Hochwertig reisen!

Deutsche Unternehmen führen pro Jahr rund 176 Millionen Geschäftsreisen im In- und Ausland durch, Tendenz steigend. Denn auch in einer digitalisierten Welt sind persönliche Kontakte ausschlaggebend für den Erfolg.
Hochwertig reisen!
Illustration: Amarins de Jong
Elisabeth Schwiontek Redaktion

Entspannt reisen, komfortabel übernachten, erfolgreich verhandeln: Firmen, die auf erstklassige Angebote rund um die Mobilität ihrer Geschäftsreisenden setzen, schaffen die besten Voraussetzungen dafür.

 

Tokio, Peking, Shanghai und Singapur: Zweimal im Jahr ist Günter Schmidt, Global Relationship Manager bei einem international tätigen Beratungsunternehmen, dienstlich in Asien unterwegs. Gelegentlich fliegt er auch nach New York oder Detroit. Meetings in Basel, London und Amsterdam gehören ebenso zu seinem Arbeitsalltag wie Termine in Frankfurt oder Düsseldorf. „Durchschnittlich bin ich an mindestens drei Tagen pro Woche auf Dienstreise“, sagt der Manager. Der Schreibtisch in seinem Münchner Büro ist für den Reise-Routinier deshalb nur ein Arbeitsplatz von vielen.

 

Auch wenn die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation die Kontaktpflege erleichtern: E-Mails, Telefon- oder Videokonferenzen können persönliche Treffen ergänzen, aber nicht ersetzen. „Das persönliche Gespräch bleibt der wichtigste Treiber für geschäftliche Kontakte“, heißt es in der Geschäftsreiseanalyse 2015, die der Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) veröffentlicht hat. Die Eckdaten der repräsentativen Untersuchung: Unternehmen und Organisationen des öffentlichen Sektors mit Sitz in Deutschland führten 2014 insgesamt 175,8 Millionen Geschäftsreisen im In- und Ausland durch. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um 2,8 Prozent. Auch die Geschäftsreisekosten erhöhten sich, allerdings nicht im gleichen Maß wie die Reisen. 49,2 Milliarden Euro gaben Unternehmen und öffentlicher Sektor 2014 für Dienstreisen aus, ein Anstieg um 2,2 Prozent im Vergleich zu 2013 – und ein Hinweis auf relative Einsparungen. 

 

Doch Firmen, die allzu knapp kalkulieren, schonen vielleicht ihr Budget, nicht aber die Nerven ihrer hoch qualifizierten Business Traveller, und das ist unterm Strich kontraproduktiv. Denn wer auf Dienstreisen die Kontakte zu Key-Accounts pflegt und Geschäftsabschlüsse unter Dach und Fach bringt, sollte entspannt ankommen und konzentriert verhandeln können. 

 

Eine Voraussetzung dafür sind Verkehrsmittel, die Geschäftsreisende möglichst stressfrei ans Ziel bringen. Für Günter Schmidt ist das bei Fahrzeiten von bis zu vier Stunden die Bahn, darüber hinaus das Flugzeug. Sein Tipp: „Nach Möglichkeit Direktflüge buchen, dann kann schon mal beim Anschlussflug nichts schiefgehen.“ Das Auto nutzt der Manager nur ungern: „Man verliert dabei einfach zu viel Zeit.“

 

Das findet auch die Berlinerin Ingrid Jahn, Account Managerin für ein Consulting Unternehmen. Sie ist dienstlich viel in Deutschland, Italien und Polen unterwegs und sagt: „Innerhalb Deutschlands reise ich sehr gern mit der Bahn. In der 1. Klasse gibt es freies WLAN, ich habe genug Platz und kann am Tisch arbeiten.“ Für die nervenschonende Fahrt zum Bahnhof oder Flughafen empfiehlt sie einen Chauffeur-Service. „Diese Dienstleistung ist nur unwesentlich teurer als ein Taxi und so viel angenehmer. Keine nervige Musik, kein schwatzender Taxifahrer.“ Deutlich weniger komfortabel als Bahnreisen seien Economy-Flüge, stellt Ingrid Jahn fest: „Zum Arbeiten ist es da viel zu eng und indiskret. Der Sitznachbar kann einem direkt auf den Bildschirm schauen.“ 

 

Kurzstreckenflüge nutzt Mirko Hilsheimer, Partner einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, deshalb eher „für einen kurzen Powernap, das erfrischt.“ Von Stuttgart aus startet er mehrmals pro Woche zu meist innerdeutschen Dienstreisen und fährt dabei am liebsten mit dem Pkw. „Das Auto ist ein privater Raum, in dem ich telefonieren oder auch einmal bei meiner Lieblingsmusik nachdenken kann“, erklärt der Business Traveller und räumt ein: „Staus sind natürlich ein Thema. Aber ich versuche, sie durch frühe Fahrzeiten zu umgehen und nutze die vielen Assistenten meines Autos.“ 

