Im Rennen um die Energieeffizienz

Alternativer Antrieb vs. konventioneller Verbrennungsmotor
Dr. Christoph Falk-Gierlinger, Angelika Natke, Florian Rubländer
Angelika Natke; Hochschule Esslingen–University of Applied Sciences; Fakultät Energie Gebäude Umwelt // Dr. Christoph Falk-Gierlinger; Program Director Alternative Drive Systems / Florian Rubländer; Marketing & Communication; MBtech Group GmbH & Co. KGaA
MBtech Group GmbH & Co. KGaA Beitrag

„Sind elektrisch angetriebene Fahrzeuge tatsächlich klimafreundlicher als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor?“ Eine ausführlich diskutierte Frage. Um darauf eine aussagefähige Antwort zu finden, führte MBtech einen Vergleich der drei Antriebsarten Elektro, Plug-in-Hybrid (Superbenzin) und Dieselmotor durch. Der Engineering- und Beratungsdienstleister überprüft damit auch seine Strategie zur Unterstützung von Fahrzeugherstellern und -zulieferern bei der Entwicklung von Elektrofahrzeugen der nächsten Generation. Für MBtech geht es vor allem darum Anhaltspunkte dafür zu erlangen, wie die Ausrichtung auf elektrische Fahrzeuge auf lange Sicht hin erfolgen soll. Besondere Bedeutung wird dabei dem Energieverbrauch und der Klimaverträglichkeit beigemessen. Hier findet aktuell der Wettlauf um die Identifizierung letzter Optimierungspotentiale statt.
 

Um eine realistische Antwort auf diese Fragen zu finden, mussten für den Vergleich Fahrzeuge identifiziert werden, die bis auf unterschiedliche Antriebsarten weitgehend identisch sind. Es musste also eine geeignete Baureihe eines Herstellers gefunden werden, die auf dem aktuellen Stand der Technik ist, die aber auch Rückschlüsse auf Fahrzeuge anderer Hersteller zulässt. Die aktuelle Baureihe des VW Golf erfüllt diese Kriterien. Darüber hinaus ist der Golf auch repräsentativ für Fahrzeuge der Kompaktklasse. Verglichen wurden der e-Golf als reines Elektrofahrzeug, der Golf GTE als Plug-in-Hybridfahrzeug mit Benzinmotor sowie der Golf VII als klassisches Dieselfahrzeug.
 

Von der Herstellung bis zum Gebrauch – Eine Analyse über drei Phasen
 

1) Die Herstellungsbilanz: Abwägung zwischen dem unterschiedlichen Energiebedarf zur Herstellung der Fahrzeuge und dem entsprechenden CO2-Aufkommen während der Produktion.
 

2) Aus der Bilanz der Fahrzeugnutzung gehen zweierlei Kenntnisse hervor. Einerseits wird die Effizienz und Klimafreundlichkeit für die Bereitstellung von Strom an der Ladesäule und von Treibstoff an der Zapfsäule untersucht. Zusätzlich werden noch Energieverbrauch und CO2-Emissionen im Fahrzeugbetrieb nach NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) ermittelt.
 

3) Die Nutzwertanalyse ist für Fahrzeugkäufer zusätzlich ausschlaggebend. Dabei spielen zum Beispiel Werte wie Fahrzeugleistung, Fahremissionen, Reichweite und Energieverbrauch eine vordergründige Rolle.
 

In der ersten Phase, beim Vergleich wie viel Energie bei der Herstellung von Fahrzeugen aufgewendet werden muss und wie viel CO2 dabei anfällt, wurde der Energiebedarf für die Gewinnung von Rohstoffen, für den Transport von Komponenten sowie für die Montage betrachtet. Dabei reihen sich die Ergebnisse für Elektro- und Hybridfahrzeuge hinter denen des Dieselfahrzeuges ein. Das Elektrofahrzeug schneidet am schlechtesten ab. Und das, obwohl es aus weniger Komponenten besteht, als Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb. Das schlechte Abschneiden liegt vordergründig am hohen Energieaufwand zur Herstellung der Batterien. Lithium-Ionen-Akkus bestehen hauptsächlich aus Lithium und Granit, welches in Südamerika und Asien abgebaut wird. Die Speichermedien werden aber in China produziert. Da ein höherer Energieverbrauch auch mit höheren CO2 Emissionen einhergeht, bedingt allein schon der Transport der Batteriekomponenten bis zur Produktionsstätte einen hohen Wert. Das wirkt sich sowohl auf reine Elektrofahrzeuge als auch auf Hybride aus, in denen zusätzlich zum Verbrennungsmotor Batterien integriert sind. Bezogen auf den Energieeinsatz zur Herstellung, kommt die Studie zu folgenden Annahmen (pro 100 km): für den e-Golf fallen 29,8 kWh an, für den Golf GTE 26,5 kWh und für den Golf VII 19,1 kWh. Die CO2-Emissionen summieren sich in der Herstellung des e-Golfs auf 56,0g/km, die des Plug-in-Hybridfahrzeugs auf 50,5g/km. Mit 33,5g/km schneidet das Dieselfahrzeug auch hier am besten ab.
 

