Beinahe ein Fünftel des deutschen Endenergiebedarfes entfällt auf die Bereitstellung industrieller Prozesswärme. Deren Löwenanteil von über 90 Prozent wird aktuell noch aus fossilen Quellen erzeugt. Die Treibhausgasemissionen sind erheblich, der Handlungsbedarf groß. Nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes ist der Ausstieg der Industrie aus fossilen Energien geboten. Unsichere Energiekosten und absehbar steigende CO2-Preise stellen ein erhebliches unternehmerisches Risiko dar. Der Einsatz von Solarthermie kann dieses Risiko dämpfen.
Solarthermieanlagen stellen Wärme bis 400 °C bereit und können damit niedrige bis mittlere Temperaturbereiche abdecken, auf die rund 50 Prozent des industriellen Wärmebedarfs entfallen. Je nach Temperaturniveau stehen unterschiedliche Technologien zur Prozesswärme und Dampfbereitstellung zur Verfügung. In Deutschland bekannt und vielfach im Einsatz sind Flach- und Vakuumkollektoren. Diese liefern Temperaturen bis ca. 130 °C. Sie werden beispielsweise für Reinigungs- und Trocknungsprozesse in der Lebensmittelindustrie, für die Papierherstellung oder für Autowaschanlagen eingesetzt. Konzentrierende Systeme wie Parabolrinnen sind bisher meist an sonnenreichen Standorten zu finden. Doch auch in einem moderaten Klima wie in Deutschland können sie kosteneffizient Wärme bis 400 °C bereitstellen, wie Anlagen in der Chemieindustrie in Belgien belegen.
Um die Verfügbarkeit der Wärme bei begrenzter Zahl an Sonnenstunden zu erhöhen, können effiziente und kostengünstige Wärmespeicher integriert werden. Die Hybridisierung einer solarthermischen Anlage mit anderen erneuerbaren Quellen ermöglicht zudem die ganzjährige Bereitstellung CO2-freier Prozesswärme. Die Integration der Wärme aus Solaranlage und Speicher in ein bestehendes System gleicht der eines Kessels und kann parallel dazu erfolgen. Somit ist auch eine schrittweise Umstellung der Wärmeversorgung möglich.
Immer verbreiteter sind investitionsfreie Wärmelieferverträge. Dabei fungiert der Hersteller als „Full Service Provider“. Neben Betrieb und Wartung wird beispielsweise auch eine Flächenverfügbarkeit eruiert und die Flächenpacht in den Wärmepreis integriert. Üblicherweise werden in Deutschland solare Wärmelieferpreise zwischen 40 und 80 €/ MWh angeboten, abhängig von den örtlichen Gegebenheiten, dem Aufwand für die Integration der Anlage in das bestehende System, dem Speicher und der Finanzierungskosten. Solarthermie ist eine reife und millionenfach bewährte Technologie, die kosteneffizient CO2-freie Wärme liefern kann. Der steigende Kostendruck in der Industrie lässt ein großes Marktwachstum in den nächsten Jahren erwarten.