Senkblei oder Rakete

Sollten Privatanleger Geld in Kryptowährungen investieren? Die Expertenmeinungen dazu gehen weit auseinander – sicher ist nur die Schwankungsbreite von Bitcoin & Co.

Illustration: Rosa Viktoria Ahlers @rosaviktoriaahlers
Illustration: Rosa Viktoria Ahlers @rosaviktoriaahlers
Frank Burger Redaktion

Loose cannon Elon Musk: Zwischen Februar und Juli 2021 befürwortet, kritisiert und lobt der Tesla-Chef die Kryptowährung Bitcoin in wildem Wechsel – der Bitcoin-Kurs rauscht jeweils in die Tiefe, schwingt sich in ungeahnte Höhen und stürzt wieder ab.

Im November 2024 wird Donald Trump neuer US-Präsident – der Bitcoin-Kurs erreicht ein Rekordniveau. Anfang April 2025 gibt Trump Zölle von zehn Prozent auf alle Einfuhren in die USA bekannt – binnen fünf Tagen sinkt der Bitcoin-Wert um 16 Prozent. Der Bitcoin steht pars pro toto für andere Kryptowährungen Ethereum oder Litecoin: Ihr Wert reagiert in der Regel weitaus empfindlicher auf Nachrichten und Ereignisse aus Wirtschaft oder Politik als andere Anlageklassen. 

Sollte Otto Normalanleger deswegen lieber die Finger von einem Investment in Kryptowährungen lassen? Oder kann es doch klug sein, sie als Asset ins Portfolio aufzunehmen?
 

GEWINNE SIND GLÜCKSSACHE


Die Bereitschaft dazu ist in Deutschland gegeben: Laut einer Studie von Splendid Research hat 2024 jeder sechste Anleger schon einmal in Kryptowährungen investiert, rund 60 Prozent haben damit Gewinne erzielt.

Doch diese Ergebnisse sind mit Vorsicht zu genießen: Profite der Vergangenheit lassen sich nicht einfach extrapolieren, dazu sind die virtuellen Währungen viel zu volatil. „Gewinne sind bei digitalen Währungen reines Glück“, so Hartmut Walz, Finanzökonom an der Hochschule Ludwigshafen gegenüber der dpa, „wie sich der Markt langfristig entwickelt, kann niemand vorhersagen.“ Viele Anleger blendeten die Gefahren eines Kaufs von Kryptowährungen aus und stiegen ein aus Angst, etwas zu verpassen. Dabei seien „schon die Grundzüge der Technologie hinter den Währungen schwer zu verstehen“, so Walz – obwohl bei der Geldanlage der Grundsatz gelte: Nur Produkte, die man versteht, gehören ins Portfolio.

Auch die Verbraucherzentrale warnt vor einem Investment: „Der Bitcoin hat keinen inneren Wert, und man erhält anders als bei Aktien auch keine Dividende“, sagte Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, dem Spiegel. „Jedem, der Bitcoins kauft, sollte klar sein: Es kann gut sein, dass der Bitcoin eines Tages völlig wertlos ist.“
 

BESSER ALS GOLD UND AKTIEN?


Wer dennoch investiert, mag einen Rat des Krypto-Fachmannes Timo Emden von Emden Research gegenüber der Welt berücksichtigen: „Man sollte mehrere Währungen kaufen, um das Ausfallrisiko zu minimieren.“

Andere Experten erkennen gerade in der Volatilität der Kryptowährungen eine Chance für Privatanleger, denn „Bitcoin hat traditionelle Anlageformen wie Aktien oder Gold in vielen Zeiträumen deutlich übertroffen“, sagt Cathie Wood, CEO des Investmentverwalters ARK Invest – wobei der Hinweis auf den temporären Charakter der Anstiege auch als Mahnung verstanden werden kann, dass es oft ebenso schnell wieder bergab geht.

Bitcoin & Co. können darüber hinaus helfen, das Gesamtrisiko eines Portfolios zu streuen und unabhängigere Ertragsquellen zu schaffen. Matteo Leibowitz, früherer Chef-Stratege bei Uniswap Labs, sagt: „Krypto-Assets haben eine relativ geringe Korrelation zu traditionellen Märkten wie Aktien oder Anleihen. Das macht sie zu einem interessanten Werkzeug der Diversifikation.“ 

Anthony Pompliano, CEO von Professional Capital Management, vertritt die These, dass Kryptowährungen eine Art „sicherer Hafen“ in unsicheren Zeiten seien: „Bitcoin ist das erste digitale Gut, das absolute Knappheit garantiert. Viele Anleger suchen nach einem Wertspeicher – Bitcoin wird zunehmend als digitales Gold betrachtet.“ Und schließlich gibt es noch eine Person, die Kryptowährungen uneingeschränkt empfiehlt: Donald Trump. Vielleicht kein Zufall, dass er kurz vor der Vereidigung seine eigene Kryptowährung einführte – den „$TRUMP“. 
 

KRYPTOWÄHRUNGEN

Eine Kryptowährung ist eine virtuelle Währung, ein digitaler Vermögenswert, der einen Zahlungsverkehr ohne herkömmliche Bankensysteme ermöglicht. Die Daten, beispielsweise Sender und Empfänger einer Zahlung sowie deren Höhe, werden verschlüsselt auf einer Blockchain gespeichert – die Verschlüsselung hat der Kryptowährung auch ihren Namen gegeben: Das altgriechische Präfix „krypto“ bedeutet verborgen oder geschützt. Kryptowährungen können über eine Kryptobörse als Anlageklasse gehandelt werden. Es gibt geschätzt mehr als 10.000 Kryptowährungen, zu den bekanntesten zählen Bitcoin, Ethereum, Litecoin oder Ripple.

Nächster Artikel