Mehr Energie!

Forum der Akteure

Juni 2024 Handelsblatt Energie der Zukunft

»Gemeinschaftliche Gebäudeenergieversorgung: Bahn frei – oder nicht?«

Flavia Röhrs Senior Referentin dezentrale Erzeugung Bundesverband Neue Energiewirtschaft

Wenn man aus der Vogelperspektive auf Deutschland blickt, fällt es schnell auf: Während einem die Energiewende auf dem Land direkt ins Auge springt, weil es immer mehr Einfamilienhäuser mit PV-Modulen auf dem Dach gibt, sind sie in der Stadt kaum zu sehen. Das mag auf den ersten Blick verwundern, schließlich ist der Strombedarf in der Stadt um ein Vielfaches höher als auf dem Land. Außerdem scheint es ungerecht, dass diejenigen, die bereits in einem Eigenheim wohnen, ihren Strombedarf optimieren können und die anderen, häufig innerstädtische Mieter, nicht. Was den unbedarften Betrachter verwundert, ist schnell erklärt: Bürokratische Hürden in Mietverhältnissen verhindern bislang einen innerstädtischen PV-Zubau. Das soll sich jetzt mit der gemeinschaftlichen Gebäudeenergieversorgung ändern!

Bietet man als Vermieter künftig seinen Mietern im Mehrfamilienhaus dacheigenen PV-Strom an, dann wird man nämlich kein Stromversorger mehr und ist folglich auch nicht für die Vollversorgung zuständig. Der Vermieter schließt dafür mit den Mietern einen Gebäudestromliefervertrag ab, der regelt, wer wann wie viel Strom zu welchem Preis bezieht. Bei Bedarf kann dafür auch ein Servicedienstleister in Anspruch genommen werden. Für die Mieter entfallen die Netzentgelte, und der Strom wird günstiger. Für die übrige Zeit schließen die Mieter noch einen zweiten Stromvertrag mit einem Reststromlieferanten ab.

Einziger Haken dabei: Für die Teilnahme an der gemeinschaftlichen Gebäudeenergieversorgung braucht es – anders als beim Mieterstrom – einen Smart Meter, und diesen müssen die Messstellenbetreiber erst ab 2025 schrittweise bis 2032 verbauen. Es kann also noch dauern, bis man beim Vogelflug über Deutschland Städte ebenso viel Dach-PV sieht wie in ländlichen Gegenden.

www.bne-online.de
 

Juni 2024 Handelsblatt Energie der Zukunft

»Wasserstoffversorgung entscheidet sich in den Kommunen.«

Werner Diwald Vorstandsvorsitzender Deutscher Wasserstoff-Verband

Unsere Industrie- und Gewerbebetriebe in Deutschland sind auf die künftige Versorgung mit Wasserstoff angewiesen. Das ist Voraussetzung für die verlässliche, erneuerbare und kostengünstige Belieferung mit Energie unserer Wirtschaft. Dafür muss der Wasserstoff nicht nur produziert werden, sondern auch dorthin kommen, wo er gebraucht wird.

Mit dem geplanten Wasserstoff-Kernnetz werden die „Autobahnen“ der Wasserstoffversorgung im Laufe der 2030er-Jahre kommen. Das ist ein wesentlicher Schritt für den Übergang in eine grüne Wasserstoff-Marktwirtschaft. Doch das reicht nicht aus. Denn die Industrie- und Gewerbebetriebe werden nicht direkt an das Kernnetz angeschlossen, sondern an nachgelagerte Verteilnetze – die kleinen „Bundes- und Kreisstraßen“. Das ist auch schon heute mit der Erdgasversorgung der Fall und trifft deutschlandweit auf 1,8 Millionen Betriebe zu – die große Mehrheit. 

Wer also entscheidet, wo Wasserstoffverteilnetze entstehen? Das tun zum einen die Verteilnetzbetreiber, die ein vitales Interesse daran haben dürften, ihre Infrastrukturen weiter betreiben zu können, anstatt sie stillzulegen. Zum anderen kommen hier die Kommunen ins Spiel: Bürgermeister:innen und Gemeinderäte. Diese müssen spätestens bis 2028 eine kommunale Wärmeplanung vorlegen. Das ist nicht nur entscheidend mit Blick auf die Frage, ob Hausbesitzer künftig auf eine Wärmepumpe setzen müssen oder nicht. Auch die Wasserstoffversorgung vor Ort ist an die Ergebnisse der Wärmepläne geknüpft. Melden die Verantwortlichen vor Ort ihre Bedarfe nicht an, drohen sie vom künftigen Wasserstoffnetz abgeschnitten zu werden. Diese müssen gemeinsam mit den Netzbetreibern die Umrüstung ihrer Gasverteilnetze auf Wasserstoff vorantreiben. Die Zukunft der Wasserstoffversorgung von Industrie und Gewerbe entscheidet sich bis 2028 in den Kommunen!

www.dwv-info.de
 

Juni 2024 Handelsblatt Energie der Zukunft

»Politische Lenkungswirkung konsequent entfalten.«

Christian Heep Vorstand Bundesverband E-Mobilität

Die Green Economy ist ein zentraler Aspekt in den Diskussionen um eine nachhaltige Zukunft im Bereich Energie und Mobilität. Es macht keinen Sinn, weiterhin fossile Geschäftsmodelle zu befördern, während gleichzeitig die finanziellen Mittel für zukunftsfähige Projekte begrenzt sind. Wir müssen dringend strategische Investitionen in die Zukunft tätigen und zwar mindestens in dem Maße, wie alle klimaschädlichen Subventionen abgeschafft werden. 

Aus Sicht von FDP und CDU/CSU bedeutet dies bei einer reinen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nichts anderes als ein klares Bekenntnis zur technologischen Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft. Dabei ist die Erreichung der Klimaund Umweltziele ein positiver Nebeneffekt. Aus Sicht der Grünen ist dieser Effekt vordergründig, deckt sich aber deutlich mit den wirtschaftlichen Vorteilen, lässt soziale Gerechtigkeit zu (Hallo SPD) und ermöglicht Diversifikation, Kreislaufwirtschaft und viele andere grüne Ideen – ohne einer prosperierenden Wirtschaft entgegen zu stehen.

Die Politik muss daher eine klare Strategie verfolgen, die darauf abzielt, die Transformationsprozesse der Energie- und Mobilitätswirtschaft als Treiber einer Green Economy zu stärken und maximal zu beschleunigen. Dabei ist es entscheidend, dass die Politik deutlich mehr Technologieentschlossenheit zeigt, um die ökologischen und ökonomischen Potenziale voll ausschöpfen zu können. 

Der Bundesverband eMobilität fordert daher die Politik auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die notwendigen Maßnahmen zur Förderung der Neuen Mobilität auf Basis Erneuerbarer Energien inklusive der Ladeinfrastruktur entschlossen voranzutreiben. Nur durch eine konsequente Entfaltung politischer Lenkungswirkung können wir die Herausforderungen der Zukunft meistern und eine nachhaltige Energie- und Mobilitätswende umsetzen, die zugleich Arbeitsplätze schafft, Wertschöpfung steigert, Wohlstand fördert und die Umwelt schützt.

www.bem-ev.de