Die zweite Phase beurteilt die Gewinnung von Strom und Kraftstoffen und deren Verbrauch. Dabei geht es um Wirkungsgrade, Umweltverträglichkeit und um den Energieaufwand für den Fahrzeugbetrieb sowie die daraus resultierenden CO2 Werte. Der Wirkungsgrad von Strom fällt mit 40 % pro kWh im Schnitt (der Strommix aus unterschiedlichen Erzeugungsmethoden variiert hier und bei den CO2 Werten sehr stark) gegenüber 89,5 % pro Liter Diesel und 82,0 % pro Liter Superbenzin am geringsten aus. Die CO2-Belastung bei der Stromerzeugung beträgt 540,3 g CO2 pro erzeugter kWh. Ein Liter Diesel verursacht in der Herstellung 541 g CO2, während der Liter Benzin mit 340 g CO2 insgesamt den klimafreundlichsten Wert erreicht. Die CO2-Werte in der Herstellung von Strom und Diesel liegen damit sehr nah beieinander. Um über die Klimafreundlichkeit insgesamt eine Aussage treffen zu können, muss zusätzlich der Konsum im Fahrzeug betrachtet werden – erneut der Energieaufwand und der Emissionswert, beides auf einheitlicher Basis des NEFZ. Der e-Golf kommt hier auf 100 km, unter Berücksichtigung der Energierückgewinnung aus Rekuperation, mit 12,6 kWH aus. Und das bei null Emissionen. Der Golf VII konsumiert auf dieser Strecke 3,9 Liter Diesel, was 38,9 kWh entspricht und verursacht dabei einen Emissionswert von 104,1 g CO2 pro km. Über die gleiche Distanz erzielt der Golf GTE einen Verbrauch von 1,6 Liter Superbenzin. Umgerechnet entspricht das 26,3 kWh, bei 36,6 g CO2 pro km. Demzufolge zieht das Elektrofahrzeug in Phase zwei am Superbenziner und Diesel vorbei. Sowohl der geringe Wirkungsgrad als auch der hohe Emissionswert bei der Energieproduktion werden durch den niedrigen Verbrauch und die Nullbelastung im Fahrzeugbetrieb wieder relativiert. Es ist zu erwarten, dass sich dieses Ergebnis in Hinblick auf die Energiewende, hin zu erneuerbaren Energien mit einem höheren Wirkungsgrad und geringeren Emissionen in der Produktion, noch deutlich zugunsten elektrisch betriebener Fahrzeuge verbessern wird.
 

Summiert man die Bilanzwerte der Herstellung von Strom und Brennstoffen und der Fahrzeugnutzung über einen Lebenszyklus mit einer Gesamtlaufleistung von 150.000 Fahrzeugkilometern hinweg, so überquert das Elektrofahrzeug zuerst die Ziellinie im Rennen um die Energieeffizienz, dicht gefolgt wird es vom Dieselfahrzeug. Der Plug-in-Hybrid belegt mit seiner vergleichbar schlechten Energiebilanz den letzten Platz. Plug-in-Hybridfahrzeuge sind dabei dahingehend benachteiligt, dass zusätzlich zur Kraftstoffproduktion und zum -verbrauch Bauteile beider Antriebssysteme zum Einsatz kommen. Vor allem die Optimierung der Energiebilanz des Dieselautos wird erwartungsgemäß in den nächsten Jahrzenten auf einem sehr detaillierten Niveau stattfinden. Parallel dazu kann davon ausgegangen werden, dass sich die Energiebilanz von reinen Elektrofahrzeugen, über eine Stromerzeugung mit höherem Wirkungsgrad, zunehmend verbessern wird. Spannend dabei wird sein, welche der Entwicklungen sich früher durchsetzen und wo sich der Plug-in-Hybrid einreihen wird.
 

