Mit neuem Schwung

Forum der Akteure I

Dezember 2024 Handelsblatt Perspektiven 2025

»Resilient für die deutsche Wirtschaft ins Jahr 2025«

Ralf Strehlau Präsident Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen

Zugegeben, die aktuelle wirtschaftliche Situation lässt auch den Consultingmarkt in Deutschland nicht kalt. Die aktuellen Polykrisen treffen auch die Unternehmens- und Personalberatungen, besonders Einzelberatungen haben es schwer. Der Umfang von Projekten wird von Kundenseite reduziert, auf einen späteren Zeitpunkt verschoben oder Themen gar nicht erst angegangen. Der vom BDU herausgegebene Geschäftsklimaindex der Consultingbranche ist im Q3 2024 das dritte Mal in Folge gesunken und entwickelt sich damit parallel zur Gesamtwirtschaft. Zum ersten Mal seit Beginn der Coronakrise 2020 liegen mehr Beratungen unter Budget als darüber. Dies zeigt, dass sich auch der Consultingmarkt nicht von der insgesamt negativen Entwicklung der Wirtschaft entkoppeln kann. 

Gleichzeitig ist die Situation eine Chance für die Beratungen, sich krisensicher aufzustellen und somit die Kunden bei ihren Herausforderungen zu unterstützen. Dies gelingt allerdings nur mit einem hohen Maß an Resilienz und Anpassungsvermögen in allen Bereichen und ist eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung der Unternehmen. Was ist zu tun? Natürlich müssen auch Consultants das eigene Geschäftsmodell und ihre Ablauf- und Aufbauorganisation überprüfen und anpassen. Das kann die Entwicklung von eigenen KI-Tools oder Verbesserungen der IT-Systeme sein, um Effizienzsteigerungen zu erzielen. Beratungsunternehmen passen kontinuierlich das eigene Leistungsportfolio an und intensivieren die Kundenbeziehungen. Das Thema ESG spielt eine zunehmend wichtigere Rolle für die Zukunft, da von Kunden zunehmend Nachhaltigkeitsberichte in Ausschreibungen gefordert werden. So stellen die Beratungen sicher, dass sie weiterhin den Veränderungsprozess in der deutschen Wirtschaft aktiv begleiten und die Unternehmen sicher durch die Krisen führen können.

www.bdu.de

Dezember 2024 Handelsblatt Perspektiven 2025

»Die Superpower hinter den Kulissen verstehen und nutzen«

Prof. Dr. Jutta Rump Botschafterin Initiative Neue Qualität der Arbeit

Dieses Jahr hat uns vor Augen geführt, dass es auf dem Arbeitsmarkt kein Entweder-oder gibt, sondern dass Personalkürzungen und Fachkräfteengpässe parallel stattfinden können. Was braucht es also, um mit dieser scheinbar paradoxen Situation umzugehen? Mein Tipp als erfahrene Ökonomin: eine neue Führungs- und Unternehmenskultur. Konkret heißt das, proaktiv im Betrieb zu schauen, in welche Richtung wird sich unser Produkt oder unsere Dienstleistung aufgrund von Strukturwandel und Digitalisierung verändern und welche Kompetenzen brauchen wir dafür im Team? Darauf folgt der nächste Schritt: Re- und Upskilling strategisch in der Personalentwicklung verankern. Beim Upskilling erweitern Mitarbeitende ihre Fähigkeiten, beim Reskilling erlernen Beschäftigte gänzlich neue Fähigkeiten, um neue Aufgaben zu erfüllen.

Wie das zum Beispiel im Bankensektor aussehen kann, der vor großen Veränderungen steht, erproben wir bei der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA). Das INQA-Experimentierraum-Projekt „Skilling@Banken“ legt den Fokus auf Resilienz durch bedarfsgerechte Kompetenzentwicklung. Weiterhin bleibt eine zeitgemäße Unternehmenskultur enorm wichtig für die Fachkräftebindung. Dazu zählen unter anderem ein positives Arbeitsumfeld, flexible Angebote und eine partizipative Kultur.

Falls Sie im neuen Jahr an Ihrer Führungs- und Unternehmenskultur arbeiten möchten, beherzigen Sie, dass der Veränderungswille dabei Teil der DNA werden muss. Seien Sie bereit, Arbeitsprozesse zu hinterfragen und Ressourcen bereitzustellen. Die Transformation müssen Sie nicht allein schaffen. Für kleine und mittlere Unternehmen bietet das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Programm INQA-Coaching wertvolle Unterstützung.

