Herr Warnecke, wie können Firmen die essentiell notwendige Dekarbonisierung vorantreiben?
Die Reduktion der CO2-Emissionen beruht auf drei Schritten. Der erste ist die Einsparung, beispielsweise durch Energieeffizienzmaßnahmen. Deren Erfolg sollten Unternehmen immer wieder überprüfen. Der zweite besteht in der Substitution, also der Nutzung Erneuerbarer Energien. Da es auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird, grauen Strom hundertprozentig durch grünen Strom zu ersetzen, braucht es für das Ziel Klimaneutralität Kompensationsmaßnahmen, etwa den Erwerb von CO2-Zertifikaten. Das größte Handlungspotenzial sehen wir bei Schritt zwei.
Wie können Firmen erneuerbare Energie nutzen?
Eine der besten Optionen ist die Installation einer PV-Anlage, ob auf dem Dach, einer Freifläche, dem Carport oder an der Fassade. Sie schont nicht nur die Umwelt, sondern spart Geld, weil Strom aus dem Netz teurer ist als selbst erzeugter. Außerdem fördert dieser Weg die Unabhängigkeit. Für manche unserer Kunden ist das besonders wichtig, da ihre Auftraggeber diese Energieautarkie fordern. So wollen sie sicherstellen, dass ihre eigene Produktion nicht durch Ausfälle auf Lieferantenseite beeinträchtigt wird. Allerdings müssen Unternehmen, die auf PV setzen, beachten: Mit der Installation der Anlage ist nicht das gesamte Einsparpotenzial ausgeschöpft.
Können Sie das erläutern?
Für eine effiziente Nutzung braucht es zusätzlich Stromspeicher in Verbindung mit einer intelligenten Steuerung der Energieströme. Wir müssen weg von isolierten Einzelmaßnahmen und hin zur Systemlösung. Das hat mehrere Gründe: Zum einen den Wegfall der EEG-Vergütung bei negativen Strompreisen, eine ungeregelte Einspeisung von PV-Strom wird damit zunehmend unrentabel. Viel besser ist in diesen Phasen die Speicherung des Stroms – eine intelligente Steuerung entscheidet, welche Option wann sinnvoll ist. Zweitens geht es um die Steuerung und Optimierung des PV-Stroms selbst, der oft nur 40 bis 50 Prozent des Bedarfs für die Produktion abdeckt. Drittens können geplante politische Maßnahmen wie etwa die Senkung der Stromsteuer oder der Netzentgelte den Kostenvorteil von PV-Anlagen verringern – wer den selbst erzeugten Strom ausschließlich selbst nutzt, gerät unter Druck.
Was bietet EWE im Bereich der Systemlösungen an?
Wir haben eine Software namens okean entwickelt, die bei der Energienutzung flexibel agiert und reagiert. Ein Beispiel: In der Mittagssonne herrscht PV-Strom-Überschuss, also ab in den Speicher damit, auch weil der Strom in dieser Zeit kaum etwas wert ist. Später lässt er sich nutzen, um etwa eine Wärmepumpe oder Ladeinfrastruktur zu bedienen. Anderes Szenario: Wer in bestimmten Zeiten wenig Energie verbraucht, schont das öffentliche Netz und bekommt vom Betreiber dafür Geld – auch das berücksichtigt die Software bei der Steuerung der Energieströme.
Apropos Geld: Wie viel können Firmen mit einer PV-Anlage samt intelligenter Steuerung sparen?
Bei einem aktuellen Kunden, der seine Produktion mit einer durchschnittlichen Leistung von rund 250 kW fährt, konnten wir mittels unserer intelligenten Software einiges erwirtschaften. Die atypische Nutzung brachte ungefähr 25.000 Euro, die Eigenverbrauchsoptimierung fast 36.000 Euro, die Beschaffungsoptimierung etwa 19.000 Euro, die Vermarktung ungenutzter Flexibilitäten an der Strombörse immerhin 31.000 Euro. Entsprechend kann sich die Anlage bei fortlaufenden Erlösen in ähnlicher Höhe nach sieben Jahren amortisieren und fährt dann in die Gewinnzone.
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