Ein Gespräch mit dem Hamburger Fachtierarzt für Kleintiere und Veterinärdermatologen Dr. Martin Bucksch.
Herr Bucksch, diese Frage kam im Sommer häufiger auf: Können auch Hunde und Katzen Hautkrebs bekommen?
Eindeutig ja. Die Sonne ist auch bei Tieren mit Fell ein Faktor, der das Risiko für Hautkrebs erhöht. Allerdings erleben wir das nicht so häufig bei uns in Nordeuropa, sondern eher in südlichen Ländern, insbesondere in Australien. Dort ist etwa bei freilaufenden, insbesondere weißen Katzen die Erkrankungsrate für Plattenepithelkarzinome erhöht. Bösartige Melanome, schwarzen Hautkrebs, gibt es ebenfalls auch bei Hunden, sie treten aber anders als bei Menschen weniger in Form von Hautflecken, als vielmehr als Knoten auf. Wichtig für Tierhalter in diesem Zusammenhang ist, dass man jeden Hautknoten oder jede Wucherung auf oder in der Haut ernst nehmen und untersuchen lassen sollte. So kommt etwa bei Hunden häufig der sogenannte Mastzelltumor vor, ein bösartiger Tumor, der unbedingt behandelt werden sollte. Eine relativ einfache Methode, Hautknoten untersuchen zu lassen stellt eine Feinnadelbiopsie dar, die in der Regel ohne Narkose durchgeführt werden kann.
Sie sind klassischer Tierarzt, aber überdies spezialisiert auf die Veterinärdermatologie. Sie sind also ein Hautarzt für Tiere, vorrangig Hunde und Katzen. Wie häufig ist diese Spezialisierung?
Noch recht selten. Aber das ändert sich gerade. Tierärzte haben sich früher in der Regel auf Tierarten spezialisiert, auf Kleintiere, Huftiere, Vögel, Reptilien. Es kommt heute immer häufiger vor, dass sich Tierärzte ähnlich wie Humanmediziner auf bestimmte Fachgebiete spezialisieren. Ich habe mich für die Haut entschieden, weil sie eine ganzheitliche Sicht auf den Organismus eröffnet. Die Haut ist nicht nur das größte Organ, sondern ein regelrechter Spiegel des Körperinneren und zudem gut zugänglich.
Welche Erkrankungen gibt es?
Zu den Erkrankungen der Haut zählen Parasiten, etwa Flöhe, Krätze und weitere, parasitäre Milben. Außerdem Hautpilze bis zu den Allergien und den hormonbedingten Erkrankungen, ausgelöst etwa durch eine Schilddrüsenunterfunktion oder Überfunktion der Nebennierenrinde, so genannter Morbus Cushing. Das alles sind Krankheiten, die sich in der Haut manifestieren. Dazu kommen Hauttumoren jeder Art sowie Autoimmunerkrankungen.
"Wichtig für Tierhalter ist, dass man jede Wucherung auf oder in der Haut ernst nehmen und untersuchen lassen sollte."
Gretchenfrage: Könnten Sie am Fell ablesen, ob das Tier gesund ist?
Sagen wir so: nicht verbindlich. Aber zumindest sind Fell und Haut wie gesagt immer ein Spiegel des Inneren. Insbesondere bei Tieren mit ihrer Ganzkörperbehaarung und ihrem intensiven Hautstoffwechsel zeigen sich dort internistische Erkrankungen oder Nährstoffmangel besonders ausgeprägt. Bei Hunden und Katzen befinden sich die oberen Hautschichten in permanenter Erneuerung. Mangelerscheinungen oder Erkrankungen treten hier besonders deutlich zutage, etwa in Form von Haarausfall oder einfach im generellen Erscheinungsbild. Ein stumpfes oder trockenes Fell kann Ausdruck solcher Erkrankungen sein.
Worauf sollten Halterinnen und Halter achten?
Fallen Haare an lokalen Stellen aus, kann das ein Hinweis auf bestimmte Milben oder einen Hautpilz sein. Tiere können ja bekanntlich nicht sprechen, daher sollten Halterinnen und Halter darauf achten, ob sie einen Unterschied zwischen juckendem und nicht juckendem Haarausfall feststellen können. Juckreiz führt zu übersteigertem Putzverhalten bei Katzen, Hunde kratzen sich das Fell regelrecht aus. Neben Kratzen kann auch Reiben, Kopfschütteln oder Lecken, zum Beispiel das Belecken der Pfoten ein deutlicher Hinweis auf Juckreiz bei Hunden und Katzen sein.
