Ja zur Wärmewende!

Forum der Akteure

Juni 2023 Handelsblatt Energie der Zukunft

»Wir brauchen dringend eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren«

Dr. André Deinhardt Geschäftsführer Bundesverband Geothermie

Die Relevanz von Geothermie zeigt sich eindrucksvoll am Terminkalender des Bundeskanzlers: Im April und Mai besuchte Olaf Scholz innerhalb von elf Tagen gleich drei Geothermie-Projekte. Beim Festakt zur Inbetriebnahme des Heizwerks in Schwerin-Lankow betonte er, wie zukunftsweisend diese Technologie sei: „Anders als Wind oder Sonne steht Geothermie rund um die Uhr zur Verfügung, im Sommer wie im Winter, an 365 Tagen im Jahr. Und deshalb machen uns Projekte wie dieses hier nicht nur unabhängiger von den volatilen Gaspreisen, von der geopolitischen Großlage und von Marktschwankungen bei der fossilen Energie.“ Im kenianischen Rift-Valley besichtigte der Kanzler das große Geothermie-Kraftwerk in Olkaria und machte sich wenige Tage später in seinem Wahlkreis auf dem Bohrplatz des städtischen Versorgers EWP schlau zum Thema Erdwärme in Potsdam. Geothermie ist ein elementarer Baustein für das Ziel der Klimaneutralität bis 2045. Die Roadmaps zu Tiefer und Oberflächennaher Geothermie (Strategiepapiere von sechs Einrichtungen der Fraunhofer-Gemeinschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft) zeigen: Mit Tiefer Geothermie könnten bis zu 300 Terawattstunden pro Jahr, mit Oberflächennaher Geothermie bis zu 600 Terawattstunden pro Jahr generiert werden. Um dieses Potenzial zu heben, brauchen wir dringend eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, müssen in Aus- und Weiterbildung investieren und die Fündigkeit besser absichern. Es ist elementar, dass die vom Bund beschlossene Explorationskampagne Fahrt aufnimmt. Die Regierung muss außerdem das finanzielle Fördervolumen aufstocken und Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit adäquaten Mitteln ausstatten. Zentral ist es nun, mit einem Geothermie-Erschließungsgesetz einen legislativen Rahmen zu schaffen, der all jene Aspekte verbindlich fixiert. So schaffen wir Anreize, für mutige Unternehmer, die in unser aller Zukunft investieren wollen.

www.geothermie.de

Juni 2023 Handelsblatt Energie der Zukunft

»500.000 Wärmepumpen im Jahr 2024 sind möglich«

Dr. Martin Sabel Geschäftsführer Bundesverband Wärmepumpe

Deutschland hat sich entschlossen, bis 2045 treibhausgasneutral zu sein. Voraussichtlich ab 2024 soll jede neu eingebaute oder jede auszutauschende Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden. Die Wärmepumpe bietet sich als eines der Heizsysteme für die Zukunft an, denn sie ist klimaschonend und hocheffizient: Mit einer Einheit Strom macht sie die vielfache Menge an Wärme verfügbar.

Der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) ist ein Branchenverband mit Sitz in Berlin, der die gesamte Wertschöpfungskette rund um Wärmepumpen abbildet: Wärmepumpenhersteller, Handwerker, Planer, Architekten, Bohrfirmen sowie Energieversorger sind im BWP vernetzt. Die Branche ist zuversichtlich, dass die anvisierte Installation von 500.000 Wärmepumpen im Jahr  2024, wie von der Bundesregierung gefordert, möglich ist. Diese Zuversicht kommt nicht von ungefähr: Im Jahr 2022 wurden 236.000 Geräte verkauft; im ersten Quartal 2023 wurden bereits rund 100.000 Wärmepumpen abgesetzt.

Die Mitglieder des BWP setzen sich dafür ein, die Wärmepumpe möglichst schnell als Standardheizsystem zu etablieren. Die konsequente Fokussierung auf klimafreundliche und zukunftsfähige Lösungen ist auch angesichts des internationalen Wettbewerbs für die Heizungsindustrie von großer Bedeutung. Auch deswegen ist die Branche im Zuge der aktuellen klima- und energiepolitischen Herausforderungen in einem beträchtlichen Ausmaß in Vorleistung gegangen. Mittlerweile summieren sich die Investitionen der Wärmepumpenindustrie europaweit auf über fünf Milliarden Euro. Deshalb ist es entscheidend, dass für Industrie, Handwerk, Netzbetreiber und alle beteiligten Akteure, verlässliche  gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die für Planungssicherheit sorgen.

www.waermepumpe.de

Juni 2023 Handelsblatt Energie der Zukunft

»Bioenergie ist ein Multitalent und Zugpferd der Wärmewende«

Artur Auernhammer Vorstandsvorsitzender Bundesverband Bioenergie

Der russische Angriffskrieg hat verdeutlicht, dass Deutschland bei der Wärmewende schneller werden muss. Da passt es nicht zusammen, wenn sich die Bundesregierung zwar den Klimaschutz auf die Fahnen schreibt, im Detail aber die Energiewende ausbremst und verteuert. Ein aktuelles Beispiel ist das Gebäudeenergiegesetz, das richtigerweise 65 Prozent erneuerbare Energien beim Heizungstausch fordert. Dazu passt jedoch nicht, dass der Gesetzentwurf beim Wechsel auf eine Holzheizung unnötige und teure Pflichten zur Kombination mit Solarthermie, einem Pufferspeicher und einem Staubabscheider vorsieht. Eine Regelung, die in ihrer Pauschalität der individuellen Situation von rund 40 Millionen Haushalten nicht gerecht wird. Für die Akzeptanz der Wärmewende sollte der Staat sich hier auf die unbedingt notwendigen Vorgaben beschränken. Völlig absurd ist zudem, dass die Bundesregierung Biomasse im Neubau nicht als erneuerbare Erfüllungsoption zulassen möchte.

Doch neben der Wärmewende im Privatbereich steht in Industrie und Gewerbe ebenfalls der Umstieg auf erneuerbare Energien an. Jedoch stammen bislang lediglich 6 Prozent der für Industrieprozesse benötigten Wärme aus erneuerbaren Energien. Mit der zum 1. Mai überarbeiteten Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft wurden in diesem Bereich neue Hürden aufgebaut. Der Vorrang der Direktelektrifizierung vor der Bioenergie bringt Unternehmen in eine Situation, in der es betriebswirtschaftlich leider sinnvoller sein kann, gänzlich auf eine Umrüstung der Wärmeerzeugung zu verzichten und weiter fossile Energien zu nutzen. Erfolgreicher Klimaschutz benötigt aber eine breite und technologieoffene Palette an Lösungen – und die Bioenergie als Multitalent und Zugpferd der Wärmewende gehört unbedingt dazu!

www.bioenergie.de