Der ökologische Pfotenabdruck

 Futtermittelproduktion, Autofahrten zum Tierarzt – klar, dass die Haustierhaltung die Umwelt belastet. Wie ist es um die Ökobilanz von Hunden, Katzen und Co. bestellt?

Illustration: Ivonne Schulze
Illustration: Ivonne Schulze
Natalie Decker Redaktion

Sind Simba, Luna und Balu „Klimakiller“? Mit dieser Frage hat sich 2019 eine vielbeachtete Studie beschäftigt, durchgeführt von ESU-Services. Das Schweizer Unternehmen hat für sechs verschiedene Haustiere exemplarische Umweltbilanzen erstellt – für Pferde, Hunde, Katzen, Kaninchen, Ziervögel und Zierfische. Berücksichtigt wurden dabei jeweils verschiedene Faktoren wie die Fütterung, die Unterbringung und die Ausscheidungen des Tieres. Aber auch Anschaffungen wie Futternäpfe, Halsbänder, Sättel sowie Autofahrten zum Tierarzt flossen in die Berechnung mit ein. Um ihre Studienergebnisse zu veranschaulichen, haben die Autor:innen die Resultate anschließend mit einer Autofahrt verglichen.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse lautet: Je größer und schwerer das Tier ist, desto höher sind die verursachten Umweltbelastungen. Dementsprechend weist von den untersuchten Tierarten das Pferd die schlechteste Umweltbilanz auf. Laut ESU-Services entsprechen die Umweltbelastungen, die durch die Haltung eines Pferdes innerhalb eines Jahres entstehen, einer 21.500 Kilometer langen Autofahrt. Bei Hunden entspricht der errechnete Wert 3.700 jährlichen Fahrtkilometern, bei Katzen 1.400. Besser schnitten die Kleintiere ab: Die Umweltbilanzen von zwei Kaninchen, elf Ziervögeln bzw. 100 Zierfischen sind in etwa mit jener einer einzelnen Katze vergleichbar.

WIE 13 HIN- UND RÜCKFLÜGE NACH BARCELONA

Forschende an der Technischen Universität Berlin haben sich 2020 ebenfalls mit dem ökologischen Fußabdruck unserer Fellnasen befasst. Im Fokus stand hierbei der Hund. Wie die Wissenschaftler:innen herausfanden, verursacht ein 15 Kilogramm schwerer Hund im Laufe von 13 Lebensjahren den Ausstoß von etwa 8,2 Tonnen CO2. „Dies entspricht 13 Hin- und Rückflügen von Berlin nach Barcelona oder fast der Menge, die bei der Produktion eines Luxusautos der Mittelklasse emittiert wird“, erläutert Studienleiter Prof. Dr. Matthias Finkbeiner. Grundlage der Berechnung waren u. a. die Rohstoffe, die für die Herstellung des Hundefutters sowie für dessen Verpackung und Transport aufgewendet werden müssen. Aber auch die Exkremente spielten eine Rolle, denn Hundekot und -urin sind mit Schadstoffen wie Phosphor, Stickstoff und Schwermetallen belastet.

„Wir haben für unsere Ökobilanz eines durchschnittlichen Hundes 15 Indikatoren, wir sprechen auch von Umweltwirkungskategorien, untersucht. Dazu zählen unter anderem der Klimawandel, Ozonabbau, Smog, die Versauerung von Böden und die Landnutzung. Bei fast allen Parametern macht das Hundefutter mit circa 90 Prozent den Löwenanteil der Belastungen aus“, sagt Prof. Dr. Matthias Finkbeiner. Betrachtet man den Indikator Süßwasser-Eutrophierung, also die übermäßige Anreicherung von Nährstoffen in Gewässern, resultieren die Schäden allerdings zu etwa 90 Prozent aus dem Urin und Kot des Hundes. Liegen gelassene Hundehaufen sind demnach nicht nur ein Ärgernis für Fußgänger – sie sind auch ein Problem für die Umwelt. Umso wichtiger ist es, den Hundekot ordnungsgemäß zu entsorgen, wie Prof. Dr. Matthias Finkbeiner betont: „Die zusätzliche Umweltbelastung, die durch die Herstellung des Plastiksäckchens für den Kot entsteht, ist deutlich geringer als der Schaden, der entsteht, wenn der Kot direkt in die Umwelt eingetragen wird.“

Illustration: Ivonne Schulze
Illustration: Ivonne Schulze

EIN DRITTEL DES CO2-BUDGETS ENTFÄLLT AUF DEN HUND

Im Vergleich zu Hunden schneiden Katzen bei der Ökobilanz aufgrund ihrer geringeren Größe zwar etwas besser ab. Doch laut Angaben der Tierschutzorganisation PETA verursacht auch eine durchschnittlich große Katze 310 Kilogramm CO2 pro Jahr. Der größte Teil des Kohlendioxidausstoßes entfällt auch bei den Samtpfoten auf das Futter. Darüber hinaus entstehen durch die Reinigung der Katzentoilette regelmäßig große Mengen Müll.

