»Obacht, Cyber-Kriminelle!«

Erpressungen, illegale Transaktionen, nicht erbrachte Leistungen: Die Kriminalität im Internet nimmt bedrohliche Ausmaße an. Auch Unternehmen sind betroffen.
Illustration: Adrian Bauer
Illustration: Adrian Bauer
Mirko Heinemann Redaktion

Die Zahlen sind erschreckend: Fast jeder zweite Internetnutzer, nämlich 47 Prozent, ist in Deutschland in den vergangenen zwölf Monaten Opfer von Cybercrime geworden. Die Vorfälle reichen von gefährlichen Virusinfektionen über Online-Betrug und Erpressung bis hin zu schweren Beleidigungen. Laut aktueller repräsentativer Umfrage des Digitalverbands Bitkom haben fast die Hälfte aller Betroffenen finanzielle Schäden davongetragen: 45 Prozent mussten entweder Hard- und Software ersetzen, auf bezahlte Leistungen verzichten oder waren Opfer illegaler Transaktionen.

Zunehmend geraten Mobilgeräte wie Smartphones ins Visier: Jeder vierte Smartphone-Nutzer hatte in den vergangenen zwölf Monaten einen Sicherheitsvorfall mit seinem Gerät. So führen spezielle Smartphone-Viren dazu, dass der Nutzer ausspioniert, aggressive Werbung angezeigt oder der Zugang zu den Geräten versperrt wird. Aus Sicht des Bitkom muss das Sicherheitsniveau im Internet weiter erhöht werden. „Wir müssen die technische Sicherheit von Geräten und Online- Diensten ständig verbessern und gleichzeitig das Bewusstsein der Nutzer für das Thema IT-Sicherheit schärfen“, so Bitkom-Präsidiumsmitglied Winfried Holz.

Auch Unternehmen sind vor Cyberkriminellen nicht sicher. Eine zunehmende Bedrohung sind Erpresser. Nach einer Umfrage der Allianz für Cybersicherheit hat jedes dritte Unternehmen in Deutschland bereits Erfahrungen mit Lösegeldsoftware, sogenannter Ransomware, gemacht. Dabei installieren die Erpresser eine Verschlüsselungs-Software im Netzwerk ihrer Opfer. Die Rechner werden verschlüsselt – wer wieder Zugriff auf seine Daten bekommen will, muss zahlen. Die Höhe der Schäden ist unbekannt, da viele Unternehmen sich nicht an die Behörden wenden.

Doch das Geschäft scheint sich für die Täter zu lohnen. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik verzeichnet jedenfalls immer mehr unmittelbare Geldflüsse, die in Zusammenhang mit Ransomware stehen. „Das Gefährdungspotenzial nimmt zu“, erklärte Bundesamtschef Arne Schönbohm Ende Oktober auf der Nürnberger IT-Sicherheitsmesse it-sa. Die Angriffe richten sich mittlerweile nicht mehr nur gegen Unternehmen und private Internetnutzer, sondern auch gegen öffentliche Einrichtungen. Anfang des Jahres hatte die Erpressung mehrerer Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen Schlagzeilen gemacht. Laut Schönbohm seien 60 Krankenhäuser betroffen gewesen.

„Staatliche Stellen müssen Vorbild sein in Bezug auf Datensicherheit“, heißt es in der „Cyber-Sicherheitsstrategie“ der Bundesregierung. Da Cyber-Kriminalität keine Grenzen kennt, setzt die Bundesregierung auf „ein abgestimmtes Instrumentarium auf nationaler und internationaler Ebene“.  Erst vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung ihre neue Cyber-Sicherheitsstrategie 2016 vorgestellt. Danach soll der Netzwerkverkehr besser überwacht werden, die öffentliche Verwaltung ihre IT-Systeme noch stärker schützen und die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Behörden verbessert werden. Eingreiftruppen bei den Sicherheitsbehörden sollen Angriffe und Probleme schnellstmöglich analysieren und beheben.

Wie aber könnte das Bewusstsein bei den Usern geschärft werden, um eine bessere und nachhaltige Gefahrenabwehr zu erzielen? Spaßvögel empfehlen, die Hersteller zu Aufklebern auf ihren Smartphones zu verpflichten. Ähnlich wie auf Warnschildern an manchen Weihnachtsmärkten „Achtung Taschendiebe!“, könnte auf den Smartphones stehen: „Obacht, Cyber-Kriminelle!“.

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