Den nächsten Schritt gehen!

 Forum der Akteure

Dezember 2025 Handelsblatt Digitales Deutschland

»Chancen für die Industrienation im KI-Zeitalter«

Dr. Ralf Wintergerst Präsident, Bitkom

Die deutsche Industrie hat eine weltweite Führungsrolle erreicht, weil sie seit Jahrzehnten innovativ, effizient und verlässlich produziert. Jetzt kommt eine Technologie ins Spiel, die manches in Frage stellt und vieles auf ein neues Niveau hebt: Künstliche Intelligenz. Acht von zehn Unternehmen sehen KI inzwischen als wichtigste Zukunftstechnologie, mehr als die Hälfte ist überzeugt, dass Firmen ohne KI-Einsatz keine Zukunft haben. Und jedes dritte Unternehmen setzt inzwischen KI ein, Tendenz stark steigend. KI ist in kürzester Zeit von einer experimentellen Technologie zu einem Wettbewerbs-Booster geworden.

Auch wenn wir derzeit viel über KI in Zusammenhang mit Texten, Fotos oder Videos sprechen, besonders groß sind die Chancen von KI in der Produktion: Künstliche Intelligenz, die Wartungsfenster plant, Qualitätsmängel in Echtzeit erkennt oder bei der Steuerung ganzer Fabriken unterstützt. Derzeit gelingt es in Deutschland aber nach eigener Einschätzung nur einem Viertel der Unternehmen bereits gut, die Potenziale von KI zu nutzen. Die übrigen drei Viertel sehen sich noch nicht imstande, entsprechende Möglichkeiten auszuschöpfen. Um Deutschlands Rolle als Industrienation zu sichern und auszubauen, braucht es zweierlei. Zum einen müssen wir sehr viel mehr leistungsfähige Rechenzentren bauen. Das heißt: schnellere Genehmigungen, niedrigere Energiepreise, konsequenter Ausbau erneuerbarer und grundlastfähiger Energien – und eine nationale Rechenzentrumsstrategie, die digitale Souveränität als Ziel klar benennt. Zum anderen braucht es Investitionsbereitschaft in den Unternehmen. Wenn wir jetzt investieren, Talente gewinnen und die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, kann Deutschland im KI-Zeitalter nicht nur mithalten, sondern vorangehen. 
bitkom.org

Dezember 2025 Handelsblatt Digitales Deutschland

»Faire KI beginnt bei ihren Grundlagen«

Julian Bornemeier TU Chemnitz & Mittelstand-Digital Zentrum „Fokus Mensch“

KI kann enorme Potenziale entfalten, wirkt aber zugleich wie ein Brennglas für bestehende Ungleichheiten. Verzerrungen entstehen häufig dort, wo Daten nicht repräsentativ sind, fehlerhaft erhoben wurden oder bei der Aufbereitung wichtige Merkmale über- oder untergewichtet werden. Forschung zeigt, dass dadurch bestimmte Gruppen – beispielsweise etwa Frauen in traditionell männlich dominierten Berufsfeldern – seltener sichtbar sind oder einseitig dargestellt werden. Solche Muster prägen KI-Modelle und beeinflussen, wie Berufe, Rollenbilder und gesellschaftliche Werte reproduziert werden. Das Risiko besteht darin, dass stereotype Darstellungen nicht nur reproduziert, sondern ungewollt gefestigt werden, besonders wenn KI-Inhalte in sozialen Medien als wertneutrale oder objektive Technologie wahrgenommen werden. 

Fairness in KI verlangt daher einen Ansatz, der weiter geht als reine Technikoptimierung. Es braucht durchdachte Entwicklungsprozesse, eine kritische Reflexion KI-generierter Inhalte und ausgebildete Mitarbeitende, die Chancen und Risiken kompetent einschätzen können. Eine zukunftsfähige KI-Entwicklung benötigt Fairness, Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Sie sind die Grundlagen für das Vertrauen der Nutzenden sowie verlässliche und strategisch vorteilhafte Technologie. KI darf daher bestehende Ungleichheiten nicht vertiefen – sie soll Menschen stärken, Perspektiven erweitern und dazu beitragen, dass Digitalisierung inklusiv gelingt.

Im Rahmen des Mittelstand-Digital Zentrums „Fokus Mensch“ unterstützt die Professur Allgemeine Psychologie und Human Factors der TU Chemnitz gemeinsam mit dem Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi) mittelständische Unternehmen beim Kompetenzaufbau durch Schulungen, Workshops und individuelle Beratungen.
bitmi.de

Dezember 2025 Handelsblatt Digitales Deutschland

»Zögern kostet Zukunft. Fortschritt wartet nicht«

Dirk Freytag Präsident, Bundesverband Digitale Wirtschaft

Deutschland ist im vierten Jahr der Rezession. Unsere Wettbewerbsfähigkeit steht auf dem Prüfstand. Nutzen wir unsere Chancen und die uns zur Verfügung stehenden Daten konsequenter, werden wir endlich zukunftsfähig.

Datengetriebene Wertschöpfung ist dabei der entscheidende Schlüssel – auch für die Bürgerinnen und Bürger. Heute erwarten zwei Drittel personalisierte, digitale Angebote und Services. Drei Viertel wollen ihre persönlichen Daten teilen, wenn für sie der Mehrwert klar ist. Zugleich verändern sich unsere Gewohnheiten im täglichen Leben. Dabei spielt KI eine zentrale Rolle – unter anderem bei der digitalen Suche. Das wirkt sich vor allem auf datengetriebene Geschäftsmodelle aus – vom Publisher über digitale Dienste bis zum dahinterliegenden digitalen Ökosystem. Drei Viertel unserer Mitglieder erwarten spürbare bis starke Auswirkungen. Gleichzeitig sind die damit verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen noch kaum zu greifen.

In der Wirtschaft braucht es jetzt die Bereitschaft, Geschäftsmodelle zu verändern. Zukunftsfähige Wirtschaftspolitik fußt dabei auf Daten. Die Politik muss die Transformation von Unternehmen unterstützen. Und sie ist gefordert, Orientierung zu schaffen und Innovation zu ermöglichen. Dafür müssen zukunftsfähige Industrien mehr in den Mittelpunkt rücken, statt andere künstlich am Leben zu halten. Moderne Wertschöpfung entsteht, wo Daten, Inhalte und Technologie zusammenwirken. Dafür braucht es ein Ökosystem, in dem wir als Wirtschaft gemeinsam gestalten können. Wird uns dies genommen, verlieren wir nicht nur den Anschluss, sondern verspielen unsere digitale Zukunft. Der Digital Omnibus ist ein Anfang. Doch er muss technologische Realitäten akzeptieren und die Vielfalt der Digitalen Wirtschaft nicht beschneiden. Die diesjährige DMEXCO, unser Leitevent für die Digitale Wirtschaft, stand unter dem Motto: „Be Bold. Move Forward“. Gehen wir es also entschlossen an. Nach vorn ist die Richtung.
bvdw.org