Wettbewerb, Wandel, Wirtschaftlichkeit

Forum der Akteure

Juli 2024 Handelsblatt Handel & Logistik

»Fairen und freien Wettbewerb im Handel stärken.«

Gero Furchheim Präsident des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V.

Viel steht nach der Europawahl auf dem Spiel: Während asiatische Plattformen mit neuen E-Commerce-Modellen in europäische Märkte drängen und unsere Wettbewerbsregeln austesten, hat die EU heimischen Onlinehändlern eine beispiellose Zahl neuer Bürokratiepflichten auferlegt. Die kommende EU-Kommission wird daher bedeutende Weichen für den Handel stellen müssen: 

Wenn wir einen faireren Wettbewerb wollen, werden nationale Zoll- und Marktüberwachungsbehörden über ihren Schatten springen müssen, denn es braucht mehr Europäisierung nationaler Hoheitspflichten, mehr EU-geführte Manpower und mehr Digitalisierung, wenn wir unsere Regeln gegen Plattformen aus Drittstaaten durchsetzen wollen. Falschdeklarationen müssen bekämpft und das neue Zollsystem ICS2 ausgebaut werden, um effektive Handelsschranken für illegale Produkte durchzusetzen. Zu oft beobachten wir, dass selbst Behörden nicht überblicken, welche Regelwerke bestehen und wie sie zusammenarbeiten.


Was darüber hinaus vergessen wird: Es reicht nicht, Wettbewerb vor Regelbrechern aus Drittstaaten zu bewahren. Wettbewerb muss auch im Inneren gefördert werden, damit all jene vom Binnenmarkt profitieren, die sich an Gesetze halten. Auch hier ist der Nachholbedarf in der EU enorm. Statt auf europäische Einheit(lichkeit) beim Klima- und Verbraucherschutz zu setzen, haben die 27 EU-Länder zuletzt eine Fülle nationalstaatlicher Bürokratiehürden wie die erweiterte Herstellerverantwortung aufgebaut. In jeden der 27 EU-Staaten zu verkaufen, bedeutet jede Bürokratiepflicht 27-mal zu erfüllen. Stattdessen brauchen wir einen europaweiten One-Stop-Shop als einzige Anlaufstelle für sämtliche EPR-Pflichten, der die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzt. Eine einzige digitale Registrierung würde dann genügen.

www.bevh.org
 

Juli 2024 Handelsblatt Handel & Logistik

»Wirtschaft im Wandel: Zukunfts- sichere Lieferketten durch KI.«

Dr. Helena Melnikov Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Materialwirtschaft, Einkauf & Logistik e.V.

Der Einkauf spielt eine zentrale Rolle für die deutsche Wirtschaft und ist entscheidend für die Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Besonders im industriellen Einkauf zeigt sich dies deutlich: Es geht um die Sicherstellung der Verfügbarkeit von Rohstoffen, Komponenten wie Chips und anderen Materialien für die Produktion. Eine robuste und unterbrechungsfreie Lieferkette ist dabei essenziell. 

Die Fragilität von Lieferketten ist nicht erst seit der Corona-Pandemie ein Thema. Kriege, geopolitische Spannungen und andere Krisen haben diese Verwundbarkeit weiter offengelegt. Die Weiterentwicklung der Digitalisierung im Risikomanagement der Lieferkette, insbesondere durch Künstliche Intelligenz (KI), ist hierbei entscheidend.

Zusätzliche Herausforderungen entstehen durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und vergleichbare europäische Regelungen. Diese Gesetze verlangen von Unternehmen, ihre Lieferketten genau zu überwachen und sicherzustellen, dass an keiner Stelle Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörungen stattfinden. Dies erfordert erhebliche Verantwortung und zusätzlichen operativen Aufwand im Einkauf und Supply Chain Management – ohne KI kaum zu bewältigen.


Für Unternehmen ist die Investition in Digitalisierung und KI daher mehr als nur Effizienzsteigerung: Sie ist entscheidend für die Optimierung von Prozessen, Risikomanagement und Predictive Maintenance, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Der industrielle Einkauf steht vor zahlreichen Herausforderungen, die gemeistert werden müssen, um die Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu sichern. Dabei spielt die Innovationskraft eine wesentliche Rolle, um flexibel und schnell auf Marktveränderungen reagieren zu können und sich gegenüber globalen Mitbewerbern zu behaupten.

www.bme.de
 

Juli 2024 Handelsblatt Handel & Logistik

»Gemeinsame Herausforderungen, gemeinsame Antworten.«

Stefan Genth Hauptgeschäftsführer des Handelsverband Deutschland e.V.

Im Einzelhandel ist die Logistik ein entscheidender Faktor für den Unternehmenserfolg. Unabhängig von der Handelsbranche und der Unternehmensgröße sind funktionierende logistische Prozesse die Voraussetzung dafür, dass der Handel seine Rolle als Versorger der Verbraucherinnen und Verbraucher Tag für Tag ausfüllen kann. Umso wichtiger ist es mit Blick auf die Zukunft, die aktuellen regulatorischen Herausforderungen bei der Klimatransformation und bei der Gestaltung von Lieferketten zu lösen, innovative Technologien zu nutzen und neue Logistikformate zu etablieren.

Eine der zentralen Aufgaben ist die Transformation der Güterverkehre zur Klimaneutralität. Auf einen effizienten und künftig klimaneutralen Straßengütertransport ist der Handel angewiesen, um die Versorgung in der Fläche heute wie morgen sicherzustellen. Hierfür braucht es eine angemessene Rahmengesetzgebung, die den Hochlauf von Ladeund Tank-Infrastrukturen und die Beschaffung von Lkw mit alternativen Antrieben begleitet.

Auch die internationale Logistik muss sich neuen Gegebenheiten anpassen und angesichts unsicherer Transportrouten umdenken, die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten und Ländern hinterfragen. Gleichzeitig gilt es, sich weiterhin für sozialverträgliche und klimaschonende Produktionen und Transporte einzusetzen.

Insgesamt haben sich die Anforderungen an die Logistik gewandelt. Doch schon heute gibt es vielversprechende Ansätze, die Handel und Logistik prägen werden. So sorgen etwa innovative Prozesse mit Unterstützung Künstlicher Intelligenz bei Bestellung und Routenoptimierung für Kostenreduktionen, haushaltsnahe Zustellungen im E-Commerce für Bündelungseffekte oder geräuscharme Fahrzeuge für die Belieferung der Innenstädte in Randzeiten. Gemeinsam finden Handel und Logistik Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft.

www.einzelhandel.de