Die Europacloud

Mithilfe der Datenplattform Gaia-X sollen Firmen in der EU unabhängiger von US-amerikanischen Anbietern werden.
Illustration: Wyn Tiedmers
Klaus Lüber Redaktion

Kein Thema dominierte den diesjährigen Digitalgipfel in Dortmund so stark wie die Idee einer europäischen Datencloud. Unter dem klangvollen Namen Gaia-X, so die Ankündigung der Bundesregierung, soll in einer Art digitaler Public-Private-Partnership eine Cloud-Infrastruktur entstehen, über die sich EU-Länder miteinander vernetzen können. Dabei baut das Konzept auf der vor zwei Jahren vorgestellten Initiative Industrial Data Spaces auf, inzwischen umbenannt in International Data Spaces, die es unter anderem einzelnen Standorten international operierender Unternehmen ermöglichen soll, Kundendaten aus anderen Ländern mit der gleichen Softwarebasis zu bearbeiten, ohne die Daten jeweils über die Firmenzentrale zu transferieren.


Beim Cloud-Computing geht es im Kern darum, dass Unternehmen und andere Anwender schnell und flexibel Rechenkapazitäten und Speicherplatz nutzen können, ohne selbst eigene Server betreiben zu müssen. Es ist damit zu einer der Grundvoraussetzungen für Firmen geworden, um in einer zunehmend digitalisierten Wirtschaft effizient operieren zu können. Aktuell dominieren US-amerikanische Firmen den Markt, allein Amazon kommt auf einen Marktanteil von 33 Prozent, gefolgt von Google und Microsoft. Unzählige deutsche und europäische Firmen wären ohne die Dienste dieser Großkonzerne aktuell nicht konkurrenzfähig.


Diese enorme Abhängigkeit bereitet der Bundesregierung schon seit längerem Sorge. Die aktuellen Handelsauseinandersetzungen mit den USA habe die Situation noch weiter verschärft, so Thomas Jarzombek, Beauftragter für digitale Wirtschaft und Startups im Bundeswirtschaftsministerium. „Niemand gibt eine Garantie, dass die Daten in der Cloud nicht auch betroffen sein werden.“ Schon heute haben US-Behörden über den sogenannten CLOUD-Act das Recht, auf Daten von US-Anbietern zuzugreifen, selbst wenn die Server im Ausland stehen, also beispielsweise in Deutschland. Bundeskanzlerin Angela Merkel formulierte es so: „Ich bin für einen freien Wettbewerb, aber auch gegen Abhängigkeiten.“


Gaia-X soll die Lösung für dieses Problem sein, „die Grundlage eines offenen, digitalen Ökosystems, mit dessen Hilfe Unternehmen und Geschäftsmodelle aus Europa heraus weltweit wettbewerbsfähig skalieren können“, wie es in einem Paper zum Projekt heißt. Entscheidend sei dabei die Garantie von Datensouveränität. Durch die in Gaia-X integrierten Garantien soll sichergestellt werden, dass Unternehmen ohne Sorgen vor der Konkurrenz Daten der Allgemeinheit oder speziellen Nachnutzern zur Verfügung stellen können. Dies soll sich, so die Hoffnung, insbesondere positiv auf den Bereich der industriellen Produktion auswirken. So könnten die Hersteller von Maschinen auch nach der Auslieferung auf die Daten im Einsatz zugreifen, um so zusätzliche Dienstleistungen anzubieten – wie etwa eine automatisierte Wartung oder den Umgang mit neuen Werkstoffen.


Für das zweite Quartal des kommenden Jahres sind erste Tests des technischen Konzepts geplant. Ende 2020 soll der Betrieb mit ersten Anbietern und Anwendern starten.

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