Nutzen Sie die Superpower hinter den Kulissen, die dafür sorgt, dass Ihr Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt und resilienter wird.

www.inqa.de

Dezember 2024 Handelsblatt Perspektiven 2025

»Deregulierungskampagne ist überfällig«

Stefan Genth Hauptgeschäftsführer Handelsverband Deutschland

Im Einzelhandel klingt das Jahr in diesen Wochen mit dem Weihnachtsgeschäft aus. Es ist für gewöhnlich die turbulenteste und in vielen Handelsbranchen auch umsatzstärkste Zeit des Jahres. Der Verlauf des Weihnachtsgeschäfts und der Verkaufstage rund um Silvester und Neujahr stellt im Handel letztlich die Weichen für den Auftakt des neuen Jahres 2025.

In einen erfolgreichen Jahreswechsel setzen Händlerinnen und Händler gerade in diesen von Unsicherheit geprägten Zeiten ihre Hoffnung, auch mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl. Nach dem Bruch der Ampelkoalition war es richtig, den Termin für die Neuwahlen vorzuziehen. Für die künftige Bundesregierung muss es darum gehen, mutige Impulse zu setzen und ein Umdenken in der Wirtschaftspolitik einzuleiten. Gefragt ist entschlossenes Handeln. Der Einzelhandel braucht verlässliche Rahmenbedingungen, mehr unternehmerische Freiheit und weniger Bürokratie, um zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland beitragen zu können.

Daher muss die Entwicklung immer neuer Dokumentations- und Berichtspflichten ein Ende haben. Vielmehr kommt es darauf an, konsequent Bürokratie abzubauen und Handlungsspielräume für Unternehmerinnen und Unternehmer wiederherzustellen. Eine echte Deregulierungskampagne auf nationaler und europäischer Ebene ist überfällig. Mit ihr kann die neue Bundesregierung dafür sorgen, dass Deutschland und Europa wettbewerbsfähig bleiben.

Ihren festen Platz auf der politischen Agenda muss auch die Vitalisierung der Innenstädte behalten. Nur mit gezielten Maßnahmen lassen sich städtebaulich attraktive und erreichbare Orte mit optimaler funktionaler Mischung und hoher Aufenthaltsqualität schaffen, die die Menschen zusammenbringen. Im nächsten Jahr und darüber hinaus stehen die politischen Entscheidungsträger vor großen Aufgaben. Vor uns allen liegt daher ein intensiver und richtungsweisender Jahreswechsel hinein in das Wahljahr 2025.

www.hde.de

Dezember 2024 Handelsblatt Perspektiven 2025

»Was Neuwahlen für Deutschland als Digitalstandort bedeuten«

Dr. Ralf Wintergerst Präsident Bitkom

Deutschland steht vor der Wahl einer neuen Bundesregierung, und das eröffnet auch in der Digitalpolitik Raum für einen Neustart. Der ist dringend nötig, ist doch von den 334 Digitalvorhaben der früheren Ampelkoalition nach drei Jahren nicht einmal ein Drittel abgeschlossen. Was muss also passieren?

In den letzten Jahren wurden die digitale Wirtschaft und ihre Partner und Kunden mit einer nie dagewesenen Fülle neuer Regulierungen überzogen. Allein aus Brüssel kamen in der letzten Legislatur 67 Einzelgesetze, Richtlinien und Verordnungen. Die wurden in Deutschland nicht eins zu eins umgesetzt, sie wurden meist verschärft, „Gold Plating“ nennt man das. Die in Deutschland einzigartig scharfe Umsetzung der DSGVO ist hier nur ein Beispiel von vielen. Damit muss Schluss sein. Wir brauchen Regulierung, das ist völlig klar. Aber wir brauchen Regulierung mit Augenmaß. Sie muss Chancen eröffnen – für die Unternehmen, ebenso aber für die Menschen in unserem Land. Und sie muss Investitionen anregen. 

Investitionen in Zukunftstechnologien tun Not, und hier sind zuallererst die Unternehmen gefordert. Ganz oben steht dabei die Künstliche Intelligenz. So bedeutend KI aber auch ist, sie sollte uns den Blick nicht verstellen auf andere digitale Innovationen, die jeweils für sich genommen enormes Potenzial haben. So zum Beispiel digitale Zwillinge und das Industrial Metaverse in der Fertigung, Virtual, Augmented und Mixed Realities im Mediensektor oder der Medizin, Quantum Computing in der Forschung, dem Finanzwesen oder dem Sicherheitssektor.

