Bestmögliche Versorgung

Forum der Akteure

Oktober 2022 Die Zeit Zukunft Medizin

»Informationssicherheit ist zu einer notwendigen Voraussetzung für den Klinikalltag geworden.«

Markus Holzbrecher-Morys Geschäftsführer IT, Datenaustausch & eHealth bei Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.

Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet enorme Chancen, ist gleichzeitig aber mit neuen Risiken verbunden. Verschlüsselte Daten der elektronischen Patientenakte (ePA) gelangen bis zum Arbeitsplatz der Behandelnden und werden vorbei an bisherigen Sicherheitsmechanismen zu einer neuen Bedrohung für die IT-Sicherheit. Soll Digitalisierung gelingen, müssen Daten, Prozesse und Systeme sicher sein, um die Patientensicherheit und Behandlungseffektivität nicht zu gefährden.

So einheitlich die Ziele der Informationssicherheit sind – je nach Branche bestehen doch völlig unterschiedliche Rahmenbedingungen für die Umsetzung. Die Absicherung von Systemen im Banken- und Versicherungssektor ist mit den Anforderungen im Medizinprodukterecht kaum vergleichbar. Mit der Vorstellung eines branchenspezifischen Sicherheitsstandards („B3S“) im Jahr 2018 hat die DKG die für Krankenhäuser wichtigen Anforderungen zusammengefasst und die Eignung dieser Maßnahmen durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bestätigen lassen. Mit Version 1.2 des B3S, die aktuell noch durch das BSI geprüft wird, wurden die Anforderungen an die Erfahrungen aus zwei Jahren Umsetzungszeit aufgenommen und die Handhabbarkeit des Standards verbessert. Gleichzeitig haben die Arbeiten an der nächsten Version 2.0 bereits begonnen: Mit den künftig verpflichtend umzusetzenden Maßnahmen zur digitalen Einbruchserkennung stehen den Krankenhäusern die nächsten Anforderungen an die Absicherung ihrer Systeme ins Haus.

Informationssicherheit ist zu einer notwendigen Voraussetzung für den Klinikalltag geworden. Nicht jedes Krankenhaus kann dabei die Flut von Anforderungen noch selbst bewältigen. Inzwischen wachsen vor allem regionale Netzwerke und Lösungen heran, bei denen sich Kliniken, Industrie und Behörden gegenseitig in der Umsetzung unterstützen, um das Ziel sicherer Infrastrukturen zu erreichen.

www.dkgev.de

Oktober 2022 Die Zeit Zukunft Medizin

»eHealth-Anwendungen sollten nicht einfach nur digital, sondern auch praktikabel sein.«

Dr. Florian Hartge Chief Production Officer gematik GmbH

Wenn wir Anwendungen für das Gesundheitswesen für die „Jetzt-Zeit“ und für die Zukunft fit, sprich digital, machen, dann steht eine klare Grundhaltung dahinter: Die Anwendung muss überzeugend sein. Nur so wird sie auch genutzt, nur so wird die Gesundheitsversorgung durch digitale Medizin verändert und, ja, auch verbessert. Denn Schnittstellen und neue Dimensionen tun sich auf, indem Informationen und weitergehende Analysen möglich werden, die bisher durch Silodenken, technische Insellösungen oder sektorale Grenzen keine breite Durchschlagskraft hatten und sich somit nicht flächendeckend durchsetzen konnten. Das hat zu einem der hintersten Plätze für Deutschland bei eHealth-Lösungen in Europa geführt.

In der gematik sind wir überzeugt, dass nur bundesweit einheitliche und überzeugende Lösungen dieses Ranking ändern können und arbeiten konsequent daran. Wir wollen verbindliche und international anerkannte Standards zugrunde legen, damit digitale Anwendungen aus Deutschland kompatibel mit unseren Nachbarn sind. Und wir wollen nutzerorientierte Anwendungen, die den medizinischen Alltag leichter statt komplizierter machen. Natürlich gilt es dabei, das hohe Sicherheitsniveau zu beachten, das die sensiblen Gesundheitsdaten erfordern und verdienen.

Daher ist es gut und wichtig, dass zentrale Anwendungen wie etwa das E-Rezept oder die elektronische Patientenakte von einer neutralen Institution konzipiert werden. Dafür steht die gematik. Durch ihr Tun wird eine breite gesellschaftliche Teilhabe an der Gesundheitsversorgung möglich. Diese Anwendungen sollten am Ende nicht „einfach nur“ digital, sondern auch praktikabel sein. Dafür sind alle beteiligten Akteure im Gesundheitswesen gemeinsam verantwortlich. Denn es geht um die bestmögliche Gesundheitsversorgung für die Menschen.

www.gematik.de

Oktober 2022 Die Zeit Zukunft Medizin

»Die Herstellung von Generika muss sich wieder rechnen.«

Bork Bretthauer Geschäftsführer Pro Generika e. V.

Frauen, die um ihr Brustkrebs-Arzneimittel bangen. Kinder, die ihren Fiebersaft nicht erhalten. Menschen, die von Apotheke zu Apotheke ziehen und nach ihrem Medikament fragen. Panikmache? Nein, Fakt. Leider. Zehn Jahre ist es her, dass wir in Deutschland erstmals einen Versorgungsengpass bei Arzneimitteln erlebten: Damals wurde ein Krebsmedikament knapp. Und es gab Menschen, deren Chemotherapie verschoben werden musste. Ein Weckruf war das für uns als Verband. Für andere offenbar nicht.

Lieferengpässe sind inzwischen normal geworden. Und selbst an Versorgungsengpässe haben wir uns fast schon gewöhnen müssen. Anfang des Jahres wurde wieder ein Krebsmedikament knapp. Tamoxifen verhindert bei Frauen, die an einer bestimmten Brustkrebsart erkrankt sind, dass die Krankheit nach erfolgreicher Therapie wieder ausbricht. Das Arzneimittel ist essenziell und nicht zu ersetzen: ein Drama für die Betroffenen, die ohnehin in der Angst leben, dass der Krebs zurückkommt. Wie kann es sein, dass die Krankenkassen so wenig für Generika bezahlen, dass sich deren Herstellung nicht mehr rechnet? Dass wir als Gesellschaft ausgerechnet an der Grundversorgung sparen? Dass die Politik das Problem nicht anpackt?

Generika decken in Deutschland rund 80 Prozent des Arzneimittelbedarfs. Für die Tagesdosis erhält ein Hersteller sechs Cent. Blutdrucksenker gibt es für einen Cent, ein Cholesterinsenker bringt vier Cent. Die Folge: Immer weniger Hersteller bleiben im Markt. Beim Fiebersaft mit Paracetamol ist bloß noch ein einziger Hauptanbieter übrig. Er versucht derzeit, die sprunghaft gestiegene Nachfrage zu bedienen und macht dabei noch ein Verlustgeschäft. Es braucht jetzt Anreize für Unternehmen. Die Generika-Produktion muss sich wieder rechnen. Erst wenn wir wegkommen vom Discounter-Prinzip, erlangen wir die stabile Versorgung zurück, auf die Patientinnen und Patienten ein Anrecht haben.

www.progenerika.de