Sie erwähnten es gerade: Tiere können nicht sprechen. Wie verläuft die Anamnese, wie erfragen Sie Befindlichkeiten?
Da sind wir neben dem eigenen Augenschein auf die Halter angewiesen. Wer zu uns kommt, füllt einen ziemlich dezidierten Fragebogen aus, in dem wir nach Einschätzungen und Beobachtungen fragen. Da kann es natürlich passieren, dass diese Einschätzungen von der Realität abweichen. Wie sehr, erfahren wir manchmal auch – etwa jüngst, als sowohl Halter als auch Halterin desselben Hundes unabhängig voneinander den gleichen Fragebogen ausfüllten. Da bekam man den Eindruck, es handelte sich um ein völlig anderes Tier.
Stichwort Allergien. Beim Menschen nehmen sie zu. Ist das bei den Tieren auch so?
Die Frage ist schwierig zu beantworten. In der Tat diagnostizieren wir immer mehr Allergien bei Haustieren. Aber ob das nun daran liegt, dass die Fallzahlen steigen oder ob wir heute besser diagnostizieren, wissen wir nicht. Wenn sich ein Hund früher häufig gekratzt hat, hat man vielleicht eher darüber hinweggesehen oder es auf auf einen vermeintlichen Flohbefall geschoben. Häufig wurde einfach mit Cortison behandelt. Heute schaut man genauer hin, um welche Allergie es sich handelt und therapiert gezielter.
Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Entstehung von Allergien?
Meines Erachtens kann eine einseitige und sterile Ernährung mit zur Entstehung von Allergien beitragen. Das könnte etwas mit den Eiweißen, mit den Proteinen zu tun haben, die als preiswerte Rohstoffe im Futter enthalten sind. In den USA gibt es zum Beispiel viele Hunde mit Allergien gegen Sojaproteine, bei uns sind viele gegen Rind oder Huhn allergisch. Dazu kommt aber immer auch eine genetische Komponente, die je nach Rasse verschieden ist, sowie etwa bestimmte Vorerkrankungen, die die Entstehung von Futterunverträglichkeiten oder -allergien begünstigen können.
"Nahrung muss bedarfsdeckend sein, also alle Nähr- und Mineralstoffe enthalten, die das Tier braucht. Ein zweiter, ebenso wichtiger Punkt ist die Qualität der Rohstoffe."
Wie füttern Sie ihre Hunde?
Ich persönlich folge keiner speziellen Philosophie. Meine Hunde füttere ich querbeet unter dem Motto: Hauptsache Abwechslung. Aber ein Thema bekommt für mich derzeit zunehmende Relevanz: Mir ist aufgefallen, dass Hunde, die korrekt „gebarft“, also mit rohem Fleisch gefüttert werden, oft erstaunlich vital und gesund sind. Grundsätzlich ist es so: Nahrung muss bedarfsdeckend sein, also alle Nähr- und Mineralstoffe enthalten, die das Tier braucht. Ein zweiter, ebenso wichtiger Punkt ist die Qualität der Rohstoffe. Und Menschen, die Futter selbst zubereiten, ob roh oder gekocht, wissen natürlich genau, was im Futter drin ist. Wichtig ist die Aufklärung über bestimmte Risiken bei der Rohfütterung wie etwa die mögliche Übertragung bestimmter Parasiten und Keime. Hierbei kommt uns Tierärzten eine Schlüsselrolle zu.
Wie ist es bei Katzen?
Katzen sind Gewohnheitstiere im besten Wortsinn. Bei ihnen gibt es häufig das Problem, dass sie von Kleinauf an eine Futtersorte oder an eine Marke gewöhnt sind. Diese Konditionierung kann so weit gehen, dass sie im Erkrankungsfall ein notwendiges Diätfutter verweigern. Deshalb halte ich es für sinnvoll, beim Futter frühzeitig Abwechslung reinzubringen, damit die Katze in Sachen Futter einigermaßen flexibel bleibt. Ausgenommen sind Katzen mit bekannten Futterunverträglichkeiten, die unter Umständen von einer bewusst einseitigen, so genannten Singleproteindiät profitieren.
Wie werden Allergien behandelt?
