Smart Homes in Deutschland: Der neue Alltag?

Schon seit 20 Jahren ist das Smart Home ein Gesprächsthema. Heute nutzen etwa 30 Millionen Deutsche Smart-Home-Anwendungen in den eigenen vier Wänden. Wie sehen aktuelle Anwendungen aus, und gehört das Smart Home künftig in jeden Alltag?

Illustration: Malcom Fisher
Illustration: Malcom Fisher
Elisa Lommatzsch Redaktion

Laut einer aktuellen Bitkom-Studie haben 44 Prozent der Deutschen mindestens eine Smart-Home-Technologie im Einsatz. Besonders beliebt sind smarte Lampen und Leuchten (zu finden in 37 Prozent der Haushalte), die sich per Sprachassistent wie Siri oder per Knopfdruck in der App steuern lassen. Überhaupt sind intelligente Lautsprecher wie Siri, Alexa & Co. bereits in vielen Haushalten präsent und helfen dabei, Musik zu spielen, einen Film auszuwählen, Fragen an Suchmaschinen zu leiten oder Erinnerungen zu schicken.

Auch intelligente Thermostate, die die Heizung bei offenem Fenster automatisch abschalten, sind verbreitet, nämlich in 31 Prozent der Haushalte. Im Ranking folgen smarte Steckdosen (26 Prozent), die beim Energiesparen helfen, und smarte Rollläden und Markisen (23 Prozent). Im Vergleich zur letzten Bitkom-Studie sind all diese Zahlen gestiegen. Smarte Steckdosen und Heizthermostate haben jeweils mindestens 5 Prozent Zuwachs erlebt. Und auch intelligente Verbrauchszähler für Wasser und Strom setzen sich zunehmend durch und sind nun in etwa 16 Prozent der Haushalte zu finden – vor zwei Jahren waren es nur 13 Prozent. 

Die Smart-Home-Anwendungen sind vielfältig, folgen aber den gleichen Zielen: Sie machen das Leben bequemer, sicherer und idealerweise auch günstiger. Indem sie dabei helfen, Energie zu sparen, leisten sie einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und zu Deutschlands Energiewendezielen, wobei Nutzer zugleich von niedrigeren Stromrechnungen profitieren. Beispielsweise lassen sich schon heute Heizzyklen mit einer Smart-Home-App vorprogrammieren oder WLAN-Steckdosen nachts ausschalten. Per Bewegungsmelder im Flur ist es möglich, Licht nur bei Bedarf zu nutzen. Diese Ersparnisse überzeugen und sind ein guter Grund für die anfangs etwas höhere Investition in Smart-Home-Geräte. 

Komfort und Sicherheit in Haus und Garten

Darüber hinaus bieten Smart-Home-Anwendungen viel Komfort und eingesparte Zeit. Roboter zum Staubsaugen und Rasenmähen sind bereits in jedem fünften bis sechsten Haushalt zu finden. Intelligente Gartengeräte, die etwa eine smarte Bewässerung erlauben, sind noch nicht so weit verbreitet, bieten aber viel Potenzial für alle, die sich zum Beispiel während des Urlaubs nicht um trockenes Wetter sorgen wollen. 

Wer die Sicherheit von Haus und Garten verbessern möchte, kann etwa eine smarte Türklingel einbauen. Diese arbeitet nicht nur mit Video und Gegensprechanlage, sondern kann auch direkt an das Smartphone übertragen werden, um selbst aus der Ferne zu überprüfen, wer vor der Tür steht. Laut Bitkom haben etwa 6 Prozent der Haushalte in Deutschland eine solche smarte Klingel, wobei es 2022 erst 4 Prozent waren. 

