Wie wollen wir arbeiten? Wie können wir überhaupt arbeiten? Welchen Stellenwert hat Arbeit in unserem Leben? Diese Fragen waren schon immer Gegenstand gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse – und damit auch ein Wechselspiel zwischen den Wünschen und Visionen der Arbeitenden und den Bedürfnissen und Möglichkeiten derjenigen, welche die Arbeit anbieten. „Unternehmen durchlaufen aktuell eine Findungsphase“, sagt Elisabeth Denison. „Das ist aber auch ganz normal. Denn wir stecken mitten in einem Umbruch, der nun noch einmal deutlich beschleunigt wurde.“
Damit meint Denison, die sich als Chief People Officer bei Deloitte intensiv mit der Arbeitswelt der Zukunft beschäftigt, – natürlich – die Coronakrise. Also jene Krise, die zum Beispiel in kürzester Zeit dazu geführt hat, ganze Belegschaften ins Homeoffice zu katapultieren. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) sprach von einem „großflächigen, bundesweiten Experiment der Digitalisierung von Arbeit und Kooperation“.
Das hatte zum einen den Effekt, dass die bloße Möglichkeit der Beschäftigten, von zu Hause zu arbeiten, deutlich anstieg: von 22 Prozent im Dezember 2019 zu aktuell fast doppelt so vielen, wie eine Langzeitstudie der Universität Leipzig zeigt. Zum anderen wird dies auch Einfluss darauf haben, wie weite Teile der Gesellschaft in Zukunft ihre Arbeit wahrnehmen. Stefan Rief, Leiter des Forschungsbereichs Organisationsentwicklung und Arbeitsgestaltung im Fraunhofer IAO, prognostiziert: Immer mehr Menschen werden für längere Phasen dem Büro fernbleiben. Die Fahrt dorthin wird zu einer bewusst getroffenen Entscheidung. Leben und Arbeiten auf dem Land, jenseits des Speckgürtels der Metropolen, könnte für viele immer attraktiver werden.
Nicht nur das Wo und Wann der Arbeit, auch der Modus der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen ändert sich. Für immer mehr Menschen werden Beteiligung, Autonomie und Sinnstiftung ein Thema. „Das hat vor allem in den letzten zwei Jahren extrem zugenommen“, erzählt Prof. Dr. Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability (IBE). Und damit seien nicht nur hippe Start-ups in Berlin gemeint, auch der deutsche Mittelstand fernab der großen Metropolen habe diese neuen Werte verinnerlicht. „All unsere mittelständischen Weltmarktführer aus der Provinz sind ja genau deshalb so erfolgreich, weil sie es schaffen, einen identitätsstiftenden Teamspirit unter ihren Mitarbeitern zu generieren. Also in etwa: Das ist mein Betrieb und wir gehören zu den innovativsten der Welt.“ Gerade diese sogenannten „Hidden Champions“, so Rump, lebten die neue Arbeitskultur.
Homeoffice und der Wunsch nach flexiblem, ortsunabhängigem Arbeiten ist natürlich auch bei Deloitte ein Thema, aber eigentlich nur die Spitze eines Eisbergs an Veränderungen, die noch auf uns zukommen, sagt Denison. „Auf der einen Seite stellen Arbeitnehmende ein ganzes Bündel an neuen Ansprüchen an Unternehmen. Auf der anderen Seite müssen Unternehmen gut funktionierende Arbeitssettings schaffen, um weiter innovativ sein zu können.“