Neue Chance für Patienten mit Herzschwäche

Eine neue Studie beweist: Die Katheterablation verbessert den Therapieerfolg von Herzinsuffizienzpatienten deutlich.
Prof. Dr. Johannes Brachmann
Prof. Dr. Johannes Brachmann, Chefarzt, Klinik für Kardiologie Klinikum Coburg
Regiomed Klinikum Coburg Beitrag

Herr Prof. Brachmann, wie verbreitet ist die Herzinsuffizienz in Industrienationen?
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach wie vor etwa für die Hälfte aller Todesfälle in den Industrieländern verantwortlich und die Herzschwäche gewinnt zunehmend Bedeutung. Ab dem 40. Lebensjahr ist mittlerweile etwa jeder Vierte betroffen. Vereinfacht ausgedrückt sorgt die mangelhafte Pumpleistung des Herzens dafür, dass die Organe nicht mehr hinreichend mit Nährstoffen versorgt werden. Für eine solche Herzinsuffizienz gibt es verschiedene Ursachen, eine entscheidende ist ein unregelmäßiger Herzschlag, das sogenannte Vorhofflimmern.

Darum ging es auch in der von Ihnen mitgeleiteten internationalen CASTLE-AF Studie, in der Sie den Erfolg verschiedener Therapieoptionen bei Herzinsuffizienzpatienten mit Vorhofflimmern verglichen haben?
Genau. Die Ergebnisse der von BIOTRONIK unterstützten CASTLE-AF Studie demonstrieren eindrucksvoll, dass eine Katheterablation den Therapieerfolg von Herzinsuffizienzpatien-ten stark verbessert. Wir konnten zeigen, dass die abladierten Patienten im Vergleich zu den rein medikamentös behandelten Patienten nicht nur deutlich seltener (44 Prozent) ins Krankenhaus eingewiesen wurden, sondern ihre Sterblichkeit fast um die Hälfte (47 Prozent) reduziert werden konnte – ein für klinische Studien außergewöhnlich gutes Ergebnis.

Was passiert bei der Katheterablation genau?
Im Prinzip schalten wir mithilfe eines speziellen Katheters jene Zellen im Herzmuskel aus, die für die Entstehung des Vorhofflimmerns verantwortlich sind. Bei der in der CASTLE-AF angewandten radiofrequenzbasierten Ablation geschieht dies mittels Hitze. Die Herzschwächepatienten müssen anschließend zwar immer noch Medikamente einnehmen, die Studie hat jedoch gezeigt, dass sich die Pumpleistung des Herzens durch die Ablation wieder erhöhen und die Prognose der Patienten so verbessern lässt.

Erlauben Ihre Studienergebnisse Aussagen darüber, für welche Patienten sich eine Katheterablation eignet?
Die CASTLE-AF Ergebnisse zeigen, dass vor allem Patienten von der Verödungstherapie profitieren, bei denen die Herzschwäche noch nicht so stark ausgeprägt ist. Man kann also sagen, je eher eine Herzinsuffizienz bei Patienten mit Vorhofflimmern diagnostiziert und das
Vorhofflimmern abladiert wird, desto besser sind die Therapieerfolge. Die Behandlung ist aber auch bei Patienten mit fortgeschrittener Herzschwäche durchführbar, das haben vorherige Studien bereits bewiesen.

Ihre Studienergebnisse wurden im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht und haben viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Könnten sich die Therapieoptionen für Betroffene in naher Zukunft dadurch ändern?
Die Ergebnisse könnten einen Paradigmenwechsel herbeiführen. In den USA sollen die Behandlungsstandards bereits nächstes Jahr geändert werden, um die neuen Ergebnisse zu reflektieren. In Europa ist die Überarbeitung aber erst 2020 vorgesehen. Ich gehe jedoch davon aus, dass es vorab schon einen Hinweis auf die neuen Erkenntnisse geben wird.

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