Es ist eine interessante Stimmung, die der Digitalverband Bitkom in einer repräsentativen Umfrage unter 603 Unternehmen ab 20 Beschäftigten jetzt im März eingefangen hat. Denn laut Umfrageergebnissen zeigt sich die deutsche Wirtschaft durchaus selbstkritisch in puncto Digitalisierung. 82 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, dass eine zögerliche Digitalisierung durchaus zur aktuellen wirtschaftlichen Krise im Land beigetragen hat. 73 Prozent sagen, durch zu langsame Digitalisierung habe die deutsche Wirtschaft Marktanteile verloren und 78 Prozent befürchten, ohne Digitalisierung werde Deutschland wirtschaftlich absteigen.
Und eine solche Einsicht ist ja bekanntlich der erste Schritt zur Besserung. Doch ganz so einfach, zeigt der Bitkom-Puls, ist es aktuell nicht. Denn erstmals gibt eine Mehrheit (53 Prozent) der Unternehmen an, Probleme bei der Bewältigung der Digitalisierung zu haben.
HILFE VON AUSSEN
Dass sich viele Unternehmen den Herausforderungen der digitalen Transformation aktuell nicht gewachsen sehen, ist nachvollziehbar. Das Tempo, mit dem neue Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Robotik ganze Branchen umkrempeln, ist immens. Und das kann gerade für diejenigen Unternehmen überwältigend sein, die ihre Basisarbeit in Sachen Digitalisierung noch nicht abgeschlossen haben.
Die logische Konsequenz ist da: Hilfe von außen. Statista rechnet vor, dass alleine in Deutschland mit IT-Beratung und -Implementierung im laufenden Jahr über vier Milliarden Euro umgesetzt werden. Allerdings gilt es, bei der Zusammenarbeit mit externen Beratungsunternehmen unbedingt auch Regeln im Hinterkopf zu behalten, wie Thomas Bail, Geschäftsführer der Hamburger Wolkenwerft, betont. Der Spezialist für Cybersecurity, Cloud-Computing und Consulting mahnt, dass Unternehmen nie komplett auf externe Ressourcen bauen sollten: „Externe Partner können Ressourcenengpässe nur bedingt lösen. In den unterschiedlichen Phasen werden in der Regel unterschiedliche Ressourcen benötigt. Wichtig ist vor allem eine Bauherrenkompetenz im Unternehmen zu haben.“
FÄDEN IN DER HAND BEHALTEN
Mit Bauherrenkompetenz meint Bail, dass es für Unternehmen wichtig ist, den Überblick zu behalten, damit der eingeschlagene Transformationsweg auch tatsächlich zum Unternehmen passt. Sich Unterstützung zu holen, entbindet die Verantwortlichen nicht von ihrer Pflicht, sich kritisch mit Technologie und Digitalisierung auseinanderzusetzen. Ansonsten laufen Unternehmen Gefahr, entweder die Katze im Sack zu kaufen oder komplett aufs falsche Pferd zu setzen. Und noch etwas betont der Experte: „Nach Abschluss einer Transformation sollte ein Unternehmen nicht mehr auf Externe angewiesen sein und die benötigten Ressourcen selbst aufgebaut haben.“ Unternehmen tun also gut daran, sich vor einer potenziellen Partnerschaft mit einem Beratungshaus genau zu überlegen, in welchen Bereichen welche externen Ressourcen in der aktuellen Transformationsphase wirklich einen Benefit liefern. Das kann bedeuten, sich einen Generalisten an Bord zu holen, der den Status quo analysiert und so beim Gesamtüberblick hilft. Das kann aber genauso gut bedeuten, dass ein Technologieexperte bei der Implementierung oder Cloud-Migration die bessere Wahl ist.
Wo Thomas Bail außerdem einen großen Vorteil von externen Beratern sieht: „Sie ermöglichen es, unbequeme Wahrheiten an- und auszusprechen, was internen Mitarbeitern meist nicht gelingt.“ Und er betont darüber hinaus die Bedeutung von Change Managern, die, ebenfalls von außen kommend, die nötige Neutralität wahren können, um die Belegschaft von den notwendigen Veränderungen zu überzeugen. Denn ohne eine gewisse Begeisterung der Belegschaft, dass der eingeschlagene Weg langfristig Erfolg verspricht, auch wenn die Veränderung dafür zunächst mühsam erscheint, scheitern viele Transformationsprozesse tatsächlich.
Das Change Management muss also mindestens genauso zielgerichtet gesteuert werden, wie die technische Umsetzung der Digitalisierung. Bail rät Unternehmen deshalb, sich stets eine Frage zu stellen: „Was können Externe, was die eigenen Leute nicht oder nur schwer umsetzen können?“
DATEN NUTZBAR MACHEN
Das Gute an der digitalen Transformation: Sie verschafft Unternehmen Zugang zu Daten, die wiederum – richtig genutzt – viele wertvolle Einblicke in Prozesse und damit die Geschäftsentwicklung bieten. Mit einer solchen „Business Intelligence“ wird die Steuerung des weiteren Transformationsweges deutlich einfacher. Und auch hier kann externe Beratung wesentlich dazu beitragen, den Analyseprozess mit den richtigen Tools aufzusetzen und vielleicht sogar mit Big-Data-Lösungen zu verbinden. Denn während Business Intelligence vorhandene Daten dazu nutzt, Geschäftsabläufe zu optimieren, setzt Big Data auf Datenexploration – hebt also den Datenschatz, der noch ungenutzt im Unternehmen schlummert. Externe Beratung kann deshalb für die schon relativ etablierte Nutzung von Daten sinnvoll sein, weil sich hier aktuell durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung vieles verändert – unter anderem auch die Anforderungen an die Belegschaft, beispielsweise im Controlling. Eine kontrollierte Begleitung durch diesen Change Prozess – durch Schulungen und Fortbildungen – führt in der Regel deutlich schneller dazu, dass sich Investitionen in neue Lösungen und Technologien für die Unternehmen amortisieren.
Dass Big Data genau wie KI in Zukunft eine große oder sogar sehr große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen hat, sagen auch 97, respektive 90 Prozent der vom Digitalverband Bitkom befragten Unternehmen. Entsprechend gilt es, in diesen Bereichen möglichst schnell in die Umsetzung zu kommen, betont auch Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. Wenn das mit externer Unterstützung schneller gelingt – perfekt. Ansonsten rät Wintergerst gerade mit Blick auf neue Technologien: „Loslegen, ausprobieren und machen sollte unser Ansatz sein.“