Verdammt gute Ideen

Welche aufstrebenden Start-ups lohnen einen näheren Blick? Wir haben die deutsche Gründerszene unter die Lupe genommen.
Illustrationen: Jasmin Mietaschk
Illustrationen: Jasmin Mietaschk
J.W. Heidtmann Redaktion

Seven Senders

Das Berliner Start-up wurde 2015 gegründet, um den Paketversand zu revolutionieren. Seven Senders bietet Tracking von der ersten Meile bis zum Empfänger, transparente und faire Lieferbedingungen. Dabei verbindet das Start-up Internethändler mit lokalen Paketdienstleistern in ganz Europa. Wenn also ein Versender aus Deutschland Ware ins Ausland verkauft, sucht das Unternehmen mittels Algorithmen den passenden Zusteller – für jedes einzelne Paket. Mal sei Schnelligkeit gefragt, mal der günstigste Preis und mal ganz bestimmte Services wie Bezahlung per Nachnahme, sagte Geschäftsführer Plehn der Tageszeitung Die Welt. Der Gründer hat an der Universität Karlsruhe über Supply-Chain-Management promoviert. „Die Zustellung auf der letzten Meile ist die, die das Kundenerlebnis entscheidend prägt. Die muss also stimmen.“ Sich als Versender in jedem Land detailliert auszukennen, sei aber praktisch unmöglich. „Und genau das erledigen wir.“ Inzwischen arbeiten über 130 Mitarbeiter für das Unternehmen.

 

Medwing

„Wir sorgen dafür, dass die Krankenhäuser das Personal bekommen, welches sie brauchen und Kandidaten die Jobs finden, die sie verdienen”, so das Konzept des Start-ups. Medwing möchte die Wertschätzung für Fachkräfte in der Gesundheitsbranche verbessern und die Bedingungen in der Pflege verbessern. In Zeiten des Fachkräftemangels vernetzt die Jobplattform für Fachkräfte in der Gesundheitsbranche erfolgreich Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Anfangs hieß das Start-up noch you4med. Gründer Johannes Roggendorf gründete zwei Jahre zuvor bereits HeavenHR, eine cloudbasierte Personalverwaltung. Nach eigenen Angaben arbeitet die Jungfirma bisher mit mehr als 2.500 Kliniken und Pflegeeinrichtungen in Deutschland zusammen. Rund 100.000 Pflegekräfte sollen schon bei Medwing registriert sein, angestrebt wird eine Verdoppelung.

 

Nyris

Künstliche Intelligenz und Objekterkennung sind die Erfolgsfaktoren dieses Start-ups. Die Nyris-Software analysiert ein Smartphone-Kamerabild und erkennt Objekte darin. Die dazu passenden Daten werden den Nutzern bereitgestellt. Nyris kann mittlerweile unter anderem Daimler, Metro oder die Lufthansa zu seinen größten Kunden zählen. Als großer Investor ist im vergangenen Herbst IKEA eingestiegen. Die Technologie von Nyris soll dort nicht nur zur Verbesserung des Kundenerlebnisses eingesetzt werden, sondern auch als Grundlage für hochmoderne und hocheffektive Logistik- und Industriedienstleistungsprozesse. Lagerhäuser nutzen die visuelle Suche für ein genaueres und schnelleres Bestandsmanagement und alle Teilnehmer entlang der Wertschöpfungskette, Kunden wie Lieferanten, können die Technologie für effizientere Qualitätskontrolle nutzen. Google und Microsoft unterstützen das innovative Unternehmen ebenfalls, das 15 Mitarbeiter in Berlin und Düsseldorf beschäftigt.

