Quo Vadis, Energie?

Forum der Akteure

Februar 2025 Handelsblatt Energie der Zukunft

»Der Umstieg braucht Kontinuität, Stabilität und Planbarkeit«

Dr. Simone Peter Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energien

Die Ampel-Regierung hat die Energiewende in weiten Teilen wieder auf Kurs gebracht. Der Ausbau der Wind- und Solarenergie boomt, der Atomausstieg wurde bewältigt und die Kohleverstromung reduziert. Im Wärme- und Verkehrssektor schreitet die Transformation erst langsam voran. Es ist daher an der kommenden Bundesregierung, die verbleibenden Leerstellen zügig zu füllen: Strommarktreform, Antriebswende, Wärme-Offensive, Digitalisierung, Entbürokratisierung.

Um günstigen Strom aus Sonne und Wind besser zu nutzen, muss Flexibilität auf allen Ebenen angereizt werden: steuerbare Quellen wie Bioenergie, Geothermie, grüne KWK und Wasserkraft stehen als Back-up für Wind und Sonne ebenso zur Verfügung wie Speicherflexibilität; perspektivisch auch verstärkt die Sektorenkopplung – von E-Autos über Wärmepumpen bis hin zu grünem Wasserstoff. Verbraucher unterstützen dann mittels dynamischen Stromtarifen, variablen Netzentgelten, bidirektionalem Laden, Batterien und Smart-Meter-Rollout die System- und Netzdienlichkeit.

Zusätzlich muss der Netzanschluss optimiert und vereinfacht und der Netzausbau weiter beschleunigt werden. Das senkt die volkswirtschaftlichen Kosten für das Gesamtsystem. Hierfür ist auch die Transformation des Verkehrssektors notwendig. Dort, wo die Elektrifizierung nur schwer oder nicht umsetzbar ist, sind grüne Moleküle zu nutzen. Die Ladeinfrastruktur ist zu verbessern. Im Wärmebereich sollten die Grundzüge des bestehenden Rechtsrahmens und die Förderprogramme bestehen bleiben. Eine CO2-Bepreisung kann Ordnungsrecht und Förderung sinnvoll ergänzen.

Der erfolgreiche Umstieg auf erneuerbare Energien braucht Kontinuität, Stabilität und Planbarkeit. Dabei geht es nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um Bezahlbarkeit, Energiesicherheit und die Stärkung des Zukunftsstandorts. 

www.bee-ev.de

Februar 2025 Handelsblatt Energie der Zukunft

»Für die Wärmewende braucht es erhebliche Investitionen«

Jens Fischer Abteilungsleiter Energieeffizienz beim Bundesverband der Energie-Abnehmer

Die Wärmewende ist ein zentraler Bestandteil der Energiewende in Deutschland und unverzichtbar, um die national wie international formulierten Klimaziele zu erreichen. Dabei steht das Umstellen der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien und energieeffiziente Technologien wie Wärmepumpen im Fokus.

Etwa 40 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs und rund ein Drittel der CO2-Emissionen verursacht der hiesige Wärmesektor. Bislang decken in Deutschland fossile Brennstoffe wie Erdgas, Heizöl und Kohle einen Großteil der Wärmeversorgung. Obwohl erneuerbare Energien wie Solarthermie und Biomasse zunehmend an Bedeutung gewinnen, beträgt ihr Anteil am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte nur etwa 15 Prozent (Stand 2023).

Trotz politischer Bemühungen und technologischer Fortschritte gibt es Hindernisse bei der Wärmewende: Das Umstellen auf erneuerbare Heiztechnologien, wie Wärmepumpen oder Fernwärme, erfordert erhebliche Investitionen. Ähnlich sieht es bei der Infrastruktur für Fernwärme- und Stromnetze aus. Widerstände gegen staatliche Eingriffe, wie das Verbot fossiler Heizsysteme, verschärfen die Problematik.

Wärmepumpen nutzen Umweltwärme aus Luft, Boden, Grundwasser oder Abwärme. Mithilfe dieser Quellen stellen sie Wärme auf höherem Temperaturniveau bereit. Sie funktioniert grundsätzlich effizient und emissionsarm. Viele weitere Vorteile wie Vielseitigkeit und Klimafreundlichkeit bringt die Technik darüber hinaus mit. Jedoch schrecken Unternehmen immer wieder Punkte wie hohe Investitionskosten und teils begrenzte Stromnetzkapazitäten ab. Ein erster richtiger Schritt dafür ist die Abwärme-Plattform der Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE). Durch die dafür nötigen Untersuchungen können wirtschaftlich interessante Energiekonzepte für die Unternehmen entwickelt werden. 

www.vea.de

Februar 2025 Handelsblatt Energie der Zukunft

»Wasserstoff ist Innovationsmotor für den Wirtschaftsstandort«

Friederike Lassen Vorständin des Deutschen Wasserstoff-Verbandes

Wasserstoff ist das Schlüsselelement für eine sichere, wirtschaftliche und erneuerbare Energiewirtschaft. Er verbindet erneuerbare Energiequellen mit Industrie, Mobilität und Stromversorgung. Durch eine kluge politische Gestaltung kann die nationale Wasserstoffwirtschaft ein Innovationsmotor für den Wirtschaftsstandort werden, neue Arbeitsplätze schaffen und Wertschöpfung generieren. Doch die Umsetzung dieser Vision erfordert entschlossenes Handeln – und das sofort.

Ein zentraler Punkt ist der Ausbau der Infrastruktur. Der im Oktober 2024 beschlossene Ausbau des Wasserstoff-Kernnetzes auf 9.040 Kilometer ist ein Meilenstein. Doch er muss zügig realisiert und durch regionale Verteilnetze ergänzt werden, die Produktionsanlagen und Abnehmer direkt verbinden. Nur ein engmaschiges Netz und ausreichende Speicherkapazitäten ermöglichen den effizienten Transport und eine flexible Nutzung, auch zur Abfederung von Lastspitzen.

Garantierte Abnahmevereinbarungen sind essenziell. Unternehmen investieren nur in Wasserstofftechnologien, wenn ihre Wirtschaftlichkeit langfristig gesichert ist. Solche Vereinbarungen schaffen Planungssicherheit und fördern den Markthochlauf in Schlüsselbereichen wie der Stahl- und Chemieindustrie oder im Schwerlastverkehr.

Allerdings bremst Bürokratie den Fortschritt. Langwierige Genehmigungsverfahren für Elektrolyseure, Leitungen und Speicher verzögern die Entwicklung. Wasserstoffprojekte müssen als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge gesetzlich priorisiert werden. So lassen sich Planungsverfahren beschleunigen und ambitionierte Ziele rechtzeitig erreichen. Die kommende Bundestagswahl bietet eine Chance: Wasserstoff muss ins Zentrum der Regierungspolitik rücken. Liegengebliebene Reformen müssen zügig umgesetzt werden, damit Deutschland globaler Leitmarkt und Vorreiter wird – für eine nachhaltige, wettbewerbsfähige Zukunft.

www.dwv-info.de