Elektromobilität der Extraklasse

Auf deutschen Straßen könnte es deutlich mehr Elektrofahrzeuge geben, ist Thomas Rück überzeugt. Er erklärt, was heute bereits möglich ist.
Thomas Rück Inhaber des Kompetenz Zentrum eMobilität und erneuerbare Energien
Kompetenz Zentrum eMobilität und erneuerbare Energien Beitrag

Herr Rück, e-Mobilität ist derzeit in aller Munde. Einen wirklichen Durchbruch erleben wir aber noch nicht. Woran liegt das?
Die breite Akzeptanz der Bevölkerung fehlt – vor allem aufgrund einer vernünftigen Nutzbarkeit der Systeme. In den Köpfen vieler Menschen sind Elektrofahrzeuge mit langen Ladezeiten und kurzen Reichweiten verknüpft. Das ist jedoch ein Bild aus der Vergangenheit. Schnellladestationen brauchen für das ‚Auftanken‘ inzwischen nur noch knapp sieben Minuten und die Reichweiten sind heute auf bis zu 700 Kilometer ausgelegt. Hinzu kommen eine innovative Speicher- und Batterietechnik sowie die stetig wachsende Anzahl an europaweiten Ladestationen. Elektromobilität wird also zunehmend attraktiver.

 

Zudem gibt es auch jede Menge Investitionsanreize.
Das ist richtig. Der Ausbau von erneuerbaren Energien und Elektromobilität wird sowohl von der EU als auch von der Bundesregierung gefördert. So wird beispielsweise unser eigens entwickeltes DGEE-Konzept – DGEE steht für Dezentrales Gesamtkonzept Erneuerbarer Energien – von der EU mit bis zu 50 Prozent der Investitionskosten bezuschusst.
Bundeslandabhängig gibt es weitere Bezuschussungen sowie die Möglichkeit einer 100-prozentigen Finanzierung durch die KfW. Solch hohe Zuschüsse ermöglichen eine Rendite, die für Unternehmen und sogar Privatleute interessant wird.

 

Können Sie ihr DGEE-Konzept näher erläutern?
Vereinfacht ausgedrückt, sorgt es als erstes Konzept überhaupt dafür, dass alle Komponenten der erneuerbaren Energien so integriert werden, dass die Energie, die lokal benötigt wird, auch produziert und gespeichert werden kann. Die Besonderheit an unserem System: Es ist völlig autark. Ziel ist es daher, auf jedem Dach Photovoltaikanlagen zur Stromgewinnung zu installieren. Darin integriert ist ein Stromspeicher zur Selbstversorgung. Der überschüssige Strom kann anschließend beispielsweise an die lokalen Ladesäulen vermarktet werden. So wird selbst das Carportdach oder der Balkon einer Mietswohnung über Balkonmodule zum kleinen dezentralen Energieerzeuger.

 

Da ist jedoch noch nicht Schluss. In Ihrer Vision sollen auch Straßen oder Radwege Energie erzeugen. Wie sieht das konkret aus?
Statt der klassischen Asphaltdecke liegt auf unseren Straßen der Zukunft der einzigartige Solmove Solarteppich. Das müssen Sie sich vorstellen wie einen Rollrasen, der einfach auf der vorhandenen Fahrbahn ausgerollt wird. Krümmungen und Kurven passt er sich automatisch an. Die Solmove Solarfliesen sind bruch- und rutschfest, sodass Autos, Fahrräder und natürlich auch Fußgänger sicher darauf unterwegs sind. Zudem sind die Fliesen selbstreinigend, absorbieren Schall und bauen Stickoxide ab.

 

Und diese Solarfliesen als Straßenbelag produzieren Strom?
Genau, etwa 100 Watt pro Quadratmeter. Damit Sie sich einmal die Dimensionen vorstellen können: Ein einziger Kilometer auf einer Landstraße reicht aus, um 150 Haushalte mit Strom zu versorgen. Der Solmove Solarteppich kann aber noch viel mehr. Induktives Laden – also quasi die Direktbetankung der Fahrzeuge – ist künftig ohne Kabel über die Fahrbahn möglich, was die E-Mobilität auf ein ganz anderes Komfortlevel heben würde. Zudem ließe sich eine solche Solarstraße auch ganz leicht mit modernster Kommunikations- und Verkehrstechnik ausstatten, ist für alle denkbaren Applikationen vorbereitet und damit garantiert eine sichere Investition in die digitale Zukunft der Mobilität. Das Gesamtkonzept wird derzeit auf der Fageralm in Österreich mit allen Gebäuden und Zuwegungen umgesetzt. Ebenso im nächsten Jahr im Feriendorf Seemotion in Hessen.

 

 

www.e-kompetenz.eu

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Technologie
Juni 2023
Illustration: Till Lukat
Redaktion

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