Was Deutschland jetzt braucht

Die Redaktion befragt Experten zu den Herausforderungen in ihren Branchen.
Oktober 2016 Handelsblatt Zukunft Deutschland

»Energiewirtschaft – eine Branche gestaltet den Umbruch.«

Stefan Kapferer Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung BDEW

„Umschalten auf Zukunft“ – so lautet der Slogan der Bundesregierung für die Umsetzung der Energiewende. Ganz so einfach geht es im hoch komplexen System der Energiewirtschaft nicht. Denn mit wachsendem Anteil Erneuerbarer Energien muss die Infrastruktur für die zunehmend dezentrale Energieerzeugung komplett neu aufgestellt werden: Über 1.800 Kilometer lange Netze müssen für den Transport des Stroms gebaut und die Versorgungssicherheit künftig immer stärker durch flexible Stromerzeuger und Speicher sichergestellt werden. Dabei können die Unternehmen nicht immer so handeln, wie es wirtschaftlich sinnvoll und effizient wäre. Sie müssen strikte politische Vorgaben beachten und um die Akzeptanz der Bürger werben.

Es ist daher eine enorme Leistung, dass die Energiewirtschaft es trotzdem binnen weniger Jahre geschafft hat, den Strommarkt so anzupassen, dass schon über ein Drittel des Stroms aus Wind, Photovoltaik und Biomasse erzeugt und eingespeist werden kann. Damit hat die Branche bereits eine hohe Wandlungs- und Innovationsfähigkeit bewiesen. Diese wird in Zukunft immer mehr zur Voraussetzung für den Erfolg der Energiewende: Je dezentraler und kleinteiliger das Energiesystem wird, umso dringender wird der Bedarf, die Einspeisung und Verteilung des Stroms digital zu steuern. Gleichzeitig ändert sich das Selbstverständnis der Kunden für ihre Rolle im Energiemarkt. Sie wollen selbst Strom per PV-Dachanlage erzeugen, ihren Stromverbrauch managen und die Energiewende mitgestalten. Die Energiewirtschaft steht nun vor der Herausforderung, mit der aufkommenden Datenflut umzugehen und Geschäftsmodelle zu entwickeln, die den Kundenwünschen gerecht werden. Es ist eine große Chance, die Innovationskraft der Branche erneut unter Beweis zu stellen.

www.bdew.de

Oktober 2016 Handelsblatt Zukunft Deutschland

»Digitale Hubs machen Deutschland fit für die Zukunft.«

Thorsten Dirks Präsident Bitkom

Wenn wir die Digitalisierung erfolgreich gestalten wollen, dann müssen wir uns auf das besinnen, was Deutschland seit jeher auszeichnet. Zurückschauen, um in Zukunft erfolgreich zu sein – das klingt absurd, angesichts der gravierenden Veränderungen durch die digitale Transformation, in der oft ganz andere Spielregeln gelten als in der anlogen Welt. Aus der Vergangenheit können, ja müssen wir vor allem eins lernen: Nicht immer nur über vermeintliche Risiken von technologischen Entwicklungen zu diskutieren, sondern sie stattdessen als Chance zu begreifen und mutig anzugehen. Mit dieser Haltung wurde in Deutschland die Eisenbahn auf die Schiene gebracht, das Automobil erfunden, der Maschinenbau groß und international erfolgreich.

Wir müssen jetzt unsere erfolgreichen Leitindus-trien wie Automobil- und Maschinenbau, Chemie, Logistik oder Medizintechnik in den Blick nehmen. Um sie werden wir zurecht weltweit beneidet. Die erfolgreichen großen und mittelständischen Unternehmen dieser Branchen wollen wir in digitalen Hubs zusammenbringen mit innovativen Start-ups, exzellenten Wissenschaftlern und hochkarätigen Investoren. An diesen Orten der digitalen Transformation soll jeder seine Stärken einbringen, jeder vom anderen lernen, jeder dem anderen etwas beibringen.

Diese digitalen Hubs, die für jeweils eine Leitbranche stehen, müssen so attraktiv werden, dass die besten Köpfe der Welt hierher kommen, um neue digitale Technologien und Geschäftsmodelle zu erforschen, zu entwickeln und in marktfähige Produkte zu übersetzen. Das Konzept digitaler Hubs wurde vor einem Jahr auf dem IT-Gipfel vorgestellt. Jetzt, beim 10. Nationalen IT-Gipfel im November, werden wir den Praxisbetrieb starten. Wenn es uns daneben noch gelingt, das Digitale in den Schulen, der Ausbildung und im Studium bis zur lebenslangen Weiterbildung in den Unternehmen fest zu verankern, dann schaffen wir die Grundlage für nachhaltigen Wohlstand in diesem Land. Und wir geben jedem Einzelnen die Chance auf einen erfüllenden Job. Das ist die digitale „Zukunft Deutschland“, für die wir im Bitkom und den Mitgliedsunternehmen arbeiten.


www.bitkom.org

Oktober 2016 Handelsblatt Zukunft Deutschland

»Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau: Herzstück des industriellen Mittelstands.«

Hartmut Rauen Stellvertretender Hauptgeschäftsführer VDMA

Dem Maschinen- und Anlagenbau kommt am Standort Deutschland eine herausragende Bedeutung zu. Er ist mit 218 Milliarden Euro Umsatz (2015) der Motor der deutschen Wirtschaft. Die Zahl seiner Beschäftigten liegt über der Millionengrenze. Damit ist die Maschinenbau-Industrie größter industrieller Arbeitgeber hierzulande.   Zugleich ist der deutsche Maschinenbau stark mittelständisch geprägt. Die Unternehmen sind eng am hiesigen Standort verwurzelt, zugleich aber auch offen für die Bedürfnisse dieser Welt.

Wie keine andere Industrie steht der Maschinenbau in der Tradition deutscher Ingenieurkunst. Zu dieser Tradition gehört auch seine beeindruckende Innovationskraft.  Entscheidend hierfür sind Systemverständnis, Lösungskompetenz und Interdisziplinarität. Nicht ohne Grund ist die Maschinenbau-Industrie wichtigster Ingenieurarbeitgeber in Deutschland. Gemeinsam mit den qualifizierten Facharbeitern sorgen unsere Ingenieure für die Integrations- und Umsetzungsstärke, die den Maschinenbau auszeichnet. Bei uns wird die Idee zur Innovation. Der Maschinen- und Anlagenbau ist die deutsche Schlüsselindustrie wenn es darum geht, die Herausforderungen heute und für zukünftige Generationen zu meistern. Die Spitzenposition bei Industrie 4.0, Ressourceneffizienz oder der Mobilität von morgen sind nur einige Beispiele von vielen.  Die Industrie hat in unserem Land einen festen Platz. Deutschland ist im Unterschied zu anderen klassischen Industrieländern den Irrweg einer De-industrialisierung nicht gegangen. Für Innovationen sowie für Arbeitsplätze und Wohlstand ist dies entscheidend. Kurzum: Produzieren in Deutschland ist weder Old noch New Economy, sondern eines – Best Economy!


www.vdma.de