Frau Asfahani, was bedeutet der Konflikt in der Ukraine für Hilfskräfte und Sozialdienste vor Ort?
Die Lage in der Ukraine ist weiterhin angespannt, aber sie hat sich im Laufe der vergangenen zwei Jahre verändert. Während zu Beginn des bewaffneten Konfliktes die unmittelbare Nothilfe im Vordergrund stand, rückt heute zunehmend der Aufbau langfristiger Hilfsstrukturen in den Fokus. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) arbeitet dabei eng mit dem Ukrainischen Roten Kreuz zusammen. Unsere Partnerorganisation vor Ort kennt die Bedarfe sehr genau – dank eines breiten Netzwerks an Freiwilligen, die selbst in den betroffenen Gemeinden leben und tief in der lokalen Gesellschaft verwurzelt sind. Es geht dabei längst nicht mehr nur um Hilfe in akut vom bewaffneten Konflikt betroffenen Gebieten. Besonders betroffen sind Menschen, die bereits als verletzlich gelten: ältere Menschen, Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen. Verschärft wird dies, wenn sie in ländlichen Regionen leben, in denen soziale Unterstützungsstrukturen zusammengebrochen sind. Ihre Situation hat sich dramatisch verschärft. Der Zugang zu medizinischer Versorgung oder sozialer Unterstützung fehlt vielerorts komplett. Die Not ist also da – auch abseits der umkämpften Gebiete. Diese Realität zeigt sich täglich in unserer Arbeit. Die humanitäre Krise betrifft das ganze Land. Für viele dieser Menschen ist die Hilfe durch das Deutsche Rote Kreuz mittlerweile die einzige erreichbare Unterstützung. Umso wichtiger ist es, dass wir genau hier ansetzen.
Was tut das Deutsche Rote Kreuz konkret?
Unsere Hilfe konzentriert sich auf drei zentrale Bereiche: Gesundheit, Soziales und Katastrophenschutz. In allen drei arbeiten wir eng mit dem Ukrainischen Roten Kreuz zusammen – und stärken gezielt dessen Strukturen, ohne sie zu ersetzen. Im Katastrophenschutz setzen wir zum Beispiel auf sogenannte Emergency Response Teams (ERTs). Diese speziell ausgebildeten Notfallhelfer kommen zum Einsatz, wenn Wohnhäuser zerstört oder Menschen evakuiert werden müssen. Sie leisten Erste Hilfe, versorgen die Betroffenen mit dem Nötigsten und bieten psychologische Unterstützung in akuten Krisensituationen. Auch bei Naturkatastrophen wie Winterstürmen sind diese Teams im Einsatz. Im sozialen Bereich geht es vor allem um schwer erreichbare oder besonders bedürftige Menschen. Mobile Gesundheitsteams fahren regelmäßig in abgelegene Dörfer, um dort medizinische Hilfe zu leisten. Pflegehelferinnen und -helfer des Ukrainischen Roten Kreuzes betreuen ältere oder bettlägerige Menschen – individuell abgestimmt, manchmal täglich. Viele dieser Helfenden stammen selbst aus der Region, was das Vertrauen der Betroffenen stärkt und den Zugang erleichtert.