Individuell, nachhaltig, smart

Das Wohnen verändert sich. Die aktuellen Trends zeigen zwei völlig gegensätzliche Entwicklungen, die sich aber kongenial ergänzen: Einerseits Retro, Vintage und Do-It-Yourself-Elemente, andererseits die technische Aufrüstung von Haus und Wohnung durch Smart Home, erweitert durch die Einbindung von KI und Effizienztechnologien.

Illustration: Laura Neuhäuser
Illustration: Laura Neuhäuser
Mirko Heinemann Redaktion

Man liebt oder hasst Smart Home, oder?“ So schreibt die Influencerin Rabeadaheim auf Instagram. Dann ergänzt sie, dass sie „definitiv Team lebenserleichternd“ sei. Ein Fan von Smart Home. „Aber nur wenn’s ordentlich eingerichtet ist.“ Was sie damit meint: Kabelsalat, Geräte, die auf Konsolen oder Anrichten herumstehen, müssen hinter den gemütlichen Wohnaccessoires verschwinden. Quasi Smart Home: ja bitte, aber ohne, dass man es sieht. 

Rabea gehört zum Personenkreis der Home oder Interior Influencer. Menschen, die ihren Followern die Türen zu ihrem Zuhause weit öffnen und ihren Einrichtungsgeschmack, Designideen und ihre technischen Lösungen zum Wohnen der Zukunft teilen. Was auffällt: Interior Influencer sind in der Mehrheit Frauen, darunter auffällig viele Mütter, die auf den einschlägigen Onlinekanälen meist stilvolle Bilder aus ihrer Privatsphäre posten – meist verbunden mit einer Philosophie, die sie verkörpern.
 

GEGENSÄTZE, DIE SICH ERGÄNZEN


Das Zuhause ist heute weit mehr als nur ein Rückzugsort – es ist Ausdruck von Persönlichkeit, Lebensstil und Werten. Und die möchte man gern teilen. Wandert man durch die einschlägigen Portale, dann fällt auf, dass die aktuellen Einrichtungstrends Gegensätze vereinen: Retro- und Midcentury-Elemente treffen auf smarte Technik, klassisches Design auf innovative Materialien. Das ist eine spannende Mischung: Hi-Tech und hochwertige Materialien auf der einen Seite, auf der anderen klassisches Design und nachhaltige Lösungen. Diese Mischung zeigt: Wohnen wird flexibler, individueller und naturverbundener – und verbindet Komfort mit bewusstem Lebensstil. 

Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema. Möbel aus recyceltem Holz, Metall oder Bambus, langlebige Produkte und der Verzicht auf umweltschädliche Materialien prägen das Bild. Upcycling und DIY sind gefragt: Wer kreativ ist, verleiht alten Möbeln neues Leben und setzt so individuelle Akzente. Die Grenzen zwischen den Räumen verschwimmen. Offene Grundrisse, multifunktionale Möbel und flexible Raumlösungen passen sich dem Alltag an: Das Wohnzimmer wird zum Homeoffice, die Küche zum sozialen Treffpunkt, das Gästezimmer zum Fitnessbereich. Gerade in kleineren Wohnungen, wie sie häufig in städtischen Gebieten zu finden sind, spielen platzsparende Lösungen eine entscheidende Rolle.
 

MATERIALIEN UND FARBEN AUS DER NATUR


Holz, Rattan, Kork, Leinen und Naturstein sorgen für eine warme, behagliche Atmosphäre. Besonders gefragt sind regionale Hölzer wie Eiche, Kiefer oder Bambus.

Die Farbwelt orientiert sich an der Natur: Braun- und Erdtöne, sanfte Pastellfarben und kräftige Akzente in Petrolblau oder Terrakotta bringen Ruhe und Lebendigkeit zugleich. Pflanzen und Begrünung sind aus modernen Wohnkonzepten nicht mehr wegzudenken. Sie verbessern die Luftqualität, reduzieren Stress und fördern das Wohlbefinden. Vertikale Gärten, große Zimmerpflanzen und natürliche Raumteiler bringen die Natur ins Haus – besonders in urbanen Wohnungen, wo der Zugang zu Grünflächen oft begrenzt ist. Und: Die Einrichtung wird persönlicher. Modulare Möbel, flexible Accessoires und DIY-Projekte erlauben es, Räume immer wieder neu zu gestalten. Jeder Raum soll die Persönlichkeit der Bewohner widerspiegeln – von der Wandfarbe bis zum selbstgebauten Regal. Dies, gepaart mit dem Trend zum Retro-Mix, erlebt ein Comeback. Designklassiker wie der Eames Lounge Chair oder der Egg Chair werden mit Vintage-Möbeln und Flohmarktfunden kombiniert. Besonders beliebt: Midcentury-Elemente aus den 50er- und 60er- Jahren mit klaren Linien, organischen Formen und funktionalen Details.
 

SO WOHNT STEFANIE GIESINGER IN BERLIN


Ein Beispiel dafür ist Stefanie Giesingers Wohnung in Berlin. Die einstige Gewinnerin von Germanys Next Topmodel hat sie dem Fachmagazin Architectural Digest gezeigt. Gemeinsam mit dem Studio Annewand hat sie eine Mixtur aus Space Art und aufgearbeiteten Second Hand-Möbeln mit knalligen Farben kreiert. Hinter einigen Farben stehe noch mehr, so das Magazin: Ihr Ankleidezimmer sei in Bottega-Grün und Prada-Blau gestrichen, passend zum Thema des Raums. Ihre Möbel sind fast alle maßangefertigt oder nachgebaut. Ein Esstisch mit erhöhter Arbeitsebene zum Matcha-Mischen, ein Sonnenbrillen-Regal und ein ans Sofa andockender Couchtisch wurden von Annewand entsprechend Giesingers Bedürfnissen gestaltet. Ihr Bett, das sie an eine Wolke erinnert, entdeckte sie einst auf Instagram, einen Discokugelspiegel auf einem Shooting-Set. Die Küchenstühle hat sie auf einem Flohmarkt entdeckt,neu gestrichen und bezogen.
 