Ähnlich wie beim Menschen. Vermeiden der allergieauslösenden Faktoren wäre demnach die beste Strategie. Die häufigste Allergie bei Hunden ist die Allergie gegen Flohspeichel. Die kann man vermeiden, indem der Hund regelmäßig ein Mittel gegen Flöhe bekommt. Auch Allergien gegen bestimmte Nahrungsmittel, etwa Rindfleisch, kann man relativ effektiv durch Vermeidung des entsprechenden Auslösers kontrollieren. Andere Allergien, wie gegen Hausstaubmilben, sind schwerer in den Griff zu bekommen. Hier braucht das Tier unter Umständen ein Leben lang ein Allergiemanagement. Bestimmte Antihistamine kann man nach Absprache mit dem Tierarzt ausprobieren. Sie wirken bei Hunden nicht gut, aber bei manchen schlagen sie an. Es gibt aber auch verschiedene tierspezifische Antiallergika. Man kann auch eine allergenspezifische Immuntherapie durchführen, auch bekannt als Desensibilisierung oder Hyposensibilisierung.
Tierkleidung liegt im Trend. Immer mehr Hunde, manchmal auch Katzen, werden eingekleidet. Was ist aus Sicht eines Dermatologen dazu zu sagen?
Es gibt Hunde, die wenig Unterwolle haben oder besonders schlank sind, wie Windhunde oder Galgos. Natürlich können die auch frieren, wie potenziell fast jedes Individuum. Und wenn die Temperaturen unter Null absinken, kann es durchaus sinnvoll sein, dem Tier einen Mantel umzulegen. Viel hängt auch davon ab, ob das Tier ausreichend bewegt wird. Dann fährt es seinen Stoffwechsel hoch und ist in der Regel nicht auf zusätzliche Textilien angewiesen. Wenn ich aber zum Beispiel beobachte, dass Halter im Winter viel Zeit im Café unter einem Heizstrahler verbringen, der Hund dann aber auf den kalten Gehwegplatten liegt, da wünsche ich dem Tier schon eine Decke oder etwas anderes Kuscheliges. Aber das hängt eben stark vom Tier ab.
Und vom Halter oder der Halterin...
Da sagen Sie was. Zu mir kam im Winter eine Halterin mit ihrem Husky, also einem Schlittenhund. Der sei doch glatt in die Hamburger Alster gesprungen, bei Minusgraden. Ich sollte ihn nun untersuchen, um festzustellen ob er sich nicht verkühlt und erkältet habe. Da musste ich herzlich lachen. Das Bad im eiskalten Wasser war wahrscheinlich das artgerechteste Erlebnis, das der Hund bis dato gehabt hatte. Was ich allen Halterinnen und Haltern ans Herz legen möchte: Schauen Sie sich Ihren eigenen Hund genau an und versuchen Sie ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie er sich fühlt und wann er friert, also zittert. Im Zweifelsfall: Lassen Sie sich beraten!
Könnten Sie uns zum Abschluss ein paar grundsätzliche Tipps zur Fellpflege geben?
Da halte ich es mit einem alten Werbeslogan: Wahre Schönheit kommt von innen. So lange der Hund gut aussieht und das Fell schön glänzt, wäre es ganz falsch, das Fell mit Shampoos oder Moisturizern pushen zu wollen. Hochwertige Nahrungsproteine sind wichtig. Ein Hund steckt 30 Prozent des Nahrungsproteins allein in den Fellstoffwechsel. Ein Tipp wäre, auf die Zugabe von Omega-Fettsäuren zu achten. Hat der Hund ein trockeneres Fell, kann man sie zufüttern, etwa per Leinöl oder Distelöl. Bei einem langhaarigen Hund, der im Fellwechsel ist, kann es Sinn machen, eine Zeitlang den Proteingehalt im Futter leicht zu erhöhen. Das unterstützt den Prozess des Fellwechsels. Vorab sollte jedoch tierärztlich sichergestellt werden, dass der Hund organisch gesund ist.
Nicht erwähnt haben Sie das Bürsten.
Dazu könnte man sagen: So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Das Bürsten wird oftmals übertrieben. Die wenigsten wissen, dass beim Hund die oberste Hautschicht, die Epidermis, viel dünner ist als beim Menschen. Wenn man da mit Drahtbürsten oder ähnlichem rangeht, kann die Haut verletzt werden. Es können so genannte Mikrotraumata verursacht werden, die sich sogar entzünden können. Aber auch das hängt stark von der Rasse ab. Es gibt Hunde, die öfter gebürstet werden sollten, manche müssen sogar getrimmt werden. Da wird das Fell geschnitten und tote und lose Haare herausgezupft. Das sollte man auf jeden Fall Profis überlassen.