Investitionen in die Zukunft

Verkehr und Logistik stehen 2019 vor großen Herausforderungen: Themen wie Arbeitskräftemangel, die marode Infrastruktur, die Digitalisierung und die „Letzte Meile“ müssen angegangen werden.
Illustration: Zully Kostka
Axel Novak Redaktion

Es könnte ja auch einfach so weitergehen: Die deutsche Wirtschaft befinde sich in einem „soliden Aufschwung“, trotz der protektionistischen Tendenzen in der Weltwirtschaft, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium zum Abschluss des dritten Quartals 2018. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der die Bundesregierung berät, sagt für 2018 Zuwachsraten des realen BIP von 1,6 Prozent voraus, für 2019 sind es 1,5 Prozent. Etwas positiver urteilt die Gemeinschaftsdiagnose von fünf deutschen Wirtschaftsinstituten für die Bundesregierung: Sie rechnet mit 1,9 Prozent für das Jahr 2019, 2020 ist man etwas vorsichtiger: 1,8 Prozent.


Der Aufschwung schlägt sich direkt auf den Verkehr und die Menge der zu transportierenden Güter nieder. In der aktuellen „Mittelfristprognose für den Güter- und Personenverkehr“ prognostiziert das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) für 2019 kräftiges Wachstum: Um 2,3 Prozent beim Aufkommen und 3,1 Prozent bei der Transportleistung. Ähnlich in der Logistikbranche, die mit mehr als drei Millionen Beschäftigten der drittgrößte Wirtschaftsbereich Deutschlands ist. Hier sagen die Logistikweisen, ein Kreis von renommierten Experten aus unterschiedlichen Branchen und Bereichen, für 2019 ein Plus von 1,7 Prozent voraus, im Jahr darauf sollen es gar 2,2 Prozent werden.


Doch von Euphorie ist wenig zu spüren. Unternehmen sind verunsichert, weil sie heute planen müssen, wie sie auf die anstehenden Veränderungen von morgen reagieren. Da ist zum einen der Arbeitskräftemangel: Wie in vielen anderen Branchen gehen auch in der Logistik die Fachkräfte aus. Bis zu 45.000 Lastwagenfahrer fehlen heute schon, so Schätzungen. Auch die Eisenbahnen suchen tausende Lokführer, Wagenmeister, Disponenten. Der Mangel wird in den kommenden Jahren noch größer, wenn die heute Beschäftigten in Rente gehen.


Dazu kommt der Engpass an Transportkapazitäten. „Die notwendige Erneuerung/Sanierung der Straßen- und Schieneninfrastruktur führt zu zahlreichen Baustellen, teilweise mit zu langer Laufzeit. Es fehlt zudem die Basis für eine intelligente Verkehrssteuerung. Die Infrastruktur ist trotzdem weiterhin marode. Dies führt zu Effizienzverlusten, höherem Zeitaufwand und steigenden Kosten in der Logistik“, heißt es bei den Logistikweisen. Bröckelnde Autobahn- und Eisenbahnbrücken, veraltete Schleusen und Wehre auf den Wasserstraßen: Der Sanierungsbedarf bei Deutschlands Infrastruktur ist enorm. Sicher: Derzeit fließt viel Geld in die Modernisierung. Doch dauern viele Bauprojekte Jahre, bis sie ihre Wirkung entfalten. Auch verringern viele Bauprojekte ausgerechnet jetzt die Kapazitäten der Infrastruktur. Und schließlich investiert die Bundesrepublik einfach zu wenig: Nur noch 2,12 Prozent beträgt der Anteil der Investitionen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), hat das ifo-Institut ausgerechnet – mindestens 40 Prozent mehr wären nötig, um den OECD-Durchschnitt zu erreichen.


Und schließlich haben sich die Güterströme in Deutschland massiv verändert. Der boomende eCommerce verlangt nach neuen Logistikkonzepten – vor allem auf der letzten Meile in den dichter werdenden Innenstädten. Lastenfahrräder, Elektrofahrzeuge, Mikrodepots oder Güter-Straßenbahnen werden erprobt und getestet. Dabei hilft die Digitalisierung: Automatisierung und Platooning gegen Fachkräftemangel – KI und Data Analytics machen die Nutzung der begrenzten Infrastruktur effizienter und nachhaltiger.


Doch für viele Unternehmen ist der Weg in die digitale Welt schwierig. Denn die Transformation erfolgt im laufenden Betrieb. Wenn aber alle Systeme 365 Tage im Jahr ausgelastet sind, wenn Mitarbeiter unter hohem Leistungsdruck stehen, dann findet die digitale Transformation in der Logistik nur im Schritttempo statt.

 

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