Stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Ein CEO ist in den letzten Verhandlungen mit einem Kandidaten für die CTO-Rolle. Die Diskussionen sind zäh, der Kandidat nicht voll überzeugt. Also macht der CEO etwas Ungewöhnliches: Da er weiß, dass der Kandidat Brettspiele mag, lädt er ihn zu einem privaten Spieleabend ein. Am nächsten Tag unterschreibt der CTO den Vertrag. Klingt absurd? Tatsächlich ist es genauso passiert – erzählt hat mir diese Geschichte besagter CEO persönlich, wir kennen uns gut. Sie zeigt eindrucksvoll, wie sehr Führung sich gerade verändert und auf was es in Zukunft ankommen wird. In einer Welt voller Algorithmen, Unsicherheit und Geschwindigkeit gewinnen nicht Kontrolle und Hierarchie, sondern Kreativität, Empathie und Verbindung.
LEADERSHIP BEDEUTET IN ZUKUNFT: MÖGLICHKEITSRÄUME SCHAFFEN
Auch in meiner Arbeit mit großen Organisationen spüre ich diesen Shift. Führung wird neu definiert: Weg von Kontrolle – hin zur Gestaltung von Kultur und Befähigung. Wir setzen zum Bespiel sehr erfolgreich interaktive Formate wie Lego Serious Play, Design Thinking oder Ideation Labs ein. Nicht als Spielerei, sondern als strategische Werkzeuge, die echte Aha-Momente schaffen und in Zeiten des Wandels Orientierung ermöglichen.
„Bis 2027 wird sich das Konzept des Spiels zu einer strategischen Säule für Wohlbefinden und Verbindung etablieren“, so die Aussage von Trendforscherin Cassandra Napoli auf der weltweit größten Retail Konferenz NRF in New York Anfang des Jahres. „Unternehmen müssen ‘PLAY’ als Haltung begreifen – als Ausgangspunkt für echten Wandel“, so Napoli.
Was das konkret bedeutet? Perspektivwechsel zulassen. Unsicherheiten nicht nur managen, sondern als Potenzial begreifen. Co-Kreative Denk- und Handlungsräume schaffen, in denen Neues überhaupt erst entstehen darf. Klassische Führung – top-down, kontrollierend, faktenbasiert – verliert an Wirksamkeit in einer Welt, die zunehmend durch KI, Komplexität und Geschwindigkeit geprägt ist. Was zählt: Menschen inspirieren.
Besonders für Frauen in Führungspositionen liegt hier eine große Chance, denn viele von ihnen bringen ganz selbstverständlich die Kompetenzen mit, die modernes Leadership heute braucht: Einfühlungsvermögen, Systemdenken, Dialogfähigkeit, Intuition.
WAS KÜNSTLICHE INTELLIGENZ KANN – UND WAS NUR WIR KÖNNEN
Laut dem World Economic Forum und der Adobe State of Creativity Studie 2024 zählen kreatives Denken, emotionale Intelligenz und Resilienz zu den Top-Arbeitsskills der Zukunft.
Warum? Weil in einer von KI unterstützten Arbeitswelt nicht am meisten zählt, was wir wissen – dafür Haltung, Verbindung und Ideenreichtum echte Wettbewerbsvorteile sind. Und das bedeutet: Wir brauchen Leader, die beides können: Räume für technologische Innovation schaffen und gleichzeitig das Menschliche kultivieren. Das ist unsere Chance – als Unternehmen, als Gesellschaft und vor allem auch als Frauen. Creative Leadership ist kein Buzzword. Es ist eine Antwort auf die Realität, in der wir führen – und die Frage, wie wir unsere Zukunft gemeinsam gestalten können.
ÜBER DIE AUTORIN
Birgit Amelung ist Gründerin des Agentur Think Tanks AWAKE. Sie begleitet Weltkonzerne, Mittelständler und Startups in Transformations-, Innovationsund Strategieprozessen. Amelung ist zertifizierte Organisationsentwicklerin, Keynote Speakerin, Podcasterin und Co-Gründerin des führenden Frauennetzwerks in DACH The HER KLUB.