Intelligente Alarmanlagen hingegen sind bei rund 20 Prozent der Haushalte beliebt. Sie senden zum Beispiel Benachrichtigungen auf das Smartphone, wenn die WLAN-Kamera draußen oder drinnen Bewegung erkennt und wenn Türen oder Fenster geöffnet werden. Durch festgelegte Routinen gelingt es, übliche Prozesse von außergewöhnlichen zu unterscheiden, um nicht über jede Bewegung informiert zu werden. Beliebt ist darüber hinaus die intelligente Anwesenheitssimulation per Licht und Radio im Zufallsmuster, um im Urlaub Einbrüche zu vermeiden. Allerdings stagniert die Zahl der intelligenten Alarmanlagen in Deutschland und sinkt teils sogar über die Jahre, was auch auf Skepsis hindeutet.

»Es fehlt an nationalen und 
internationalen Standards und 
Regelungen, um den Datenschutz 
bei Smart-Home-Anwendungen 
zu kontrollieren.«

Illustration: Malcom Fisher
Illustration: Malcom Fisher
Illustration: Malcom Fisher
Illustration: Malcom Fisher

Datenschutz und hohe Preise als Sorgenkinder

Auf den ersten Blick scheinen Smart-Home-Anwendungen vor allem Vorteile zu bieten: Sie punkten mit Komfort, eingesparter Zeit, niedrigen Stromrechnungen und nachhaltigen Lösungen. Jedoch ist der Datenschutz nach wie vor ein zumindest potenzieller Nachteil der zukunftsorientierten Technologie. Etwa die Hälfte aller Personen, die keine Smart-Home-Anwendungen zuhause haben, entscheiden sich aus Angst vor dem Missbrauch persönlicher Daten dagegen. Sie sorgen sich vor Hackerangriffen und um ihre Privatsphäre. 

Und tatsächlich: Es fehlt an nationalen und internationalen Standards und Regelungen, um den Datenschutz bei Smart-Home-Anwendungen zu kontrollieren. Hinzu kommt, dass viele unterschiedliche Firmen Smart-Home-Produkte anbieten, die zwar teils miteinander interagieren, aber keine standardisierten Datenschutzvorgaben haben. 

Laut Experten ist es durch den Schutz des eigenen WLANs und durch regelmäßige Updates der Geräte gut möglich, sich vor Hackerangriffen zu schützen. Internationale Standards machen die Produkte sicherer. Aber was mit den eigenen Daten passiert, ist oft undurchsichtig. 

Andere Anwender scheuen vor den Preisen der Geräte zurück, die oft deutlich höher sind als bei weniger intelligenten Äquivalenten. Es dauert im Schnitt einige Jahre, bis sich die Investition amortisiert. Laut Bitkom-Zahlen empfinden manche potenzielle Nutzer von Smart-Home-Anwendungen den Einbau als zu aufwändig (31 Prozent) oder die Bedienung der Geräte zu kompliziert (25 Prozent) und entscheiden sich deshalb gegen die High-Tech-Variante. 

Wachstumsmarkt altersgerechte Assistenzsysteme

Die demografische Entwicklung in Deutschland ist sehr relevant für Smart-Home-Anwendungen. Viele der Zweifel rund um die Bedienbarkeit der Technologien sind mit dem Alter von Menschen verbunden. Schon jetzt ist jede zweite Person hierzulande älter als 45 Jahre und damit kein „Digital Native“ mehr. Denn wer nach 1980 geboren wurde und mit digitaler Technik aufgewachsen ist, hat tendenziell weniger Berührungsängste als ältere Menschen. 

Dabei tun die Hersteller von Smart-Home-Anwendungen ihr Bestes, um die Technologie so unkompliziert und intuitiv wie möglich zu gestalten. Außerdem bringen smarte Anwendungen gerade für ältere Menschen viele Vorteile im Alltag, von Komfort über Sicherheit bis hin zu Unterstützung bei gesundheitlichen Anwendungen. 

