Rettung für die Rechtlosen

Straßenhunde in Rumänien führen ein erbärmliches Leben – wie und warum der Verein Tierhilfe Hoffnung ihnen hilft, erklärt der Vorsitzende Matthias Schmidt.

Die Tierhilfe Hoffnung ist rund um die Smeura mit sechs umgebauten Rettungswagen unterwegs, in denen Bürger:innen ihre Hunde kastrieren lassen können.
Die Tierhilfe Hoffnung ist rund um die Smeura mit sechs umgebauten Rettungswagen unterwegs, in denen Bürger:innen ihre Hunde kastrieren lassen können.
Tierhilfe Hoffnung Beitrag

Herr Schmidt, die Tierhilfe Hoffnung setzt sich für Straßenhunde in Rumänien ein – was hat es damit auf sich?

In Rumänien leben nach Schätzungen von Tierschutzorganisationen bis zu drei Millionen Straßenhunde. Allein im Landkreis Argeş, wo unser Verein in der Stadt Piteşti aktiv ist, kommen auf 570.000 Einwohner rund 185.000 Hunde, von denen rund 85.000 herrenlos sind. Die meisten sind unterernährt und dadurch krankheitsanfällig. Sie vermehren sich unkontrolliert. Darunter leidet auch die Bevölkerung.
 

Unternimmt der Staat denn nichts dagegen?

Seit dem Ende der Ceauşescu-Diktatur 1989 verfahren Politik und Verwaltung nach dem immer gleichen Muster: das Problem ignorieren, bis die Situation unerträglich wird – dann lässt man unzählige Hunde einfangen und töten. Das war auch im Jahr 2000 gängige Praxis, als unsere Vereinsgründerin Ute Langenkamp nach Piteşti kam und Zeugin dieser barbarischen Vorgänge wurde.
 

Wie sah die Lage aus?

Grauenvoll. Die Stadtverwaltung nutzte schon seit Jahren eine ehemalige Fuchspelztierfarm, die Smeura, um zigtausende Straßenhunde umzubringen. Ute Langenkamp gelang es die Smeura zu pachten, um sie in ein Tierheim umzuwandeln. Wir vom Gründungsteam hatten nicht die leiseste Vorstellung, was auf uns zukommt: Es gab weder Wasser noch Strom, die Fenster zerschlagen. Trotzdem haben wir so viele Hunde wie irgend möglich aufgenommen, bis zu 3.500 innerhalb eines Jahres. Im laufenden Betrieb haben wir mehr als 50 Menschen eingestellt und zu Tierpflegern ausgebildet.
 

Dann blieben die Hunde dauerhaft?

Die Vereinbarung mit der Stadt sah so aus: Die Tierhilfe Hoffnung versorgt die Hunde medizinisch, verpasst ihnen einen Ohrclip zur Identifizierung, impft und lässt sie durch einen Tierarzt kastrieren, bringt sie zum Ort des Auffindens zurück und richtet Futterstellen ein.
 

Welches Konzept steht dahinter?

Kastrieren und Wiederfreilassen ist nachhaltig. Ein kastrierter Hund zeugt keine Nachkommen, nutzt weiter die Ressourcen seines angestammten Gebiets, also Wasser, Futter und Platz und verhindert so, dass Tiere von außen nachrücken. Von 2000 bis 2013 haben wir mehr als 30.000 Hunde kastriert und die Straßenhundepopulation so auf 4.000 Tiere gesenkt.
 

Welches Konzept steht dahinter?

Kastrieren und Wiederfreilassen ist nachhaltig. Ein kastrierter Hund zeugt keine Nachkommen, nutzt weiter die Ressourcen seines angestammten Gebiets, also Wasser, Futter und Platz und verhindert so, dass Tiere von außen nachrücken. Von 2000 bis 2013 haben wir mehr als 30.000 Hunde kastriert und die Straßenhundepopulation so auf 4.000 Tiere gesenkt.
 

Wie ist die aktuelle Situation?

Die Smeura beschäftigt 134 Menschen und ist mit rund 6.000 Hunden das größte Tierheim Europas – notgedrungen. Denn seit 2013 gilt in Rumänien ein Tötungsgesetz: Offiziell werden freilaufende Hunde gefangen, in einem städtischen Tierheim 14 Tage beherbergt und, sofern niemand sie adoptiert, eingeschläfert. Wiederfreilassen verboten. Die Hunde sterben auf grausame Art und Weise. Wir bewahren so viele Hunde wie möglich vor diesem Schicksal. 2024 haben wir mit Zustimmung der Behörden ein Modellprojekt begonnen: Binnen fünf Jahren wollen wir beweisen, dass Kastration effektiver, nachhaltiger, günstiger und vor allem human ist. Töten ist keine Lösung! Dafür müssen wir jährlich 40.000 Hunde kastrieren – eine Herkulesaufgabe.
 

Wie wird die Tierhilfe Hoffnung finanziert?

Unsere Tierschutzarbeit wird ausschließlich durch Spenden ermöglicht. Monatlich sind wir mit Kosten von rund 350.000 Euro konfrontiert. Jeder noch so kleine Betrag, jede Futter- oder Kastrationspatenschaft hilft. Außerdem können Menschen einen der Hunde adoptieren, die durch unsere Hunderettungstransporte Aufnahmeplätze bei unseren deutschen Partnertierheimen bekommen. Eine Adoption erfordert Verantwortung und Liebe – und sie rettet ein Leben.

www.tierhilfe-hoffnung.com

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