Investitionen in neue Technologien, in die digitale Transformation, in Bildung und digitale Teilhabe gehören in den Mittelpunkt politischen und unternehmerischen Handelns.Wenn es uns gelingt, Investitionen zu aktivieren, kann Deutschland weiter vorne mitspielen.

www.bitkom.org
 

Dezember 2024 Handelsblatt Perspektiven 2025

»Endlich loslaufen, einfach machen!«

Dirk Freytag Präsident Bundesverband Digitale Wirtschaft

Die Bundestagswahl 2025 kommt früher als geplant. Und der Druck auf Politik und Wirtschaft ist größer denn je. Ob wir wettbewerbsfähig bleiben, eine nachhaltige Transformation meistern und die Arbeit der Zukunft erfolgreich gestalten – all das hängt davon ab, wie entschlossen wir jetzt voranschreiten.

Stellen Sie sich einen Marathonläufer vor. Er plant sein Rennen. Prüft seine Strategie immer wieder. Geht sie am Start noch einmal durch. Dann kommt der Startschuss. Doch während die Konkurrenz längst rennt, ist er in Gedanken weiter bei seiner Planung. Dieser Marathonläufer ist Deutschland mit Blick auf die Digitalisierung.

Deutschland verfügt über weltweit anerkannte Forschungseinrichtungen, innovative Unternehmen und eine starke technologische Basis. Beste Voraussetzungen – auch für die Digitale Wirtschaft. Aktuelle Herausforderungen verlangen jedoch von der Politik, neue Wege zu gehen. Vor allem in Bezug auf Datennutzung.

Daten treiben Innovationen und Fortschritt voran. Sie schaffen neue Wachstumsfelder und zukunftssichere Arbeitsplätze. Kurz gesagt: Sie ermöglichen das, wovon Deutschlands Zukunft abhängt. Das Potenzial von Daten ist enorm, doch wir kommen nicht über den Startpunkt hinaus. Der Grund dafür ist unsere Haltung: Wir haben verlernt, Chancen und Risiken in ein ausgewogenes Verhältnis zu setzen. Wir haben verlernt, Verantwortung zu übernehmen und Zukunft zu gestalten. Besinnen wir uns auf beide Aspekte, steht die richtige Datennutzung im Fokus. Sie schafft Sicherheit und Innovation zugleich. 

Machen wir 2025 zum Jahr, in dem wir endlich loslaufen. Etablieren wir eine neue Datenkultur, die zukunftsgerichtet ist. Eine, die Mut für und Lust auf Zukunft macht. Eine, die Deutschland zukunftsfähig macht, bevor wir nicht mehr zu den anderen aufschließen können.

www.bvdw.de

Dezember 2024 Handelsblatt Perspektiven 2025

»Warum Deutschland mehr DeepTech-Start-ups braucht«

Niclas Vogt Head of Communications Startup-Verband

DeepTech ist der Schlüssel zur Zukunft. Technologien wie Künstliche Intelligenz, Quantencomputing oder fortschrittliche Materialien werden globale Herausforderungen lösen und unsere Wirtschaft beschleunigen.

Start-ups spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie sind Übersetzer zwischen Forschung und Markt, indem sie bahnbrechende Innovationen in funktionierende Geschäftsmodelle umwandeln. Im Gegensatz zu etablierten Unternehmen probieren sie Dinge aus, sind schneller und agiler, wodurch Start-ups technologische Fortschritte schneller wachsen lassen. So werden Ideen in rasanter Geschwindigkeit global wettbewerbsfähig. OpenAI, SpaceX und Biontech sind beeindruckende Beispiele dafür. 

Laut einer Studie der Boston Consulting Group kann DeepTech bis 2030 weltweit mehr als 8 Billionen Euro an Wertschöpfung generieren. Deutschland muss dabei eine führende Rolle einnehmen. In Sachen Patenten und Forschung sind wir Weltklasse – aber wir machen zu wenig daraus. 

Warum? Die Finanzierung von DeepTech-Innovationen stockt, und der Transfer aus der Forschung in den Markt verläuft schleppend. Während DeepTech-Start-ups in den USA weit über 200 Milliarden US-Dollar erhalten haben, sind es in Europa gerade einmal 40 Milliarden. Unser Ziel beim Startup-Verband: Wir wollen bis 2030 mindestens 30 deutsche DeepTech-Unicorns sehen. Dafür brauchen wir dringend bessere Rahmenbedingungen: Anreize für Ausgründungen, mehr privates Wachstumskapital und weniger bremsende Regulierung. 

Deutschland hat das Potenzial, ein weltweit führender DeepTech-Standort zu werden. Jetzt ist die Zeit, die Weichen zu stellen, um technologischen Fortschritt zum Wohl aller nutzbar zu machen – und Europa als DeepTech-Leader zu positionieren.

www.startupverband.de