Die Nutzwertanalyse in der dritten Phase untersucht abschließend inwieweit die Fahrzeugtypen aktuell die wichtigsten Kundenanforderungen erfüllen. Hierbei liegt der Diesel-Golf vorne, gefolgt vom Plug-in-Hybrid und dann erst vom E-Fahrzeug. Wie kommt dieses Ergebnis zustande? Das ist auf verschiedene Punkte wie zum Beispiel eine geringe Reichweite, Ladedauer und verfügbare Ladeinfrastruktur sowie Fahrzeugleistung zurückzuführen. Diese Punkte werden derzeit vom Verbraucher in der Nutzung noch als Einschränkungen bewertet. Der e-Golf punktet in diesem Vergleich beim Käufer lediglich im Verbrauch. Auffällig ist auch, dass sich der Plug-in-Hybrid in allen Vergleichen, bis auf seine schlechten Herstellungswerte und die als am besten bewertete Motorleistung, im Mittelfeld ansiedelt. Er erscheint zunächst als gute Variante, um Verbraucher im Zuge der vorhergehend beschriebenen Entwicklungen an die Elektromobilität heranzuführen und Herstellern, Zulieferern sowie Versorgern Zeit zu verschaffen, Technologien wettbewerbsfähig zu machen und Infrastrukturmaßnahmen großflächig umzusetzen. Es ist davon auszugehen, dass  elektrische Fahrzeuge zukünftig die Kundenanforderungen auch trotz eines Mehrpreises in ähnlichem Umfang erfüllen werden, wie konventionelle Fahrzeuge heute schon.
 

Schwerpunkte in der Entwicklung zukünftiger Mobilität
 

Die Studie verzeichnet derzeit im Wettrennen um die Energieeffizienz einen klaren Sieger: das Elektrofahrzeug stellt bei insgesamt weniger Emissionen und aufgrund eines günstigen Verbrauchs die Mobilität der Zukunft dar. Die Elektrifizierung des urbanen Verkehrs hat längst begonnen und schreitet weltweit voran. Fahrzeughersteller müssen zeitnah weitere Fahrzeugbaureihen elektrifizieren und neue Elektrofahrzeuge auf den Markt bringen. Hierzulande müssen infrastrukturelle Hürden überwunden werden, um der e-Mobilität auch über ausreichend verfügbare Lademöglichkeiten mehr Reichweite zu ermöglichen – ausschlaggebende Punkte, damit sich e-Mobilität aus Verbrauchersicht durchsetzen kann. Dieser Markt ist turbulent und bietet viel Potential. Daher etablieren sich immer mehr neue Player neben den klassischen Fahrzeugherstellern. Neue Technologien werden marktfähig und erfordern von Ingenieuren und Beratern, bei der Fahrzeugentwicklung anders und übergreifender zu denken. Bisher getrennt arbeitende Bereiche wachsen eng zusammen und das Fahrzeug ist längst zum komplexen Gesamtsystem geworden. Themen wie „Car Connectivity“ verstärken diese Entwicklung und verknüpfen Fahrzeuge zunehmend mit ihrem Umfeld.
 

Viele offene Schnittstellen müssen auf diesem Weg noch geschlossen werden und genau hier setzt MBtech an. Als Engineering- und Beratungsdienstleister nimmt das Unternehmen dabei einen Platz zwischen Fahrzeugherstellern und Zulieferern ein. Dass im Wettrennen um die Energieeffizienz einerseits weiterhin an der Optimierung klassischer Verbrenner gearbeitet werden muss, liegt auf der Hand und ist wiederum auch für die Weiterentwicklung von Plug-in-Hybriden ausschlaggebend. Andererseits bestätigen die Ergebnisse aus der Nutzwertanalyse MBtech in ihrer Strategie entlang gesetzter Entwicklungsschwerpunkte für die e-Mobilität. Die Entwicklung neuer Akku- und Ladetechniken sowie die Auslegung der Betriebsstrategie von Elektrofahrzeugen werden den derzeit noch relativ niedrigen Nutzwert deutlich anheben. Auch wird durch die Abstimmung der einzelnen Komponenten im Gesamtfahrzeug das Systemoptimum erreicht, sowie das Fahrerlebnis erhöht werden können.
 