Was also tun? Wie Wissenschaftler:innen und Tierschützer:innen betonen, geht es keinesfalls darum, die Haustierhaltung zu stigmatisieren oder gar zu verbieten. Stattdessen sollen Tierfreund:innen für eine nachhaltige, umweltbewusste Haltung ihrer Lieblinge sensibilisiert werden.

Die 8,2 Tonnen CO2-Ausstoß, die ein Hund in 13 Jahren verursacht, ergeben einen jährlichen CO2-Ausstoß von 630 Kilogramm. „Setzt man diese ins Verhältnis zu den zwei Tonnen, die jeder Mensch pro Jahr emittieren kann, weil sie laut Weltklimarat für das Klima noch erträglich sind, dann muss sich jeder Hundebesitzer vor Augen führen, dass nahezu ein Drittel seines CO2-Budgets bereits vom Hund verbraucht wird,“ gibt Prof. Dr. Matthias Finkbeiner zu bedenken. Ein guter Grund, die Haltungsbedingungen des Vierbeiners zu überprüfen und ggf. anzupassen.

WIE EINE NACHHALTIGERE TIERHALTUNG GELINGEN KANN

Eine wichtige Stellschraube ist hierbei die Ernährung. Denn je nach Fütterungsmethode steigt oder sinkt der durchschnittliche Kohlendioxidausstoß. Den Hund oder die Katze zu BARFen, also mit hochwertigem rohem Fleisch zu füttern, kann die CO2-Bilanz des Vierbeiners beispielsweise verdoppeln, wie eine Berechnung des Umweltbundesamts ergab. Im Vergleich dazu ist die Fütterung von industriell hergestelltem Tierfutter mit Blick auf die Umweltbelastung günstiger – denn in Hunde- und Katzenfutter landen größtenteils Nebenprodukte aus der Fleischindustrie. Hier schneidet Trockenfutter übrigens besser ab als Nassfutter. Laut einer brasilianischen Studie erzeugt die Herstellung von Feuchtfutter nämlich achtmal so viele Kohlendioxid-Äquivalente pro Jahr. Gut zu wissen: Inzwischen sind Produkte in Bioqualität sowie mit Insektenprotein erhältlich, welche bessere Ökobilanzen aufweisen als konventionelles Tierfutter.

Heiß diskutiert wird aktuell die pflanzenbasierte Ernährung von Haustieren. Wie der Deutsche Tierschutzbund mitteilt, ist bei gesunden, erwachsenen Hunden gegen eine lacto-ovo-vegetarische Ernährung nichts einzuwenden. Allerdings sollte die Futterumstellung stets durch einen auf Ernährung spezialisierten Tierarzt begleitet werden, um eine optimale Nährstoffversorgung des Vierbeiners zu gewährleisten. Eine rein pflanzliche Ernährung von Katzen wird dagegen von vielen Experten abgelehnt.

»Die zusätzliche Umweltbelastung, die durch die Herstellung des Plastiksäckchens für den Hundekot entsteht, ist deutlich geringer als der Schaden, der entsteht, wenn der Kot direkt in die Umwelt eingetragen wird.«

Denn einige für die Gesundheit der Samtpfoten lebensnotwendige Aminosäuren, wie etwa Taurin, kommen nur in tierischem Gewebe vor. Nimmt die Katze über die Nahrung kein Taurin auf, kann es zu schwerwiegenden Problemen wie Funktionsstörungen der Netzhaut beziehungsweise des Nervensystems kommen. Dennoch können auch Katzenhalter:innen etwas für die Klimabilanz ihrer Mieze tun und beispielsweise auf biologisch abbaubare Recycling-Katzenstreu umsteigen. Ähnliches gilt für Reiter:innen: Sie können die Umweltbelastung ihres Pferds um knapp ein Viertel senken, indem sie als Einstreu der Box Hobelspäne aus der Region statt Stroh verwenden. Darauf weist der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hin.

AUCH AUS UMWELTSCHUTZGRÜNDEN GILT: ADOPT, DON’T SHOP

Wer gerade darüber nachdenkt, einen tierischen Begleiter anzuschaffen, sollte sich im Tierheim umsehen. Hier warten zahllose Hunde, Katzen, Kaninchen und Meerschweinchen auf eine zweite Chance. Ihnen ein neues Zuhause zu schenken, entlastet nicht nur die überfüllten Tierheime, sondern verbessert von Anfang an den ökologischen Pfotenabdruck der Fellnase. Denn während Züchter:innen und Zoohandlungen kontinuierlich Nachschub an niedlichen Tierkindern produzieren und damit weitere CO2-Emissionen verursachen, sind die Tierheimtiere schon da. Sie brauchen nur noch jemanden, der sie füttert, pflegt und liebhat – ein ganzes Tierleben lang. 

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