»In vielen Fällen die bessere Alternative«

Nils Martens, Managing Director der Freudenberg Fuel Cell e-Power Systems, sieht die Brennstoffzelle als erste Wahl, um Straßengüterverkehr und Schifffahrt klimafreundlich zu gestalten.
Nils Martens, Managing Director, Freudenberg Fuel Cell e-Power Systems
Nils Martens, Managing Director, Freudenberg Fuel Cell e-Power Systems
Freudenberg Fuel Cell E-Power Systems Beitrag

 

Die Zulassungszahlen für Elektroautos steigen. Hat die Brennstoffzelle noch eine Chance?

Mit der Umstellung auf batterieelektrische Antriebe können Pkw schneller klimafreundlicher werden. Es gibt jedoch viele Verkehrsarten, auf die das nicht zutrifft. Insbesondere im Langstrecken-Güterverkehr auf der Straße und für die internationale Schifffahrt ist unserer Meinung nach die Brennstoffzelle in vielen Fällen die bessere Alternative.

 

Also in Nischenmärkten?

Nein, wir reden außerhalb des Pkw-Sektors über einen weltweiten Markt mit einer Größe von circa 400 Milliarden Euro. Ab 2024 sind unsere Lösungen serienreif, um diesen gewaltigen Markt zu erschließen.

 

Wie wollen Sie das angehen?

Die Freudenberg-Gruppe entwickelt und produziert seit den 1990er-Jahren Schlüsselkomponenten für Brennstoffzellen. Durch Zukäufe konnten wir das System-Know-how so weit verstärken, dass wir jetzt mit namhaften Partnern wie FlixBus, Lürssen und der Meyer Werft die Felderprobung starten. Bereits 2022 werden wir ein erstes Kreuzfahrtschiff mit einem Brennstoffzellensystem ausstatten.

 

Was unterscheidet Ihre Brennstoffzellensysteme von Wettbewerbslösungen?

Ein Brennstoffzellensystem für einen schweren Lkw muss bis zu 35.000 Betriebsstunden absolvieren. Im maritimen Bereich werden bis zu 50.000 Stunden gefordert – das ist ein Vielfaches mehr als ein Pkw-Antriebssystem erfüllen muss. Die dafür notwendige Robustheit ist nur durch tiefes Verständnis der Komponenten zu erreichen. Das haben wir schon deshalb, weil wir alle Kernkomponenten selbst entwickeln und fertigen.

 

Allerdings gilt die Brennstoffzelle immer noch als zu teuer.

Es gibt zwei wesentliche Hebel, die Zellkosten deutlich zu senken. Erstens gilt es, die Menge des Katalysatormaterials – vor allem Platin – zu reduzieren, ohne dass die Leistungsfähigkeit der Zellen leidet. Zweitens werden die Zellen in Zukunft hochautomatisiert in einem Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellt. Freudenberg produziert seit mehr als zehn Jahren auf einer Rolle-zu-Rolle-Anlage sogenannte Gasdiffusionslagen, eine Kernkomponente der Brennstoffzelle.

 

Wie sieht es mit den Systemkosten aus?

Jedes Brennstoffzellen-Fahrzeug hat immer auch einen Elektroantrieb und einen Batteriespeicher an Bord. Wenn man das Gesamtsystem hinsichtlich der Kosten optimieren will, sollte man die Betriebsanforderungen kennen. Das genau ist unsere Stärke, schließlich liefert Freudenberg seit Jahrzehnten Komponenten für alle Fahrzeuge – von Supersportwagen über den Baustellen-Lkw bis zum 400-Meter-Containerschiff.

 

Glauben Sie wirklich daran, dass Schiffe künftig mit Wasserstoff betrieben werden?

Für viele große Schiffe wird die Brennstoffzellen-Technologie bereits vor 2030 die dominante Antriebstechnologie sein. Um schwere Schiffe anzutreiben, reicht die volumetrische Energiedichte von Wasserstoff allerdings nicht aus. Wir haben daher ein modulares Komplettsystem entwickelt, das es ermöglicht, den Wasserstoff an Bord aus Methanol oder Flüssiggas zu erzeugen. Werden solche Kraftstoffe synthetisch aus regenerativen Energien hergestellt, ermöglichen sie einen komplett klimaneutralen Schiffsbetrieb.

 

Wie offen sind Sie für Partnerschaften?

Mit Lürssen, der Meyer Werft und FlixBus haben wir bereits starke Partner. Auf dem Weg in die Industrialisierung steigt der Kapitalbedarf, da können weitere Partnerschaften sinnvoll sein. Für Gespräche sind wir grundsätzlich offen.


 www.ffcps.com

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