Steigerung der Leistungsfähigkeit von Batterie und Betriebsstrategie
 

In diesem Sinne wird die Batterieentwicklung bei MBtech verstärkt ausgebaut. Schwerpunkte legt der Dienstleister dabei speziell auf die Spezifikation des Batteriemanagements und die Abnahme der Serienreife von Batterien. In Zusammenarbeit mit Fahrzeugherstellern und Batterielieferanten wird weiterhin an der Maximierung der Leistungsgrenzen gearbeitet, um bereits heute schon vom sich rasch entwickelnden Potential zu profitieren. Dabei wird an Technologien wie der Feststoffbatterie gearbeitet, was eine deutliche Verbesserungen der Eigensicherheit und der Schnellladefähigkeit mit sich bringt, oder an der Lithium-Schwefel-Batterie, deren Vorteil in der industriellen Verfügbarkeit von Rohstoffen liegt.
 

Neben der Batterie als Kernkomponente, trägt die Betriebsstrategie stark zur Akzeptanz eines Hybrid- oder eines Elektrofahrzeuges beim Käufer bei. Diese hat großen Einfluss auf die Maximierung der Fahrzeugreichweite. Ohne den für Elektrofahrzeuge typischen „Spaßfaktor“ aus den Augen zu verlieren, erfolgt die Komfortoptimierung bei Hybridfahrzeugen im Sinne der Reichweite und Verbrauchsoptimierung. Bevor dann die Umsetzung im Prototyp erfolgt, werden unterschiedliche Strategien, wie zum Beispiel zur Optimierung des Co2-Ausstoßes, im Labor simuliert. Dazu hat MBtech eine eigene Simulationsumgebung entwickelt, die auf spezielle Anwendungsfälle in unterschiedlichen Fahrzeugtypen parametriert wird. Grundlegende Funktionen der Betriebsstrategie werden dabei abgeprüft und serientaugliche Applikationen dazu erstellt. Darunter fallen beispielsweise der Umschaltzeitpunkt zwischen Elektro- und Verbrennungsantrieb, das Rekuperationsverhalten zur Energierückgewinnung, die Lastpunktverschiebung zum optimalen Einsatz der Verbrennungsmaschine im Hybridbetrieb und der elektrische Boost zur Verbesserung der längsdynamischen Fahrzeugeigenschaften. Auf MBtech-eigenen Prüfständen werden anschließend die letzten Optimierungspotentiale für den täglichen Einsatz im Serienfahrzeug aufgedeckt.
 

Harmonisierung des Gesamtsystems
 

Das Optimum einzelner Bauteile ist zwar für den leistungsfähigen Betrieb eines Fahrzeuges Grundvoraussetzung. Es muss aber nicht zwangsläufig auch zum besten Ergebnis für das komplexe Gesamtsystem führen. Für die Akzeptanz durch den Käufer ist jedoch genau die Harmonisierung des Zusammenspiels einzelner Komponenten und Module ausschlaggebend. Die Integration dieser liegt in den Händen der Systemingenieure, welche hierfür disziplinübergreifend Lösungen finden und fachübergreifende Teams koordinieren. Die systemübergreifende Arbeit bringt auch eine Veränderung des Zusammenarbeitsmodells klassisch aufgestellter Entwicklungsbereiche mit sich. Eine Verlagerung von Schwerpunkten bei der Kompetenzverteilung hat stattgefunden. Waren bisher Verbrennungs- und Emissionsexperten gefragt, liegt nun, neben Elektroingenieuren, der Fokus genau auf diesen Systemingenieuren.
 

Aber auch außerhalb der Entwicklungsbereiche verändert sich die Organisationslandschaft in der Automobilbranche mit rasanter Geschwindigkeit. Von Entwicklungsdienstleistern wird eine zunehmende Konsolidierung ihrer Wertschöpfung erwartet. OEMs stellen sich komplett neu auf und setzen hierbei unter anderem auf Schwarmorganisationen. Auch darauf gilt es als Engineering- und Beratungsdienstleister flexibel zu reagieren und wie in der Entwicklung von Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren auch im Bereich der e-Mobilität das Gesamtpaket – vom Konzept bis zur Serienreife – anzubieten. MBtech deckt mit seinen Leistungen den gesamten Entwicklungsprozess klimafreundlicher Fahrzeuge ab und ist technisch und organisatorisch bestens aufgestellt, bereits heute die Elektromobilität der Zukunft zu gestalten.


www.mbtech-group.com

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