»Government as a Service ist ein Wachstumsbeschleuniger«

Wie Estland zu Europas Tech-Hochburg avancierte und warum es so eine starke Anziehungskraft auf Unternehmer:innen aus aller Welt ausübt, erklärt Liina Vahtras, Managing Director des estnischen e-Residency-Programms.

LIINA VAHTRAS, Managing Director e-Residency, Bild: Marilin Leenurm
LIINA VAHTRAS, Managing Director e-Residency, Bild: Marilin Leenurm
e-Residency Beitrag

Ex-Google-CEO Eric Schmidt hat sein neues Drohnen-Start-up in Estland gegründet. Freut Sie das?

Ja, natürlich. Wir freuen uns über jedes neue Start-up. Und wenn sie Prominenz mitbringen, umso besser.
 

Was macht Estland so attraktiv für Start-ups?

Estland setzt auf ein optimales Umfeld für Gründer:innen und Start-ups. Hochsichere digitale Unterschriften sind bei uns Standard, genauso wie papierlose Kommunikation. Nahezu alle Behördendienste sind jederzeit und überall online verfügbar. Government as a Service ist ein Wachstumsbeschleuniger.

Estland bietet ein ideales Umfeld für Gründer:innen durch eine Community, die das Start-up-Ökosystem unterstützt, aber auch durch eine fortschrittliche digitale Infrastruktur, optimierte E-Government-Dienste und viele Finanzierungsmöglichkeiten.


Was heißt das konkret?

Der Aufwand und die Investitionen für Gründer:innen sind gering. Die Eintragung einer Firma kostet 265 Euro, die Stammkapitaleinlage beträgt 0,01 Euro pro Gesellschafter:in. Zudem müssen Gründer:innen nicht vor Ort sein, um Dokumente digital zu unterzeichnen oder Verwaltungsaufgaben zu erledigen. Um Start-ups gezielt zu fördern, werden nicht erwirtschaftete Gewinne nicht besteuert. Abgaben fallen erst bei tatsächlicher Gewinnentnahme aus dem Unternehmen an.
 

Skype, Bolt, Wise, Pipedrive — mit zehn Tech-Einhörnern auf 1,3 Millionen Einwohner gilt Estland als Silicon Valley Europas, wie kam es dazu?

Man könnte sagen, Skype war wie ein Nukleus für unser heutiges florierendes Start-up-Ökosystem. Estnische IT-Experten haben Skype 2003 entwickelt. Das war ein großer Erfolg. Viele Esten, die das Unternehmen irgendwann verließen, begannen selbst zu investieren und zu gründen. Sie unterstützen andere beim Wachstum und haben dazu beigetragen, dass sich unser Ökosystem vielfältig und international entwickelt hat.
 

Wie kommt hier das E-Residency-Programm ins Spiel?

Jeder aus der ganzen Welt kann sich um eine estnische E-Residency bewerben, um Zugang zu unseren digitalen Regierungsdiensten, unserem unternehmerfreundlichen Steuersystem und unserem lebendigen Start-up-Ökosystem zu erhalten. Wir zählen über 110.000 E-Resident:innen aus 130 Ländern, die mehr als 29.000 Unternehmen in Estland gegründet haben.
 

Sind unter den Resident:innen auch Deutsche?

Oh ja, wir haben mehr als 6.600 E-Resident:innen aus Deutschland und mehr als 2.200 von ihnen gegründete Unternehmen. Deutschland gehört zu den Top-3-Ländern. Die Deutschen schätzen die Tatsache, dass hier in Estland, insbesondere bei Verwaltungsabläufen, vieles schneller und unkomplizierter abläuft und remote möglich ist. Alle Dienste sind auf Englisch verfügbar.


Wie lange dauert es, ein Unternehmen in Estland zu gründen?

Es geht schneller, als die meisten brauchen, um einen guten Namen zu finden. In der Regel kann man von ein bis zwei Tagen ausgehen.

 

www.e-resident.gov.ee

 

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