»Wir müssen an der Biologie ansetzen«

Adipositas ist chronisch, Millionen leiden. Prof. Dr. Arya Sharma, führender Experte, zu aktuellen Behandlungsmöglichkeiten.

Prof. em. Dr. Arya Sharma, Professor emeritus und ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Adipositasforschung an der University of Alberta, Edmonton, Kanada
Prof. em. Dr. Arya Sharma, Professor emeritus und ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Adipositasforschung an der University of Alberta, Edmonton, Kanada
Johnson & Johnson Beitrag

Herr Prof. Dr. Sharma, was versteht die Medizin unter Adipositas?
Kurz gesagt: die gesundheitlichen Folgen von Übergewicht. Schon wenige Kilo können zu Problemen wie Bluthochdruck, Fettleber oder Diabetes führen. Dabei ist Adipositas nicht einfach Folge von mangelnder Disziplin. Die Studienlage ist klar: Adipositas ist eine vielschichtige chronische Erkrankung, die sehr viel mit genetischer Veranlagung zu tun hat. Es gibt Menschen, die viel essen, sich wenig bewegen und trotzdem dünn bleiben. Andere nehmen trotz aller Bemühungen leicht zu, etwa wenn sie Stress oder einer ungesunden Umwelt ausgesetzt sind.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Unser Körper hat einen individuellen Sollwert für sein Gewicht, das durch ein kompliziertes biologisches System gesteuert wird. Mit einer Diät oder mit Sport können Sie Ihrem Körper Energie entziehen und abnehmen. Die wenigsten Menschen können das auf Dauer durchhalten. Dann schnellt das Gewicht wieder in Richtung des Sollwertes – das ist die biologische Grundlage des „Jo-Jo Effektes“ und der Hauptgrund dafür, dass es die wenigsten Menschen schaffen, durch „Lebensstiländerungen“ alleine dauerhaft abzunehmen.

Damit eine langfristige Gewichtsabnahme gelingt, müssen wir an die biologischen Regelmechanismen heran, die einer Gewichtsabnahme entgegenwirken. Wie „weiß“ unser Körper, dass er genug gegessen hat? Das funktioniert unter anderem über das Sättigungshormon GLP-1, das nach dem Essen in Magen und Darm ausgeschüttet wird und dem Gehirn signalisiert: „Ich bin satt“. Seit Kurzem kann man GLP-1 als Hormonpräparat zu sich nehmen, mit der Folge, weniger Hunger zu haben und schneller satt zu sein, was die dauerhafte Gewichtsabnahme unterstützt. Bei Menschen mit starkem Übergewicht reicht die Hormonbehandlung allerdings oft nicht aus. Spätestens dann kommt die bariatrische Chirurgie ins Spiel, bei der durch Verkleinerung des Magens oder eines Magenbypass die Ausschüttung von Hunger- und Sättigungshormonen im Magendarmtrakt so verändert wird, dass es den Patient:in-nen wesentlich leichter fällt, dauerhaft ein niedrigeres Körpergewicht zu erreichen und zu halten.

Wo sollten bariatrische Eingriffe und Therapien stattfinden?
Wir sprechen hier von Patient:innnen, die an starker Adipositas leiden, sprich einen BMI von mindestens 40 kg/m2 haben. Sie sollten auf jeden Fall in einem Fachzentrum behandelt werden, das von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) zertifiziert wurde. Dort wird nach den Behandlungsleitlinien der entsprechenden medizinischen Fachgesellschaft behandelt. Die Operateur:innen verfügen über große Erfahrung und hohe Erfolgsquoten, die Behandlung erfolgt umfassend und beinhaltet auch die Nachbetreuung – etwa die Unterstützung bei der Ernährungsumstellung oder die laufende Kontrolle von Blutwerten. Solch ein Zentrum einzurichten und zu führen, verlangt große Expertise, die nicht jedes Krankenhaus hat. Es ist deshalb durchaus sinnvoll, dass Gesundheitsunternehmen, wie zum Beispiel Johnson & Johnson, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Letztendlich, wie auch 2021 vom Bundestag anerkannt wurde, handelt es sich bei der Adipositas um eine komplexe chronische Erkrankung, die eine langfristige fachgerechte Behandlung bedarf, um die oft schweren Gesundheitsfolgen des Übergewichts zu verhindern.

www.jnjmedtech.com/de-DE/specialty/bariatrische-chirurgie

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Illustration: Stephanie Hofmann
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