Arbeit im Wandel

Die Redaktion befragt Akteure zu den aktuellen Herausforderungen in ihren Branchen.
Dezember 2021 Die Zeit Arbeitswelt der Zukunft

»Vielfalt ist vor allem auch eine ökonomische Investition.«

Stephan Dirschl Referent Charta der Vielfalt

Wie wichtig Diversity Management für die Arbeitswelt ist, zeigt sich jeden Tag. In Krisenzeiten macht es sich besonders bezahlt: Unternehmen und Organisationen, die frühzeitig auf vielfältige Teams, flexible Arbeitsmodelle oder aktives Gesundheitsmanagement gesetzt haben, konnten schneller und nachhaltiger auf die Pandemie reagieren und ihre Mitarbeitenden besser schützen.

In den vergangenen anderthalb Jahren hat sich die Art zu arbeiten für viele stark verändert. Was früher im Büro erledigt wurde, hat den Weg in Privatwohnungen gefunden. Zusätzlich lag die Priorität der Unternehmen auf der Bewältigung der Krise, das Wohl der Mitarbeitenden musste oft warten.

Homeoffice funktioniert allerdings nicht für alle gleich gut und fungierte als Vergrößerungsglas für bestehende Unterschiede in der Belegschaft. Der unfreiwillige Bruch zwischen Arbeit und Privatem gibt Einblicke in die Lebenswelten der Beschäftigten und Angriffspunkte für Diskriminierung. Alte Rollenbilder haben sich wieder verfestigt. Die Gefahr ist, dass wir hinter das bereits Erreichte zurückfallen. Es ist aber auch die Gelegenheit zur Humanisierung, zur Flexibilisierung, zu einem besseren Austausch mit den Mitarbeitenden und mehr Verständnis für individuelle Situationen. Und für einige bietet die Arbeit von zuhause ganz neue Potenziale.

Es braucht also eine Lösung, die beides kann und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden miteinbezieht. Die Veränderungen waren krisenbedingt, ermöglichten aber einen neuen Umgang mit alten Ungleichheiten und eine größere Akzeptanz für flexible Arbeitsmodelle. Und sie zeigen: wer anpassungsfähig bleibt und auf eine vielfältige Belegschaft setzt, ist besser beraten, denn Vielfalt ist nicht nur eine soziale, sondern vor allem auch eine ökonomische Investition.

www.charta-der-vielfalt.de

Dezember 2021 Die Zeit Arbeitswelt der Zukunft

»Die Schulen brauchen mehr IT- und Technik-Lehrkräfte.«

Ralph Appel Direktor Verein Deutscher Ingenieure VDI

Die Corona-Pandemie beschleunigt Strukturwandel und Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft. Bei der Gestaltung dieses Wandels sind Ingenieur:innen und Informatiker:innen gefragter denn je. Auch wenn die Nachfrage nach diesen Berufen in der Corona-Pandemie 2020 abflachte, nimmt die Zahl der offenen Stellen wieder zu. Ende 2020 sank sie auf 92.400, aktuell liegt sie allerdings wieder bei 117.150. Das geht aus dem Ingenieurmonitor hervor, den der VDI vierteljährlich mit dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) herausgibt. Ob Bauwirtschaft, Energiewende, Digitalisierung oder die Transformation der Autobranche – die Komplexität der technischen Herausforderungen steigt. Und mit ihr wächst auch langfristig der Bedarf nach Fachleuten mit genau den dafür notwendigen Kompetenzen.

Zusätzlich werden in den kommenden Jahren im Schnitt jährlich über 60.000 MINT-Akademiker:innen aus Altersgründen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Wir müssen daher weiterhin vor allem Kinder und Jugendliche für Technik begeistern, um langfristig ein erfolgreicher Technikstandort zu bleiben. Erschwerend kommen die mehrmonatigen Schulschließungen im Zuge der Corona-Krise hinzu. Erste internationale empirische Untersuchungen zeigen, dass aus längeren Schulschließungen erhebliche Verluste an Kompetenzen im Lesen und der Mathematik bei den Schülerinnen und Schülern resultieren dürften.


In Deutschland ist zu vermuten, dass die jüngsten Fortschritte bei den PISA-Kompetenzen in Mathematik und Naturwissenschaften ohne zusätzliche unterstützende Maßnahmen wieder verloren gehen. Daher brauchen die Schulen umso mehr IT- und Technik-Lehrkräfte, die die Chancen der Digitalisierung jetzt bestmöglich nutzen. Aufgetretene Lernrückstände müssen geschlossen werden - beispielsweise mithilfe intelligenter Lernsoftware, um damit langfristig einem Einbruch beim Angebot an Ingenieur:innen und Informatiker:innen schnell entgegenzuwirken.

www.vdi.de