 

Trotz Mirko Hilsheimers Vorlieben: Im Transportbereich hat die Bahn Markanteile gewonnen, wie die Zahlen des Geschäftsreiseverbandes VDR zeigen. Zwischen 2010 und 2014 sind die anteiligen Ausgaben für Bahnreisen von 16 auf 19 Prozent gestiegen, hauptsächlich zum Nachteil der Mietwagenbranche. Auch im Vergleich zu Flugreisen gewinnt die Bahn dazu. Das legen die ersten vorläufigen Ergebnisse der VDR-Geschäftsreiseanalyse 2016 nahe. Business Traveller werden künftig wohl weniger mit dem Flugzeug unterwegs sein als in den vergangenen Jahren, dafür wird der Bahnanteil weiter steigen. Fernbusse sind im Geschäftsreiseverkehr bisher noch keine große Konkurrenz für Bahn und Pkw.   Doch preisbewusste Travel Manager nutzen das billige Transportmittel durchaus. 2014 buchten 18 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen und 9 Prozent der Firmen mit mehr als 1.500 Mitarbeitern Fernbusreisen, so die VDR-Analyse.  

»Steckdosen, WLAN, Ruhe und genügend Platz sind die Grundvoraussetzungen dafür, auch unterwegs arbeitsfähig zu sein.«

Ein sauberes, ruhiges Zimmer. Ein gutes Bett. WLAN und Schreibtisch sowie kurze Wege zu Meetings und Kundengesprächen. Das sind die Anforderungen, die Geschäftsreisende an ihr Hotel haben. „Die Logistik muss stimmen“, sagt Key Account Manager Günter Schmidt. „Wie viel Sterne das Hotel dann hat, spielt keine Rolle.“ Weil abends meist Geschäftsessen außerhalb im Terminkalender stehen, ist das Frühstück die wichtigste Mahlzeit im Hotel. Für den Start in einen erfolgreichen Tag braucht Mirko Hilsheimer „ein vielseitiges Müsli-Angebot, nach meinen Wünschen zubereitete Eierspeisen – und Nutella“. Außerdem legt der passionierte Triathlet Wert auf einen Fitnessraum und die Möglichkeit, direkt vom Hotel aus zu joggen. Darauf kann Ingrid Jahn wiederum verzichten: „Zum Sport komme ich auf Dienstreisen sowieso nicht.“  

 

Einig sind sich die erfahrenen Business Traveller aber darin, dass sie unterwegs konzentriert arbeiten wollen und müssen. Ob im Hotel, im Zug, im Flugzeug oder in Transitbereichen: Steckdosen, WLAN, Ruhe und genügend Platz sind die Voraussetzungen dafür. First Class und Business Lounges in Flughäfen oder Bahnhöfen bieten dafür gute Möglichkeiten. 

 

„Arbeitsfähig zu sein ist für mich das A und O“, betont Günter Schmidt, der Mann, der an mindestens drei von fünf Tagen unterwegs ist. Neben den Kundengesprächen vor Ort sei eben auch noch das „Grundrauschen“ eines Arbeitstages mit E-Mails und Telefonaten zu bewältigen. „Wenn ich jedesmal nach meiner Rückkehr erst einen Riesenberg E-Mails abarbeiten müsste, würd’s mich ja vollständig zerlegen“, so der Münchner. Auf Interkontinentalreisen steht er, je nach Zeitzone, um vier Uhr morgens auf, um E-Mails zu bearbeiten und Telefonate zu führen – oder kümmert sich bis nachts um drei um diese Dinge. 

 

„Reisen ist nur im Rückblick eine glamouröse Angelegenheit“, stellt der Schriftsteller Paul Theroux fest. Für Geschäftsreisen gilt das ganz besonders. „Sie sind Stress pur“, bestätigt Günter Schmidt. Umso wichtiger sei es, sich kleine Auszeiten zu nehmen: „Einfach mal abends allein durchs Viertel schlendern, um wieder frisch im Kopf zu werden – wenn es der Terminkalender erlaubt.“ Wo der Frequent Traveller am liebsten Urlaub macht, ist nicht schwer zu erraten. „Zuhause, südlich von München. Einfach in die Berge fahren und keine Koffer packen zu müssen, das ist Erholung pur!“

Wirtschaft
Juni 2023
Illustration: Laura Neuhäuser
Redaktion

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Die Digitalisierung wird anscheinend nur von jungen Unternehmen besonders ernst genommen. Bei den anderen haperte es in den Pandemiejahren an der Umsetzung.