Allein, aber nicht einsam

Auch im Alter brauchen wir soziale Kontakte. Möglichkeiten finden sich in fast jeder Nachbarschaft. Ein bisschen Eigeninitiative gehört allerdings dazu.

Illustration: Daria Domnikova
Illustration: Daria Domnikova
Oskar Rheinhold Redaktion

Elmar Bürkin ist zufrieden. Er kommt gerade vom Altennachmittag, der in seinem südbadischen Heimatdorf jeden Sonntagnachmittag im Versammlungshaus der Gemeinde stattfindet. Wobei – das Wort „Altennachmittag“ mag der 85-Jährige nicht so gerne. „Das hört sich an, als säßen hier lauter Greise! Dabei sind manche von uns erst Ende 60“, sagt der ehemalige Arzt schmunzelnd. „Wir kommen bei Kaffee und selbstgebackenem Kuchen zusammen, um uns Vorträge anzuhören, gemeinsam Musik zu machen und zu singen – oder einfach nur, um ein wenig zu schwatzen.“ Bürkin ist schon seit 20 Jahren dabei und hat mit seiner vor einem Jahr verstorbenen Frau viele der Nachmittage selbst organisiert und mitgestaltet. Bis heute ist er fest in die nachbarschaftlichen Strukturen des Dorfes eingebunden, trifft sich mit Freunden und Bekannten und unternimmt gemeinsam Ausflüge in die Umgebung. „Vielleicht ist es ja auf dem Dorf leichter. Aber ich muss schon sagen, auch hier muss jeder etwas tun, um sich seine sozialen Kontakte zu erhalten“, sagt Bürkin. 

Denn soziale Kontakte sind auch und gerade im Alter wichtig, egal, ob wir im Heim oder noch zuhause leben. Der Mensch ist eben ein soziales Tier – und ein reges Sozialleben kann sogar der Demenz vorbeugen, wie eine Studie des Royal College London herausfand. Demnach war ein erhöhter sozialer Kontakt im Alter von 60 Jahren mit einem deutlich geringeren Risiko verbunden, später im Leben eine Demenz zu entwickeln. „Menschen, die sich sozial engagieren, üben kognitive Fähigkeiten wie Gedächtnis und Sprache aus, die ihnen helfen können, kognitive Reserven zu entwickeln,“ so Gill Livingston, ein Autor der Studie.

Nicht jedem fällt es leicht, im fortgeschrittenen Alter sein soziales Netzwerk aufrecht zu erhalten. Zum Glück gibt es in kleinen wie großen Städten und Gemeinden zahlreiche Initiativen und Organisationen, die sich der Nachbarschaftshilfe und dem sozialen Leben verschrieben haben. Zum Beispiel die Nachbarschaftshilfe Taunusstein. Seit 14 Jahren organisiert der Verein Fahrdienste, Einkaufshilfen oder Besuchsdienste – oder bringt in Workshops älteren Menschen den Umgang mit Computer und Handy näher. Weiteres Beispiel: Das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend initiierte und geförderte „Kompetenznetz Einsamkeit“. Zum Netzwerk gehört das telefonische Angebot des Vereins „Silbernetz“. Es bietet Menschen ab 60 Jahren, die sich einsam fühlen und einfach mal reden möchten, eine telefonische Anlaufstelle. Bundesweit geschaltet ist die Leitung vom 24. Dezember bis Neujahr – anonym, vertraulich und kostenfrei unter der Nummer 0800 4 70 80 90. Infos zu weiteren Initiativen finden sich unter www.serviceportal-zuhause-im-alter.de.

Und die Liebe? Auch im Alter wünschen sich viele Menschen einen Partner – für gemeinsame Unternehmungen, gute Gespräche und für eine erfüllte Sexualität. Mittlerweile gibt es Datingportale, die sich speziell an Ältere richten. Hier gilt es – wie bei allen Portalen dieser Art – genau auf Konditionen und Geschäftsbedingungen zu achten und es beim ersten Kennenlernen langsam angehen zu lassen. Und vielleicht ergeben sich ja auch im „richtigen Leben“ Kontakte. Das kann Elmar Bürkin bestätigen: „Ganz ehrlich – bei der Grabpflege auf dem Friedhof bin ich schon ein paar Mal von sehr netten Damen angesprochen worden, und auf den Altennachmittagen sieht man auch immer wieder neue Gesichter“, erzählt er lachend. 

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