Katja Kessler ist als frühere Klatschkolumnistin der Bildzeitung vielen Menschen noch ein Begriff. Auch als Ehefrau von Kai Diekmann, ehemaliger Chefredakteur desselben Titels, ist sie bekannt. Weniger bekannt ist ihre aktuelle Tätigkeit als Innendesignerin. Dabei ist sie darin recht erfolgreich: Für die Ausstattung ihres Familiendomizils, einer denkmalgeschützten Villa auf der Ostseeinsel Usedom, hat sie im vergangenen Jahr den renommierten Award der Society of British & International Interior Design (SBID) erhalten.
„Recycelte, gebürstete Kiefernholzböden, alte Getreidesäcke als Couchbezüge und vom Putz befreite Ziegelwände verleihen dem Ort einen einzigartigen Fingerabdruck“, so die SBID. „Alte und moderne Elemente wurden sorgfältig arrangiert, um den denkmalgeschützten Charakter des Gebäudes mit den Annehmlichkeiten eines modernen Familienhauses zu verbinden.“ Die Villa auf dem Kulm, einem Hügel mit Meerblick nahe Heringsdorf, sei heruntergekommen gewesen, erzählt Katja Kessler in einem Video des Online-Möbelhändlers Westwing. Sie entfernte im Erdgeschoss alle Wände, um eine offene Wohnküche zu schaffen. Glaswände dienen als Raumtrenner, flauschige Kissen und kuschlige Decken auf den Sofas treffen auf massive Holztische, eine luftige, skulpturenartige Deckenleuchte auf einen verspiegelten Kamin im Zentrum des Raums.
Alte Möbel und neue, Trödel und Designerstücke zusammen in einem offenen Wohnraum – das ist nicht jedermanns Sache. Aber es passt zum allgemeinen Trend, der die persönlichen Vorlieben zum Ausdruck bringt: „2024 ist das Jahr, in dem wir sterile Umgebungen hinter uns lassen und uns stattdessen mit Dingen umgeben, die uns und unsere Liebsten tatsächlich zum Ausdruck bringen“, sagte der Interiordesigner Martin Brudnizki im Interview mit der Vogue. „Think dark woods, luxurious soft textures, and traditionally shaped furniture“, schrieb das New Yorker Leitmedium in seiner Januarausgabe. Das Magazin Architectural Digest (AD) sieht einen Trend zum Romantischen, der aber nicht kitschig sein soll: „Bye-bye, All-White“, lautet demnach das Motto. Der sterile Minimalismus gehöre der Vergangenheit an. Dabei lasse sich eine Tendenz weg vom unkontrollierten Eklektischen hin zum Romantischen beobachten, so AD. „Auf den Wänden ranken florale Tapeten, Sitzmöbel und Vorhänge schmücken blumige Prints und märchenhafte Motive.“
„Quiet Luxury“ sei im Kommen, der Trend zum „leisen Luxus“. Sprich: alles Edle, Luxuriöse und Hochwertige, das seinen Wert auf stille Art in sich trägt. „Große Logos und Embleme sind hier fehl am Platz, vielmehr zeigt sich „Quiet Luxury“ in hochwertigen Materialien, feinster Verarbeitung und schlichten Farben und Formen“, so AD. Dazu gehöre auch der Trend zum Holz. Um Wohnlichkeit zu kreieren, komme man an Holzelementen kaum vorbei – ob der Esstisch und die Kommode, das frisch geölte Parkett, der knarzende Dielenboden oder gar gleich die ganze Wand. „Und während helle Eiche wohl immer einen Platz in unserem Herzen einnehmen wird, so feiern 2024 dunkle Holztöne ihr Comeback. Dieser Trend setze sich fort: Warmes Schokobraun, ein cremiges Karamell oder ein zartes Latte-Beige – der Farbton Braun sei in aller Munde, egal ob als Tapete, Gardine oder Teppich.


Und die Technik? Ohne Fernseher und Soundanlage sind moderne Wohnzimmer ja kaum denkbar. Unauffällig sollten sie sein und sich harmonisch in das Interieur einfügen. Kein Wunder, dass das Magazin Schöner Wohnen einen Fernseher der Marke Samsung zum Lieblingsstück kürt, der in der Lage ist, das Display per Ambient-Einstellung mit der dahinter liegenden Wand zu verschmelzen und der so beinahe unsichtbar wird. Oder einen anderen, der mit einem Rahmen in Holzoptik nicht nur die Wand ziert, „sondern mit über 100 vorinstallierten Kunstwerken das Wohnzimmer in eine Galerie verwandelt“. Oder die TV-Geräte sind wegklapp- oder einfahrbar. Wie der „Rollable TV“ von LG. Der lässt sich mit seinem biegsamen OLED-Display vollständig in die darunter montierte Soundbar einfahren.
Gegentrend: Die Fernseher sind so gestaltet, dass sie aussehen wie ein eigenes Kunstwerk. Dann bilden sie das Zentrum des Raums und sind Designerstücke. So wie der Standfuß-Fernseher von Loewe, der aussieht wie eine Staffelei. Andere TVs zeigen ihre Fähigkeiten erst im laufenden Betrieb. Etwa die mit vierseitigem Ambilight versehenen Philips-Fernseher. Sie tauchen den Hintergrund in ein Licht, das wie eine Erweiterung des Displays wirkt und Zuschauern das Gefühl vermittelt, als säßen sie in einem opulent beleuchteten Theater.
Die Symbiose eines Soundsystems mit einem Fernseher geht die Marke Bang & Olufsen ein. Ihr Beovision Harmony besteht aus zwei Lautsprechern, die im ausgeschalteten Zustand das Display des Fernsehers verdecken. Wird der Fernseher eingeschaltet, klappen die Lautsprecher nach unten und geben den Blick frei, „gleich einem Schmetterling, der seine Flügel entfaltet“, so der Werbetext.
Guter Klang für das Wohnzimmer – das funktioniert störungsfrei wohl nur dann, wenn es sich von den anderen Räumen, von Küche und Schlafzimmer, abtrennen lässt. Wer aber, wie Katja Kessler, offene Räume bevorzugt, sollte den Hörgenuss vielleicht besser mittels Kopfhörern ausleben. Inzwischen gibt es Kopfhörer, die weder in den Gehörgang gesteckt werden müssen noch auf dem Ohr aufliegen. Bei so genannten „Open-Ear-Kopfhörern“ bleiben die Ohren komplett frei, stattdessen sitzen die Kopfhörer leicht nach oben versetzt über dem Gehörgang, sodass Umgebungsgeräusche weiterhin wahrgenommen werden können.
Katja Kessler verliert über die Technik in ihrem Ostsee-Idyll keine Worte. Doch dass sie vorhanden ist, davon kann man ausgehen. Aufmerksame Zuschauer können sie im Video entdecken. In einer totalen Einstellung auf das Wohnzimmer sieht man, dass in die eine Seite des verspiegelten Kaminabzugs ein Gerät eingelassen ist: Es ist ein großer, schwarzer Fernseher mit einer darunter montierten Soundbar. Passend zu Kesslers Stil: In ihr Interior Design soll sich Technik möglichst unauffällig einfügen.