehen Maßnahmen zum Energiesparen auf den ersten Blick zwar ins Geld, langfristig machen sie sich aber bezahlt, zumal dann, wenn Fördermittel genutzt werden. Wer beim Bauen, Kaufen oder Sanieren auf energieeffiziente Technologien setzt, dem stehen viele Zuschüsse und Kredite offen. Doch die Programmvielfalt ist für Laien schwer durchschaubar: Förderung durch Bund, Land, Kommune oder doch vom privaten Energieversorger? Lieber eine umfassende Sanierung zum Effizienzhaus oder doch nur Einzelmaßnahmen fördern lassen?

Einen Überblick und Hinweise auf weitere Informationen geben einerseits die Verbraucherzentralen der Bundesländer. Auch der BINE Informationsdienst, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), bietet online einen Wegweiser durch die Vielzahl der Förderprogramme für Privatleute in Deutschland, samt Tipps, die zu einer erfolgreichen Antragstellung beitragen. Eine ganze Reihe von Krediten für energieeffizientes Bauen vergibt die KfW. Für ihr Programm „Erneuerbare Energien – ‚Speicher‘“ etwa können ab nun wieder Anträge gestellt werden. Für dieses Förderprogramm stehen erneut Mittel des BMWi für das Jahr 2017 zur Verfügung. Gefördert werden stationäre Batteriespeichersys-teme in Verbindung mit einer Photovoltaikanlage, die an das elektrische Netz angeschlossen ist. Doch das ist nur eine von vielen Maßnahmen, bei der der Staat Geld zuschießt. Es gibt bis 2050 schließlich noch einiges zu tun.

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