»Jeder Raum soll die Persön- lichkeit der Bewohner wider- spiegeln – von der Wandfarbe bis zum selbstgebauten Regal.«
 

Ein Alien-Stuhl (Giesinger liebt Aliens), Kunstwerke von Pepi Erdbories und Maximilian Rödel und Skulpturen von Lisa Tiemann und Sere Rivér werden trotz der bunten Umgebung zum Eyecatcher.

Fehlt noch der wichtigste Trend: Smart Home. Hochwertige Unterhaltungselektronik für Klang und Bild, außerdem smarte Technologien sind längst mehr als ein Trend, sie gehören zum Standard im modernen Wohnen. Intelligente Beleuchtungssysteme, vernetzte Thermostate und automatisierte Haushaltsgeräte sorgen für Komfort, Sicherheit und Energieeffizienz. Die Integration smarter Technologien in Möbel und Einrichtung wird immer selbstverständlicher: Sofas mit integrierter Ladefunktion, Tische mit USB-Ports oder unsichtbar verbaute Lautsprecher sind keine Zukunftsmusik mehr. Die Home-Stylistin Sabine Buttenhauser erklärt im Gespräch mit dem Online-Magazin Skapetze: „Die Kompatibilität zwischen verschiedenen Smart-Home-Geräten wird weiter zunehmen und immer mehr automatisiert. Die KI wird stark in den Vordergrund rücken und personalisierte Beleuchtungsoptionen bieten können, indem sie das Nutzerverhalten analysiert und automatische Anpassungen vornimmt.“

Illustration: Laura Neuhäuser
Illustration: Laura Neuhäuser
Illustration: Laura Neuhäuser
Illustration: Laura Neuhäuser

SMARTHOME-TOBI: 200 SENSOREN IM HAUS


In der Smart-Home-Ecke findet man dann auch sehr viele männliche. Einer der bekanntesten ist der TikTok-Star Tobias Tullius, auch als als Smarthome-Tobi bekannt. Er hat inzwischen nach eigener Aussage in seinem Zuhause mehr als 200 Sensoren und neun Sprachassistenten im Einsatz. Dem Magazin Stern erzählte er, wie er morgens mit einer Lampe wach wird, die einen Sonnenaufgang simuliert. Ein Drucksensor unter seiner Matratze erkennt, wenn er schläft und stellt den Wecker für ihn. Sobald er morgens seine Schlafzimmertür öffnet, startet der Vollautomat in der Küche und wartet mit einer frischen Tasse Kaffee. Wenn es draußen regnet, leuchtet eine blaue Lampe im Wohnzimmer. Fliegen die Pollen, erinnert ihn eine App an seine Allergietabletten. Der IT-Nerd hat sich sogar einen Chip unter die Haut pflanzen lassen, der eine Kreditkarte darstellt. Er kann kontaktlos an der Kasse bezahlen, indem er den Arm aufs Terminal legt. Wer sich ein eigenes Smarthome-System baue, sagt er, sei anbieterunabhängig, könne seine Daten lokal speichern und viel Geld sparen. Das geht dann, wenn man sich mit Programmierungen auskennt – für den oder die Normalwohnende ist das eher kein praxistauglicher Tipp. 

Dazu kommen bei der selbstprogrammierten Nutzung von Smart-Home-Systemen schnell Fragen rund um die IT-Sicherheit auf. In einem Podcast des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik erzählte der Moderator Michael Münz von einem Staubsaugerroboter, der Fotos von Bewohnern verschickt hat aus dem Haus, wo er sauber gemacht hat. Der Roboter wurde vom Unternehmen zu Testzwecken zur Verfügung gestellt, die Bewohner hätten anschließend Fotos von ihren Wohnungen und von ihren Toilettengängen im Netz wiedergefunden.
 

»Neue Technologien helfen, die steigenden Anforderungen an Grundriss und Raumaufteilung zu meistern und Kosten einzusparen«
GdW Bundesverband deutscher Wohnungsund Immobilienunternehmen


Wo diese drastische Geschichte passiert ist, sagt Münz nicht. Aber man kann sich allzugut vorstellen, dass Datenlecks unerwünschte Inhalte in das Internet entlassen. Da ist ein verlässlicher Partner gefragt, der sich Expertise in Sachen Cybersicherheit auf die Fahnen schreibt.

Überhaupt verändert die Digitalisierung das Wohnen grundlegend. Laut einer Studie des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen ist die digitale Revolution der Hauptantrieb für das Wohnen der Zukunft. „Neue Technologien helfen, die steigenden Anforderungen an Grundriss und Raumaufteilung zu meistern und Kosten einzusparen“, heißt es in der Studie. Digitale Technologien halten Einzug in den Wohnbereich – von automatisierten und smarten Haushaltsgeräten, Staubsaugerrobotern und intelligenter Beleuchtung bis zu unauffälligen Helfern im Alltag, etwa der automatischen Belüftung oder der smarten Steuerung von Heizung und Fensterläden, um die optimale Energieeffizienz zu erzielen. Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) hebt smarte Beleuchtung auf ein neues Level: KI analysiert Gewohnheiten und passt Helligkeit, Lichtfarbe und Szenarien automatisch an Tageszeit, Aktivität und Stimmung an. Nutzer können individuelle Lichtszenarien erstellen, etwa für Entspannung, Konzentration oder Partys – oft einfach per Sprache oder Texteingabe.
 

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