Digitale Zukunft

Die Redaktion befragt Akteure zur Digitalisierung der deutschen Wirtschaft.
November 2016 WirtschaftsWoche Economy 4.0

»Datengetriebene Geschäftsmodelle sind die Zukunft unserer Wirtschaft.«

Dr. Oliver Grün Präsident; Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi)

Die deutsche Wirtschaft ist bekannt für ihr produzierendes Gewerbe und Qualität „Made in Germany“. Im Zuge der Digitalisierung wird es aber immer wichtiger, auch die bei der Nutzung der Produkte anfallenden Daten auszuwerten und zur Entwicklung von ergänzenden und neuen Geschäftsmodellen zu verwenden. Bisher gibt es allerdings keine Regelungen zum Besitz und der Nutzung nicht-personenbezogener Daten, wie sie unter anderem in der Industrie 4.0 entstehen. Für einen offenen, innovativen Markt mit datengetriebenen Geschäftsmodellen sind diese aber unverzichtbar. Hersteller und Nutzer datenproduzierender Maschinen sollten gleichermaßen das Recht bekommen, die Daten zu nutzen. Dies ist besonders für KMU wichtig, die in Vertragsverhandlungen mit Konzernen ansonsten häufig das Nachsehen und keinen Zugriff auf die Daten haben. Nur mit einem beidseitigen Recht auf Datennutzung wird sichergestellt, dass KMU nicht der Marktmacht der Konzerne unterliegen, datengetriebene Geschäftsmodelle der Zukunft erfinden und somit weiterhin eine treibende Innovationskraft unserer Wirtschaft sein können.

www.bitmi.de

November 2016 WirtschaftsWoche Economy 4.0

»Unternehmer sind unsere Zukunft.«

Mario Ohoven Präsident; Bundesverband mittelständische Wirtschaft BVMW

Immer weniger Bundesbürger starten in die Selbstständigkeit. Seit Jahren geht die Zahl der gewerblichen Neugründungen zurück. Hierfür gibt es mentale und objektive Gründe. Die Mehrzahl der Deutschen sucht Sicherheit. Nur wenige wollen die Risiken des Unternehmertums tragen. Die Politik erleichtert nicht gerade die Entscheidung für die Selbstständigkeit. Es fehlt an attraktiven steuerlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapitalgeber. Auch bei bürokratischen Prozessen gibt es Verbesserungspotenzial. Allein um ihre steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen, haben deutsche Mittelständler im Schnitt einen Zeitaufwand von 218 Stunden im Jahr – in der Schweiz sind es 63 Stunden. Hinzu kommt die Abgabenlast. Laut Weltbank liegt die Belastung mittelständischer Unternehmen weltweit im Schnitt bei 40,9 Prozent. Unsere Mittelständler müssen fast 49 Prozent schultern. Deshalb braucht Deutschland eine Politik für eine neue Gründerzeit. Der Mittelstand muss entlastet werden: weniger Steuern, Abgaben und Bürokratie. So sichern wir unsere unternehmerische Zukunft.

www.bvmw.de

November 2016 WirtschaftsWoche Economy 4.0

»Deutschland hat Nachholbedarf im Bereich IT-Sicherheit.«

Dr. Holger Mühlbauer Geschäftsführer; TeleTrusT –  Bundesverband IT-Sicherheit e.V.

Das Sammeln und Analysieren von Daten wird in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Damit steigen auch die Anforderungen in den Bereichen Datenschutz und Datensicherheit. Die Angriffsflächen der IT- und Internettechnologie werden durch komplexere Software und kompliziertere Zusammenhänge zwischen Protokollen, Diensten und Infrastrukturen vielfältiger und deutlich größer. Wie anfällig der weltweite Datenverkehr inzwischen für Störungen geworden ist, zeigt auch die aktuelle Cyber-Attacke auf den US-amerikanischen DNS-Provider Dyn. Hierbei wurden vernetzte Haushaltsgeräte aus dem sogenannten Internet of Things so manipuliert, dass weite Teile des US-Internets lahmgelegt waren. Deutschland hat, was die aktuelle IT-Sicherheitssituation anbelangt, noch dringenden Nachholbedarf. Insbesondere die Methoden zur Abwehr von Cyberangriffen sind noch zu ineffizient. Aber auch im traditionell starken Bereich Datenschutz gibt es Verbesserungspotenzial. Angesichts der Gefahren von Big Data wäre ein gesellschaftlicher Dialog und eine Chancen-/Risikenabwägung wünschenswert.

www.teletrust.de