Kaum etwas haben Menschen während der Corona-Beschränkungen so vermisst wie das Reisen. Kein Wunder, denn Forscher haben herausgefunden, dass rund 20 Prozent der Menschen ein Gen in sich tragen, das noch von den Jägern und Sammlern unserer nomadisierenden Vorfahren aus Asien und Afrika stammt. Es beflügelt Neugier und Wanderlust. Diese Bedürfnisse lassen sich heutzutage auf sozial kompatiblem Wege am ehesten im Urlaub befriedigen. Laut der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen ist der Urlaub immer noch das zweitwichtigste Konsumgut der Deutschen hinter Lebensmitteln. Der Anteil der Bundesbürger, die im vergangenen Jahr eine Reise von wenigstens fünf Tagen Dauer unternommen haben, erreichte mit 61 Prozent das Vor-Corona-Level. Allerdings zeigte sich wie beim sonstigen Konsumverhalten eine einkommensabhängige Diskrepanz. Von den Geringverdienern mit einem Netto-Haushaltseinkommen von weniger als 1.500 Euro pro Monat konnte oder wollte sich nicht einmal jeder Dritte eine Reise leisten. Dagegen fuhren 83 Prozent der Besserverdiener mit einem Haushaltsnettoeinkommen von über 5.000 Euro in den Urlaub. Wohin die Reise geht, bestimmen Geldbeutel und individueller Geschmack. Doch wenn man sich für eine bestimmte Gestaltung entschieden hat, soll diese auch mit Sicherheit klappen. Nach Jahren der Last-Minute-Schnäppchenjagd liegt daher wieder das möglichst frühe Buchen im Trend. So meldet Europas umsatzstärkster Reisekonzern TUI, dass sich die Zahl der Frühbucher gegenüber 2023 um ein Viertel erhöht habe; das ist vor allem bei begehrten Zielen der Mittelstrecke wie Mallorca und Antalya notwendig, will man ein Zimmer im Lieblingshotel ergattern. Bei den Fernzielen haben
»Morgens Fango, abends Tango«
Gottlieb Wendehals
laut TUI immer noch die USA den Spitzenplatz inne, gefolgt von den Malediven und Thailand, Kanada und Mauritius. Doch nicht nur das Ziel ist entscheidend. Auch die Art der Anreise sowie der Erlebniswert des Aufenthalts spielen eine große Rolle. Die Kombination aus verschiedenen Reisekomponenten wiederum beweist erneut, dass die früher übliche Einteilung in feste Kundentypen wie Pauschalreisende, Individualtouristen und Backpacker passé ist; das Fachmagazin fvw hat schon vor Jahren festgestellt, dass das reisefreudige Individuum den „Alles-muss-möglich-sein“-Urlaub wünsche; vielleicht nicht alles vereint in einer Reise, aber doch bei verschiedenen Reisen nacheinander. Auch im Tourismus ist der hybride Verbraucher auf dem Vormarsch, der mal den schnellen Wochenend-Billig-Trip mit Kumpels nach Mallorca bucht und kurz darauf eine exklusive Glamping-Reise, also eine Luxus-Campingreise, etwa organisiert vom Spezialreiseveranstalter Take Memories. Er entführt abenteuerlustige Urlauber zum Beispiel in den exotischen Wüstenstaat Oman. Dort warten Reitausflüge auf dem Dromedar, Baden in der Oase und Übernachtungen im Luxuszelt für moderne Nomaden; die Szenerie erinnert an den Hollywood-Film Lawrence von Arabien mit dem legendären Frauenschwarm Omar Sharif, hingebettet auf wertvolle Teppiche, umgeben von dienstbaren Geistern und umhüllt mit einer Wolke von Weihrauch, wenn abends der Sound der Mirwas, der Handtrommeln, vom Lagerfeuer herüberweht.