Bauen und Wohnen

Die Redaktion befragt Akteure zu den Chancen und Herausforderungen der Braubranche.
September 2016 Die Welt Wohnen der Zukunft

»Ein zentrales Thema ist die Schaffung von mehr Wohnraum.«

Dr. Matthias Frederichs Geschäftsführer des Bundesverbandes Baustoffe Steine und Erden (bbs)

Mineralische Baustoffe zeichnen sich vor allem durch Dauerhaftigkeit und hervorragende Schall- und Brandschutzeigenschaften aus. Aber auch bei der Energieeinsparung im Gebäudesektor spielen sie eine Schlüsselrolle. So können moderne Wärmedämmverbundsysteme auf Mineralwollebasis, die problemlos auf einer Massivwand etwa aus Beton- oder Kalksandstein angebracht werden, den Gebäudeenergieverbrauch signifikant senken. Auch Massivbaustoffe wie Hintermauerziegel oder Porenbeton stehen für eine leistungsfähige Wärmedämmung. Daneben können Produkte der Branche sinnvolle Beiträge im Umweltschutz leisten, etwa durch Pflastersteine und -fahrbahnen oder keramische Fliesen, die Stickoxide per Photokatalyse abbauen und so für bessere Luft in unseren Städten sorgen.
Ein zentrales gesellschaftliches Thema ist derzeit die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum. Auch hier bieten sich mineralische Baustoffe an – nicht nur im Rahmen des modularen oder seriellen Bauens, das in der Baustoffindustrie bereits seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert wird. Zur Senkung der Baukosten ist es allerdings auch erforderlich, preistreibende rechtliche Vorgaben für das Bauen zu überprüfen und mehr Bauland auszuweisen.
Die Baustoffindustrie setzt entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf eine nachhaltige Entwicklung. Dabei wird stets der Lebenszyklus von Bauwerken betrachtet, der durchaus bis zu 100 Jahre und länger andauern kann. Mit Blick auf Rohstoffeinsatz und Produktion sind die Renaturierung von Steinbrüchen, die Nutzung von Sekundärstoffen zur Schonung natürlicher Ressourcen sowie die umfassende Wiederverwertung mineralischer Bauabfälle hervorzuheben. Allein dies zeigt, dass mineralische Baustoffe auch im Bereich Nachhaltigkeit unverzichtbare Beiträge zum modernen Bauen leisten.

www.baustoffindustrie.de

September 2016 Die Welt Wohnen der Zukunft

»Die Zukunft des Wohnens ist vor allem dann nachhaltig, wenn wir selbst aktiv werden.«

Dr. Christine Lemaitre Geschäftsführender Vorstand Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.

Wohnen nimmt seit jeher in unserer Gesellschaft einen großen Stellenwert ein. Unsere Wohnung ist der Ort für die Familie und bietet die Möglichkeit, sich zurückzuziehen und vom Alltagsstress zu entspannen. All dies sind Attribute, in denen sich Wohlbefinden ausdrückt. Damit wir uns in den Gebäuden, in denen wir wohnen, tatsächlich wohlfühlen können, sind auch baulich einige Faktoren zu beachten. In dem Verständnis von nachhaltigem Bauen, wie es die DGNB verfolgt, ist daher die soziokulturelle und funktionale Qualität eines Gebäudes, die genau auf solche Themen wie Wohngesundheit, Komfort und Lebensqualität abzielt, eine von drei wesentlichen Säulen.
Das fängt an bei der schadstofffreien Qualität der Innenraumluft. Erzielen lässt sich dies, wenn der Bauherr bei der Produktwahl, etwa bei Farben oder Klebstoffen, ein bisschen genauer hinschaut. Auch der thermische Komfort, also über entsprechende Heiz- und Kühlsysteme angenehm temperierte Räume, spielen eine wesentliche Rolle für unser Wohlbefinden. Ein großer Tageslichtanteil kann den visuellen Komfort einer Wohnung erhöhen.
Das Wohnen der Zukunft muss aber immer auch eins sein: bezahlbar, und zwar auch in den Nebenkosten. So wenig wir selbst Einfluss auf die Preisentwicklung von Strom und Gas haben, so sehr können wir im wahrsten Sinne des Wortes in unserer eigenen Wohnung dem Sparen vorbauen. Dies kann die eigene stromerzeugende Photovoltaikanlage sein, dies kann aber auch eine wassersparende Technik oder schlicht die Wahl von reinigungsfreundlichen Oberflächenmaterialien sein. Letztlich liegt es immer zu einem gewissen Grad an uns selbst, wie bewusst wir uns jeden Tag mit unserem Verbrauch auseinandersetzen. Die Zukunft des Wohnens kann nur nachhaltig sein und nachhaltig geht nur, wenn wir uns selbst motivieren und aktiv mitmachen.

www.dgnb.de

September 2016 Die Welt Wohnen der Zukunft

»Mehrgenerationenhäuser werden das Bauen der Zukunft prägen.«

Rüdiger Otto Vizepräsident Zentralverband Deutsches Baugewerbe; Geschäftsführer A. Otto & Sohn GmbH & Co. KG

Wie wir in Zukunft wohnen und arbeiten werden, kann niemand mit Sicherheit beantworten. Zumindest ein Rahmen für das Bauen der Zukunft scheint vorgegeben: Die Europäische Union wie auch die Bundesregierung streben Häuser und Wohnungen als Standard an, die keine externe Energie mehr benötigen – ganz im Gegenteil: Häuser sollen quasi kleine Kraftwerke werden. Diese Standards können wir aus technologischer Sicht heute schon erfüllen, die technischen Lösungen hierfür sind allerdings noch nicht serienreif, massentauglich und noch teuer.
Ein weiterer Trend ist der verstärkte Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien. Moderne Häuser sind vernetzt und kommunizieren mit ihrer Umwelt: Smart Meter sind bereits im Einsatz. Auch Sicherheitssysteme, die zum Beispiel via App gesteuert werden, gehören dazu. Sie werfen nicht nur Fragen im Hinblick auf ihre physische, sondern auch im Hinblick auf ihre virtuelle Sicherheit auf. Das Tablet oder Smartphone als Kommandozentrale für das ganze Haus erfordert allerdings auch Nutzer, die es bedienen können – für junge Menschen sicher kein Problem, für die große Anzahl von Senioren womöglich schon.
Werden Gebäude zukünftig am Computer geplant und via 3D-Drucker errichtet werden? Der Grad der Vorfertigung im Werk wird schon allein aus Kostengründen zunehmen, egal ob Holzbau- oder Massivbauweise. Dies müssen wir mit den sehr hohen individuellen  Ansprüchen an Gebäude verbinden. Auch die demografische Entwicklung stellt ganz neue Anforderungen. Mehrgenerationenhäuser, das temporäre Zusammenleben in den Städten, die Ansprüche von älteren und sehr alten Menschen werden das Bauen in der Zukunft prägen. Die eigene Wohnung, das eigene Haus werden weiterhin für die Menschen ein Zuhause sein – und in Zukunft auch ein wichtiger Baustein gegen Altersarmut.

www.zdb.de