Vom Zinsschock sprachen viele Kolleginnen und Kollegen, weil sich potenzielle Immobilienbesitzer beim Kreditgespräch mit ihrem Immobilienfinanzierer erstmals mit einem Phänomen auseinandersetzen mussten, was nach zehn Jahren Abstinenz komplett in Vergessenheit geraten war: steigende Zinsen. Alleine seit Januar dieses Jahres haben sich die Bauzinsen vervierfacht. Für zehnjährige Immobilienkredite wurden zum Teil rund vier Prozent veranschlagt, was bei den monatlichen Raten schnell mehrere hundert Euro ausmachen kann.
Wer also gerade noch mit dem Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Eigenheims geliebäugelt hat, musste plötzlich ganz neu rechnen. Entsprechend ist auch das Neugeschäft mit Immobiliendarlehen an Privathaushalte eingebrochen, zeigen Zahlen der Beratungsfirma Barkow Consulting – Minus 28 Prozent im September 2022 im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das Neugeschäftsvolumen läge mit 16,1 Milliarden Euro auf dem niedrigsten Stand seit 2014.
Was man an dieser Stelle wissen muss: Der Immobilienmarkt ist auch in seiner Anpassungsfähigkeit sehr „immobil“. Angebot und Nachfrage gleichen sich also nicht wie beispielsweise bei den Aktienmärkten zeitnah an, sondern immer mit Verzögerung. Entsprechend langsam fallen die Immobilienpreise – aber sie fallen. Der Immobilienpreisindex des Verbands der Pfandbriefbanken, vdp, verzeichnete im dritten Quartal den ersten Rückgang seit elf Jahren – und das trifft selbst gefragte A-Lagen in Deutschland wie Berlin und München.
Im Prinzip würde damit der Traum von der eigenen Immobilie auch wieder in greifbare Nähe rücken. Denn wenn die Zinsen steigen, die Immobilienpreise dafür fallen, ist es durchaus realistisch, ein passendes Objekt zu finden. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Wie weit die Immobilienpreise fallen, darüber sind sich die Experten derzeit uneins. Denn neben potenziellen Eigenheimbesitzern mischen vor allem ausländische wie inländische Investoren auf dem Immobilienmarkt mit und stützen mit ihrem Kapital die Preise. Hinzu kommen die gestiegenen Baukosten, weshalb gerade bei Neubauprojekten nicht mit einem deutlichen Preissturz zu rechnen ist. Entsprechend breit sind auch die Prognosen – von „leicht nachlassenden Preisen“ ist beispielsweise bei der Bundesbank zu lesen, während DIW-Experten bis zu zehn Prozent bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen für möglich halten. Und dann kommt es natürlich auch noch darauf an, wo man kaufen möchte. Das klassische Eigenheim mit 150 Quadratmetern Wohnfläche und 800 Quadratmetern Grundstück liegt im Bundesdurchschnitt zwischen 320.000 und 360.000 Euro. In Städten wie München muss man laut dem Portal Immowelt hingegen 10.420 Euro pro Quadratmeter, in Berlin immerhin noch 5.712 Euro pro Quadratmeter einkalkulieren.