Schlaue Apps

Künstliche Intelligenz ist auch in der Finanzindustrie auf dem Vormarsch. Allerdings sind die Kunden bisher skeptisch, wenn sie denn merken, dass sie mit Maschinen sprechen.
Illustration: Daniel Balzer
Illustration: Daniel Balzer
Julia Thiem Redaktion

Erst traten Siri und später Alexa als Alltagshelfer in unser Leben und nun soll sich Ledgee um unsere Finanzen kümmern – bisher allerdings nur als Pilot in den USA. Egal, ob Sie also wissen wollen, wie hoch Ihr aktueller Kontostand ist oder wie viel Geld Sie in diesem Monat schon für Restaurantbesuche ausgegeben haben, für Antworten müssen Sie nur Chatbot Ledgee fragen – oder Sie bitten Alexa, sie möge sich bei Ledgee nach ihren Finanzen erkundigen. Das geht natürlich auch.


Ob einkaufen, Informationen beschaffen, Geld überweisen oder kommunizieren – Chatbots können all das auf Zuruf erledigen und verfügen zusätzlich über kognitive Fähigkeiten, auch künstliche Intelligenz genannt. Sie lernen also mit jeder Anwendung dazu, und ihre Nutzer besser zu verstehen. Gerade für Versicherungen und Banken wird der Einsatz von KI-Anwendungen immer spannender, wie Studien mittlerweile belegen. Dabei immer im Blick: Die Kunden. Neben den digitalen Assistenten, mit denen auch viele Institute hierzulande bereits Erfahrungen sammeln, ist vor allem eine spezielle Knowledge Management Software ins Interesse der Finanzbranche gerückt. Denn mit ihrer Hilfe lassen sich auch große unstrukturierte Datenmengen auswerten.

 

In Deutschland wird derzeit um die intelligente App des Berliner Banking-Startups N26 – vormals Number26 – ein großer Hype veranstaltet. In Kombination mit dem iPhone kann man so beispielsweise mit Paypal kommunizieren oder Geld an Freunde versenden. Seit Mai können N26-Kunden über eine Kooperation mit dem Zinsportal WeltSparen auch Festgeld via App anlegen.


Kritiker fragen sich allerdings, wofür Bankkunden neben den Apps, die Hausbanken ohnehin anbieten, solche „Spielereien“ benötigen. Und auch deutsche Kunden scheinen skeptisch, was den Einsatz von Technologien angeht, wie die aktuelle Legg Mason Global Investment Survey nun aufzeigt: 30 Prozent der sogenannten Millennials im Alter zwischen 18 und 35 Jahren nutzen für ihre persönlichen Finanzen Apps. Bei den Anlegern zwischen 36 und 74 Jahren sind es nur elf Prozent. Doch wenn es um den Kontakt mit der Hausbank geht, suchen den selbst bei den Digital Natives zwischen 18 und 35 Jahren gerade einmal fünf Prozent der Befragten via App.


Heißt das, der Vormarsch der künstlichen Intelligenz in der Finanzbranche scheitert am Widerstand der Kunden? Nicht unbedingt. Denn KI-Anwendungen im Hintergrund sorgen dank einer besseren Datenauswertung beispielsweise dafür, dass die Kundenansprache verfeinert oder Produkte noch besser auf die Bedürfnisse zugeschnitten werden können. Und wirklich intelligente Anwendungen zeichnen sich ohnehin dadurch aus, dass der Nutzer nicht mehr unterscheiden kann, ob er mit einem Menschen oder einer Maschine spricht. Bis dahin, sagt Dirk Elsner, Senior Manager Innovation und Digitalisierung bei der DZ-Bank, in seiner Capital-Kolumne, wird jedoch die Praxis zeigen, ob KI-Anwendungen die selbst gesteckten Erwartungen wirklich erfüllen können.

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