PropTech-Revolution

Mit frischen Ideen und digitalen Lösungen drängen junge Start-ups auf den Immobilienmarkt.
Illustration: Volker Sträter
Axel Novak Redaktion

Betongold einmal anders: Vor wenigen Wochen haben die Gründer des Start-ups „McMakler“ mehr als 50 Millionen Euro an frischem Kapital eingenommen. Die Kapitalgeber versprechen sich eine gute Rendite für ihre rekordverdächtige Investition. Der Full-Service Immobiliendienstleister wiederum will mit dem Geld schnell wachsen. Das Besondere an seinem Geschäftsmodell: Das Start-up aus Berlin verknüpft digitale Services mit analogen, es organisiert die Vermietung und den Verkauf von Immobilien und übernimmt dafür auch die Erstellung eines Exposés und die Organisation von Besichtigung und Schlüsselübergabe.


Die Chancen für das versprochene Wachstum stehen nicht schlecht. Den Immobilienmarkt zeichnet vor allem eines aus: ein lang andauernder Boom. McMakler ist eines von vielen hundert PropTechs in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die mit digitalen Tools und frischem Wind die Branche aufmöbeln. PropTech steht für Property Technology und bezeichnet neue technische Lösungen in der Immobilienbranche. Ob bei Dienstleistungen oder in anderen Bereichen: PropTechs richten sich sowohl an Unternehmen als auch an Endverbraucher.


Damit macht sich nun auch die Immobilienbranche daran, die Digitalisierung voranzutreiben. Während neue Technologien beispielsweise im Handel schon seit zehn Jahren neue Konzepte hervorbringen, sind digitale Lösungen und wirklich innovative Ansätze für die Immobilienwirtschaft bisher kein Thema gewesen – wenn man von Internetplattformen rund um Kauf und Vermietung von Objekten absieht.


Ein Grund dafür ist sicher, dass es der Branche bereits seit vielen Jahren sehr gut geht. Der stete Geldfluss der Zentralbanken sorgt dafür, dass nach Aktien und Sparbriefen Grundbesitz in der Gunst der Anleger gestiegen ist. Weil gleichzeitig Wohnraum vielerorts knapp wird, verdienen die Immobilienunternehmen gut. Eigentlich also gibt es keinen Grund für die Akteure der Branche, etwas zu verändern. Auf dem Immobilienmarkt fehlt der Innovationsdruck.


Doch die Branche wacht langsam auf und erkennt, dass Start-ups, die auf dem Markt ihre Nische gefunden haben, durchaus profitabel sind. Weil in der Branche mit sehr hohen Summen umgegangen wird, ist es für PropTechs verhältnismäßig einfach, ein lukratives Geschäftsmodell zu entwickeln.

 

Technisch neue digitale Lösungen

 

Seit kurzem interessieren sich deshalb große Unternehmen für Start-ups und neue Geschäftsmodelle. Die Commerzbank-Tochter Commerz Real beispielsweise beteiligt sich am mittlerweile gar nicht mehr so neuen Schwarminvestor Bergfürst. Über den Accelerator blackprint PropTech Booster gewinnt das Wohnungsunternehmen Vonovia einen Überblick über innovative Geschäftsideen. Und der Immobilienfinanzierer Union Investment ruft gar einen „PropTech Innovation Summit“ aus.


Doch auch digitale Tools mit unkomplizierteren Funktionen ziehen das Interesse der Großen auf sich. So beteiligt sich die Immobiliengesellschaft Deutsche Wohnen am PropTech KIWI und rüstet rund 160.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten mit deren schlüssellosen Zugangssystem aus. „Wir möchten die technischen Vorteile der Digitalisierung zukünftig noch stärker nutzen und freuen uns, durch die neue Partnerschaft mit KIWI einen weiteren Schritt in das digitale Zeitalter zu gehen“, erklärt Michael Zahn, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Wohnen.


Das kommunale Berliner Wohnungsunternehmen Gewobag kooperiert mit dem PropTech Wohnungshelden, um den Vermietungsprozess der deutschlandweit 62.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten zu digitalisieren. Dazu gehört das Füttern von Immobilienportalen mit neuen Angeboten genauso wie die automatisierte Interessentenkartei für Wohnungsgesuche, das Terminmanagement, digitale Selbstauskünfte samt Bonitätsprüfungen oder der Vertragsabschluss. Dabei sollen die Daten standardisiert und damit effizienter erhoben werden. Weil sie zentral abrufbar sind, sind Prozesse schneller und nachvollziehbarer.

 

Mehr Transparenz und Effizienz – für den Vermieter

 

Die PropTechs helfen, den digitalen Wandel für alle Beteiligten auf dem Immobilienmarkt greifbar und das Zusammenspiel von Mieter und Vermieter effizienter und transparenter zu machen. „Grundsätzlich sind PropTechs dann erfolgreich, wenn sie effektiv bestehende Ineffizienzen in der Branche lösen können,“ sagt Alexander Ubach-Utermöhl, Geschäftsführer von blackprint PropTech Booster, in einem Interview mit der Haufe-Group. Ob undurchsichtige Geschäfte mit Maklern, die rechtlich zweifelhafte Kommunikation zwischen Mieter und Vermieter oder unübersichtliche Nebenkostenabrechnungen: Es ist für PropTechs recht einfach, Vorgänge zu optimieren und Transparenz zu schaffen, indem Abläufe komplett digitalisiert werden. „Sobald ein PropTech es seinen Kunden entweder ermöglicht, durch die Standardisierung und Digitalisierung bestehender Prozesse signifikant Ressourcen zu sparen oder aber durch eine Erweiterung der Wertschöpfungskette neue Einkommensströme zu erschließen, hat es die Chance, langfristig erfolgreich zu sein“, so Ubach-Utermöhl.


Künftig sorgen das Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz, Machine Learning und die Blockchain für weitere Neuerungen in der Branche. Sie versetzen die Immobilienunternehmen in die Lage, Services und Prozesse durch datengetriebene Analysen besser, effizienter und schneller zu machen. Dem Kunden könnte das recht sein. Er profitiert von einfacheren und verständlicheren Abrechnungen. Denkbar ist, dass dann Betriebskostenvorauszahlungen der Mieter schneller zurück überwiesen werden – allerdings gilt das auch für Nachzahlungen. Auch ist digitale Technik hilfreich, wenn es darum geht, langwierige Präsenzen vor Ort zu vermeiden.


Doch es ist gut möglich, dass in Zeiten stetig steigender Immobilienpreise die technischen Möglichkeiten vor allem dazu führen, die Rendite zu erhöhen – und nicht den Service am Kunden zu verbessern. Auch ist unklar, was die Unternehmen mit den Daten, Analysen und Profilen eigentlich machen, die sie dank der Technik über ihre Mieter sammeln können. ■

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