Die nächste Revolution

 Forum der Akteure

April 2025 Handelsblatt Digitales Deutschland

»Jetzt konsequent auf Digitalisierung setzen«

Dr. Ralf Wintergerst Präsident Bitkom

Deutschland hat sich bei der Digitalisierung viel Zeit gelassen, in der Politik, aber auch in vielen Unternehmen. Acht von zehn Unternehmen in Deutschland sagen in einer aktuellen Bitkom-Umfrage, die aktuelle Krise der Wirtschaft sei auch eine Krise zögerlicher Digitalisierung. Und rund drei Viertel sind überzeugt, dass die deutsche Wirtschaft dadurch weltweit Marktanteile verloren hat. Die gute Nachricht ist: Digitalisierung ist kein Zustand, Digitalisierung ist ein Prozess und wir haben es selbst in der Hand, unsere Lage zu verbessern. Schauen wir zum Beispiel auf das Innovationsthema Nummer eins: Künstliche Intelligenz.

Zweifellos dominieren US-Anbieter derzeit den Markt, mit ihren Lösungen, aber auch mit dem eingesetzten Kapital in dreistelliger Milliardenhöhe. Dennoch halten in Europa das französische Mistral und in bestimmten Einsatzszenarien das deutsche Aleph Alpha Schritt. Außerdem hat vor einigen Wochen das vergleichsweise kleine chinesische Unternehmen DeepSeek gezeigt, dass die Karten in der digitalen Welt jederzeit neu gemischt werden können. Jetzt sind die deutschen Unternehmen am Zug, die Karten neu zu mischen. 2025 wollen sie stärker in Digitalisierung investieren. 

Einen Aufbruch braucht es auch in der Politik. Die nächste Bundesregierung muss konsequent in die Digitalisierung von Staat, Verwaltung und Infrastrukturen investieren. Denn der Regierungswechsel in den USA hat ihr ein weiteres Großprojekt ins Pflichtenheft geschrieben: Deutschlands digitale Abhängigkeiten spürbar zu reduzieren und die digitale Souveränität massiv zu steigern. Digitalisierung und Digitalpolitik müssen auch deshalb in den kommenden vier Jahren eine zentrale Rolle spielen: für wirtschaftlichen Aufschwung und Innovation, gesellschaftlichen Zusammenhalt, mehr Sicherheit, eine moderne Verwaltung und die digitale Souveränität unseres Landes. 

www.bitkom.org

April 2025 Handelsblatt Digitales Deutschland

»KI in Deutschland: Jetzt Fortschritt wagen!«

Verena Zyla Projektentwicklerin AIM, Bundesverband IT-Mittelstand

Deutschland hat in der KI-Forschung eine Spitzenposition, besonders im Südwesten haben sich starke Netzwerke etabliert. Bestehende KI-Netzwerke wachsen weiter, neue Initiativen entstehen und das hohe KI-Knowhow schafft eine solide Basis für nachhaltige Innovationen.


Die Innovationsstärke in Deutschland liegt insbesondere im IT-Mittelstand, der den Großteil der deutschen Digitalbranche ausmacht. Wenn Wissenschaft und Wirtschaft enger verzahnt werden, entstehen hier marktfähige Lösungen. Gerade im B2B-Bereich gibt es aktuell große Potenziale: Domänenspezifische Entwicklungen und hybride Systeme optimieren Abläufe und stärken die Wettbewerbsfähigkeit. Deutschland hat die Expertise, praxisnahe Innovationen umzusetzen. Der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi) ist im Bereich KI mit dem Projekt “AIM-Adaption Künstlicher Intelligenz in die Angebote des IKT-Mittelstands” aktiv und bietet konkrete Angebote für die IT-Branche, um diese Entwicklungen voranzutreiben.

Die Politik muss diesen Fortschritt aktiv unterstützen und damit Europas technologische Souveränität sichern sowie die digitale Infrastruktur selbstbestimmt gestalten. Ein starker IT-Mittelstand schafft Innovation und dauerhafte Souveränität. Zwar ist der AI Act in seiner aktuellen Ausgestaltung durch Compliance-Kosten und Bürokratie eher ein Hemmnis für die innovativen KMUs in Europa, kann in angepasster Form aber in Zukunft Chancen bieten: Klare, zukunftsorientierte und mittelstandsfreundliche Regeln können das Vertrauen in KI stärken und Europa als Vorreiter für vertrauenswürdige KI etablieren.

Mit Mut, Experimentierfreude und Zusammenarbeit hat Deutschland das Potenzial, eine führende Rolle in der weltweiten KI-Entwicklung zu spielen. 

www.bitmi.de
 

April 2025 Handelsblatt Digitales Deutschland

»Digitalinfrastruktur bildet die Voraussetzung für ein KI-Ökosystem.«

Daniel Abbou Geschäftsführer, KI Bundesverband

Europas Gestaltungsfreiheit in der KI-Ära hängt an Rechenzentren, Datenräumen und Netzen. Der Politikwechsel in den USA hat klar gemacht: Europa muss auch digital eigenständiger werden. Auf das, was früher in Sonntagsreden gesagt wurde, müssen jetzt Taten folgen.

Ein zentrales – wenn nicht das zentrale – Handlungsfeld, das dabei berücksichtigt werden muss, ist der Ausbau digitaler Infrastrukturen. Hier liegt das Fundament für wirtschaftliche Stärke, technologische Unabhängigkeit und die aktive Mitgestaltung globaler KI-Wertschöpfungsketten. Nur wer über entsprechende digitale Infrastrukturen verfügt, kann die Regeln der Zukunft mitbestimmen.


Digitalinfrastruktur bildet dabei bereichsübergreifend die Voraussetzung für ein europäisches KI-Ökosystem: In der Verwaltung entlasten KI-getriebene Prozesse veraltete Strukturen, im Bildungsbereich ermöglichen sie individuelle Förderung durch moderne, KI-gestützte Lernformate. Die Industrie profitiert nur dann von datengetriebener Prozessoptimierung, smarten Produktionssystemen und resilienten Lieferketten, wenn die richtigen Rahmenbedingungen gegeben sind. Gerade KMU sind auf verlässliche Cloudlösungen und Rechenzentren angewiesen – ohne gezielte Infrastrukturinvestitionen bleibt ihr Potenzial ungenutzt.

Auch sicherheitspolitisch ist digitale Infrastruktur zentral: Nur durch nationale und europäische Lösungen lassen sich technologische Souveränität und Resilienz gegenüber externen Abhängigkeiten sichern.

Deshalb fordern wir gezielte Digitalinvestitionen – nicht nur finanziell, sondern auch strategisch gesteuert: in skalierbare KI-Pilotprojekte, offene Datenräume und interoperable Systeme. So kann Europa seine Wettbewerbsfähigkeit sichern – und sich unabhängig behaupten.

www.ki-verband.de