Herr Knie, wie sehr ist die grüne Dienstreise schon in deutschen Unternehmen angekommen?
Viele Unternehmen möchten sich gerne fortschrittlich geben und ihre Produkte möglichst grün anbieten. Sie wollen ihren Mitarbeitenden grüne Angebote machen und im Trend der Zeit sein. Bisher waren sie in diesem Punkt aber sehr fantasielos. Zum Beispiel wird immer noch viel zu oft versucht, Mitarbeitende zu binden, indem man ihnen mehr oder weniger ein Auto schenkt. Gerade bei den mittleren und höheren Führungskräften ist das der Fall, die dann ein Prozent vom Listenpreis des Firmenwagens zusätzlich versteuern müssen, im Großen und Ganzen aber sehr günstig wegkommen. Meistens sind das dann aber Verbrenner, also Autos, die mit Benzin oder Diesel betrieben werden. Denn die Autos sollen das Unternehmen nicht so viel kosten.
Was wären denn fantasievollere Alternativen?
Die Unternehmen könnten ja auch E-Bikes verschenken. Nicht als Lohnumwandlung, sondern zusätzlich, on top. Dann gibt es für die Mitarbeitenden ein E-Bike, das diese natürlich versteuern müssen. Oder Leute, die viel reisen, bekommen die Bahncard 100 geschenkt. Ich spreche hier nicht von kleineren Zuzahlungen, die es oft zu Jobrädern oder Jobtickets gibt. Das ist nicht analog zu dem, was wir beim Firmenwagen erleben. Hier liegt der Ball ganz klar bei den Arbeitgebern. Beim Auto sind allerdings die Rahmenbedingungen einfacher: Sie können größere Mengen einkaufen, auf die es dann Rabatt gibt. Außerdem ist das Auto sofort als Betriebsausgabe steuerlich absetzbar. Das geht beim E-Bike oder der Bahncard 100 nicht ganz so einfach, ist aber möglich. In der IT-Branche ist das übrigens schon anders, da sind Tickets für den Fernverkehr oder E-Bikes hoch im Kurs.
»In der IT-Branche sind Tickets für den Fernverkehr oder E-Bikes hoch im Kurs.«
Woran hakt es noch?
Ein Grundproblem der grünen Mobilität ist das Silodenken der einzelnen Anbieter. Egal ob Sie nach Ihrer Bahnfahrt noch einen Roller von Tier oder das E-Bike von Lime nutzen möchten – für jedes einzelne Sharing-Produkt brauchen Sie im Moment eine eigene App. Die Unternehmen sehen es ungern, dass jemand Drittes auf sie bucht. Es sei denn, Sie haben Glück und sind in Berlin bei Jelbi oder in Hamburg bei Switch. Die haben viele der Produkte in einer App. Dabei ist es eigentlich ganz einfach, wie wir beim Roaming im Mobilfunk-Markt sehen. Die Kunden haben einen Vertrag mit einem Anbieter, sind aber weltweit in allen Netzen unterwegs. Das würde auch beim Verkehr den Markt sehr attraktiv machen. Da sind wir aber noch lange nicht, obwohl es den Gedanken dazu schon seit 20 Jahren gibt. Das geht nur gesetzlich zu regeln, sonst kommen wir da nicht vorwärts.