 

Cluno

Geschäftsmodell: Eine App bietet verschiedene Modelle von Automobilherstellern im Abo an, so können Kunden die Automodelle nach kurzer Zeit wechseln. Eine Alternative zu Autokauf und Leasing. So können Interessenten einen Fiat 500 für 199 Euro im Monat abonnieren. Im Preis sind schon fast alle Kosten des Fahrzeugs enthalten. Die Versicherung gehört ebenso dazu wie die Steuer, die Anlieferung oder fällige Wartungsarbeiten. Nur für den Sprit oder die gelegentliche Autowäsche müssen die Fahrerinnen und Fahrer selbst aufkommen. Im Februar hatte der britische Online-Gebrauchtwagenhändler Cazoo das Münchner Start-up übernommen. Dann wurde Cazoo selbst verkauft – an Ajax I, eine Special Purpose Acquisition Company, die das Unternehmen an die Börse bringen will. Die Freigabe erwarten beide Seiten im dritten Quartal 2021.

 

ChargeX

Ladeinfrastruktur-Lösungen für Elektroautos werden derzeit besonders heiß gehandelt. Das Start-up ChargeX ermöglicht das intelligente Laden mehrerer Elektroautos gleichzeitig. Das ist interessant vor allem für Gewerbeimmobilien und Mehrfamilienhäuser. Die Kunden sind Tiefgaragenbetreiber, Wohnungswirtschaft, Unternehmen und Arbeitgeber. Mit dem sogenannten Aqueduct hat das Start-up eine intelligente Lösung entwickelt, die dieses Problem behebt. Das System besteht aus einer modular erweiterbaren Ladesäule, die ähnlich wie eine Mehrfachsteckdose funktioniert und die Verteilung der Ladung automatisch zeitversetzt vornimmt. Ein integriertes Last-Management steuert den Ladevorgang über einen längeren Zeitraum. Hinter dem Start-up stehen Tobias Wagner, Michael Masnitza und Johannes Engeln, die 2017 mit der Entwicklung ihres Ladesäulenkonzeptes begonnen haben.

 

N26

Das Berliner Start-up N26 ist eine Direktbank, bei denen die Kunden ihr Girokonto über eine Smartphone-App nutzen können. Die Girokonten sind kostenlos und Einnahmen sowie Ausgaben können hier einfach über die App nachverfolgt werden. Die ganze Kundenberatung verläuft online über Live-Chats. Das innovative Start-up kann mittlerweile Millionen Euro von Umsatz generieren und ist international bekannt. Nun steigt N26 auch noch in die Versicherungsbranche ein. Dazu arbeitet es mit dem Start-up Simplesurance zusammen. Zunächst können nur N26-Kundinnen und -Kunden in Deutschland eine Versicherung per Smartphone abschließen. Die Versicherung kann via App abgeschlossen werden. Dies soll lediglich der erste Schritt sein: Geplant ist ein europaweites Angebot mit diversen Versicherungsmöglichkeiten. Das Berliner Fintech-Unternehmen Simplesurance ist in Deutschland besser bekannt unter der Marke Schutzklick.

 

Kumovis

Das Start-up entwickelt und vertreibt 3D-Drucker für den Einsatz in der Medizintechnik. Gemeinsam mit Krankenhäusern produziert das Start-up Implantate aus Hochleistungspolymeren, das sind Materialien, die auch bei hohem Druck und hoher Temperatur ihre Eigenschaften behalten. Der Drucker trägt dabei das Material Schicht für Schicht auf. Das Prinzip eignet sich besonders für Implantate, die ein individuelles Design erfordern. Der Drucker Kumovis R1 hat die Dimensionen eines großen Kühlschranks und kann bis zu 250 Grad Celsius an Hitze erzeugen. Die Schwerpunkte liegen bei Schädel- und Gesichtsimplantaten, an Wirbelsäulenfusionsimplantate, die man zwischen zwei Wirbel setzt, wenn die Bandscheibe einen Defekt aufweist, arbeitet das Unternehmen auch. Das Gründer-Team setzt sich aus Dr. Miriam Haerst, Alexander Henhammer, Stefan Fischer, Stefan Leonhardt und Sebastian Pammer zusammen, die sich am Lehrstuhl für Medizintechnik an der TUM kennenlernten und dort forschten. Die ersten Maschinen wurden bei Kunden bereits in Betrieb genommen.

 

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