Der Bereich „Elderly Care“ ist ein großer Wachstumsmarkt für Smart-Home-Anwendungen. Dazu gehören sogenannte Ambient Assisted Living oder Altersgerechte Assistenzsysteme, die das alltägliche Leben von älteren Menschen sowie von Personen mit Behinderung unterstützen. Neben dem Hausnotruf per Knopfdruck am Armband gehören dazu intelligente Sensoren, die einen Fall automatisch erkennen und den Rettungsdienst anrufen können. Die Sprachsteuerung bietet ebenfalls viel Potenzial für Menschen, die nicht so leicht aufstehen können. Sie kann es ermöglichen, im eigenen Zuhause alt zu werden.

Attraktivere Preise und wachsende Intelligenz

Der viel beschworene Durchbruch in Sachen Smart Home scheint trotz wachsendem Interesse immer noch auf sich warten zu lassen. Der Markt wächst jedes Jahr und das auch konstant, aber noch gibt es keine smarte Revolution. Dies lässt sich damit erklären, dass der Markt sich noch immer am Anfang des Smart Home-Trends bewegt. Obwohl die Technologie weit fortgeschritten ist, gibt es Berührungsängste. Die große Verbreitung von Sprachassistenten und Smart Speakers wie Alexa oder Siri zeigt, wie Smart-Home-Anwendungen aus der Nische herauskommen. Sie bieten einen großen Mehrwert für Nutzer, sind leicht zu nutzen und benötigen keine Installation. 

Wer daran interessiert ist, smarte Heizkörperthermostate einzubauen oder präventive Sicherheitstechnik zu nutzen, befindet sich gerade in einer guten Situation. Denn diese Produkte werden vom Preis her immer attraktiver und sind vermehrt auf dem Markt zu finden. Das gilt auch für intelligente Elektro- und Haushaltsgeräte wie vernetzte Geschirrspüler, Waschmaschinen und Backöfen, die sich etwa von unterwegs an- und ausstellen lassen: Der Markt wächst und die Preise sinken. 

Auch die Künstliche Intelligenz bietet in Kombination mit Kameratechnik viel Potenzial für smarte Anwendungen. Beispielsweise werden künftig Backöfen automatisch erkennen, welches Gericht der Nutzer hereinschiebt, und können dann das passende Programm vorschlagen. Noch sind bezahlbare smarte Küchengeräte jedoch in der Minderheit und der Mehrwert ist für Kunden nicht groß genug. 

Die Smart-Home-Revolution kommt – langsam, aber sicher

Die Antwort auf die Frage, ob das Smart Home in der Zukunft für uns alle zum Alltag wird, ist noch nicht eindeutig. Sicherlich werden smarte Geräte immer mehr zum Standard werden. Zugleich haben Nutzerinnen und Nutzer aber immer die Wahl, die Vernetzung zu aktivieren oder nicht. Wirklich smart ist ein Haus erst dann, wenn verschiedene Geräte geschickt miteinander interagieren und Abläufe automatisieren. Noch ist der Markt jedoch recht divers. 

Außerdem ist es wichtig, sich niemals komplett auf das Smart Home zu verlassen. Denn falls das Internet oder der Strom doch einmal ausfallen sollte, ist es wichtig, Geräte auch analog bedienen zu können. 

Statista, die deutsche Online-Plattform für Statistiken, bestätigt, dass Smart-Home-Anwendungen aus der Kategorie „Vernetzung und Steuerung“ am häufigsten vorkommen. Auch für „Komfort und Licht“ sind Anwender hierzulande zu begeistern, ebenso für „Home Entertainment“. Der Statistikanbieter sieht voraus, dass die Sparte „Energy Management“ immer wichtiger werden wird, während Sicherheitsanwendungen eher stagnieren, da hier Sorgen um Datenschutz und Hackerangriffe besonders relevant sind. 

Jedoch konnte sich vor zwanzig Jahren auch noch niemand vorstellen, dass Saug- und Mähroboter zum Alltag werden würden. Angesichts der immer schnelleren Entwicklung von Technologie ist die Frage weniger, was möglich ist, sondern eher, was der Markt in Deutschland akzeptiert. Sobald Fragen zum Datenschutz besser geklärt werden und die Preise sinken, steht der Smart- Home-Revolution nicht mehr viel im Wege.