Geldanlage in unsicheren Zeiten

Die Redaktion befragt Akteure zu den Auswirkungen von Corona auf den Umgang mit Geld.
Juli 2020 stern Geld

»Das menschliche Gehirn ist nicht auf logische Schlüsse programmiert.«

Lars Brandau Geschäftsführer; Deutscher Derivate Verband (DDV)

Spätestens mit der Corona-Pandemie haben wir uns an das Abstandsgebot gewöhnt. Selbiges sollte auch für die Geldanlage gelten. Grund dafür ist, dass das menschliche Gehirn nicht wirklich auf logische Schlüsse programmiert ist. Vielmehr neigt es zu emotionalem und irrationalem Verhalten. So hat es zumindest der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman beschrieben. Beispielsweise dann, wenn es darum geht, das Auftreten seltener, aber einprägsamer Ereignisse wie Naturkatastrophen, aber auch Börsencrashs einzuordnen. Hier kommt es häufig zur sogenannten Wahrscheinlichkeitsvernachlässigung. Die Angst vor den Konsequenzen eines bedrohenden Ereignisses führen dazu, ihre Eintrittswahrscheinlichkeit vielfach zu überschätzen. In Bezug auf das ausgesprochen schwankungsreiche Börsenjahr sollten sich Anleger also nicht verunsichern lassen. Wer sich rational informiert und mit Abstand handelt, der verhindert auch in der Geldanlage die Wahrscheinlichkeitsvernachlässigung und damit, dass verhältnismäßig kleine Risiken entweder komplett ignoriert oder aber maßlos überschätzt werden.

www.derivateverband.de

Juli 2020 stern Geld

»Nachhaltigkeitsfonds federn in schwierigen Börsenperioden Einbrüche besser ab«

Angela McClellan Geschäftsführerin; Forum Nachhaltige Geldanlage (FNG)

In Deutschland beträgt der Anteil Nachhaltiger Geldanlagen nach unserer Erhebung nun 269,3 Milliarden Euro, was einem Marktanteil von 5,4 Prozent entspricht – Tendenz steigend! Und auch in Zeiten der coronabedingten Talfahrt der Börsen zeigt sich, dass ESG-Fonds in Folge der COVID-19-Krise scheinbar nicht nur besser performt haben als vergleichbare Produkte ohne Nachhaltigkeitsfokus, sondern auch weiterhin Nettozuflüsse verzeichnen konnten.

Auch wenn es noch zu früh ist, in einem so volatilen Umfeld vollumfängliche Schlussfolgerungen zu ziehen, deuten die ersten Ergebnisse an, dass diversifizierte Nachhaltigkeitsfonds Kurseinbrüche in schwierigen Börsenperioden besser abfedern. Die Covid-19-Krise war für alle unvorhersehbar. Im Marktbericht „Nachhaltige Geldanlagen: Deutschland, Österreich, Schweiz 2020 prognostizierten mehr als 60 Prozent der Studienteilnehmer knapp vor dem Börsencrash noch Wachstumsraten von über 15 Prozent. Dieser Trend könnte sich jedoch trotz der Krise noch bewahrheiten, denn Nachhaltige Geldanlagen wachsen seit der Erhebung ungebremst weiter.

www.fng-marktbericht.org

Juli 2020 stern Geld

»Diversifikation ist ein funktionierender Schutz gegen das Anlagerisiko.«

Matthias Wiegel Mitglied des Vorstands; Bundesverband Finanzdienstleistungen AfW e.V.

Die Corona-Krise hat erhebliche wirtschaftliche Folgen. Umso wichtiger ist es, jetzt Vermögen für die Zukunft aufzubauen und sich zusätzlich zur gesetzlichen Rente eine Altersvorsorge zu sichern.

Sinnvollerweise sollte man dazu Geld, auf das man nicht kurzfristig zurückgreifen muss, in Produktivvermögen anlegen. Das sind typischerweise Aktien. Aber bitte nach Möglichkeit keine Einzeltitel, das Beispiel Wirecard ist hier Warnung genug, sondern breiter und internationaler gestreut. Der schöne Satz, „wer streut, rutscht nicht aus“ zeigt sehr deutlich, worauf es ankommt. Diversifikation ist ein funktionierender Schutz gegen das Anlagerisiko. Über entsprechende ETFs oder aktiv gemanagte Fonds gelingt die Diversifikation in eine Vielzahl unterschiedlicher Aktien. Regelmäßiges Ansparen in die genannten Vehikel über Sparpläne führt zu einer zusätzlichen Diversifikation der angelegten Gelder, nämlich der auf der Zeitschiene. Man nutzt den „Cost-Average-Effekt“.  


www.afw-verband.de