Vorrang für die Gesundheit!

Forum der Akteure

Oktober 2023 Die Zeit Zukunft Medizin

»Mehr Fortschritt wagen!«

Thomas Bublitz Hauptgeschäftsführer Bundesverband Deutscher Privatkliniken | BDPK

Mit diesem Titel ihres Koalitionsvertrages weckte die Bundesregierung bei ihrem Start vor zwei Jahren die Hoffnung, dass die notwendige Modernisierung unseres Gesundheitssystems mutig und mit Weitblick angepackt würde. Die Zwischenbilanz im Herbst 2023 ist aus meiner Sicht ernüchternd. Denn das zentrale gesundheitspolitische Projekt dieser Legislaturperiode, die für 2024 geplante Krankenhausreform, ist noch unausgegoren und sieht in ihrer aktuellen Fassung unnötige bürokratische Beschränkungen und Reglementierungen vor. Im Ergebnis würden die Pläne dazu führen, dass viele kleinere, leistungsfähige und bedarfsnotwendige Kliniken schließen müssen. Das gilt vor allem im ländlichen Raum, wo den Patientinnen und Patienten weite Wege zur medizinischen Grundversorgung und längere Wartezeiten in den noch verbliebenen Krankenhäusern drohen. Hinzu kommt, dass die Reform ihre beabsichtigte Wirkung allenfalls mit mehreren Jahren Verzögerung entfalten wird, was für die meisten Kliniken viel zu spät ist. Was an den Reformplänen falsch ist und wie es besser gemacht werden könnte, zeigen wir mit der Kampagne Krankenhausretten.de, die auch von kirchlichen Krankenhäusern unterstützt wird. Um einen planvollen und bedarfsorientierten Strukturwandel einzuleiten, muss dringend die Unterfinanzierung der Kliniken beendet werden. Erforderlich sind außerdem neue Anreize und Freiräume, die innovative Behandlungsformen und die Effizienz fördern. Dies könnte mit einer integrierten regionalen Versorgungsplanung, die wir der Politik vorgeschlagen haben, gelingen. Damit würde nicht nur die stationäre, sondern auch die ambulante ärztliche Versorgung, die Übergangspflege und die Rehabilitation in den Blick genommen. Dies wäre ein Gewinn für die Patientinnen und Patienten und der ideale Einstieg zu den im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vereinbarten Gesundheitsregionen.

www.bdpk.de

Oktober 2023 Die Zeit Zukunft Medizin

»Wir brauchen eine MedTech-Strategie«

Dr. Marc-Pierre Möll Geschäftsführer und Vorstandsmitglied BVMed

Medizinprodukte sind unentbehrlich für die Gesundheitsversorgung der Menschen. Die Medizintechnik-Branche ist zugleich ein Aushängeschild der deutschen Wirtschaft. Sie beschäftigt in Deutschland über 250.000 Menschen und investiert rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Der Gesamtumsatz der Branche liegt bei über 38 Milliarden Euro, die Exportquote bei 67 Prozent. Dabei sind 93 Prozent der MedTech-Unternehmen KMU.

Deutschland ist bei Medizintechnologien Welt­spitze. Noch. Denn der Medizintechnik-Standort Deutschland ist stark gefährdet. Das liegt an einem zu komplizierten regulatorischen System für Medizinprodukte, das Innovationen ausbremst; an überbordender Bürokratisierung und Regulierungswut, die unsere KMU erstickt; an schleppender Digitalisierung des Gesundheitssystems und mangelnder Datennutzung; an unzureichender Unterstützung des Mittelstandes als dem Herzstück der deutschen Wirtschaft.

Um Top-Talente im Land zu halten und Innovationen hier zu entwickeln, brauchen wir standortfreundlichere Rahmenbedingungen! Wir brauchen ganzheitliche Ansätze. Wir brauchen eine MedTech-Strategie 2030. Dabei muss die Expertise der Unternehmen einbezogen werden. 

Wir wollen durch eine Entbürokratisierungs-Offensive unseren Mittelstand als Innovationstreiber stützen. Wir wollen, dass forschende MedTech-Unternehmen einen besseren Datenzugang und ein Antragsrecht beim Forschungsdatenzentrum erhalten. Wir wollen, dass Innovationen wieder schneller in den Markt kommen und Innovationshemmnisse abbauen – durch Fast-Track-Verfahren wie in den USA. Wir wollen die Resilienz des deutschen Gesundheitssystems und die Lieferketten stärken. 

Deutschland braucht eine forschungsstarke, leistungsfähige, wirtschaftlich gesunde und international wettbewerbsfähige Medizintechnik-Branche.

www.bvmed.de

Oktober 2023 Die Zeit Zukunft Medizin

»Zukunft der Prävention«

Han Steutel Präsident des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen | vfa

Besser, als Krankheiten behandeln zu müssen, ist es, ihnen vorzubeugen. In diesem Sinne kann man sich und die eigenen Kinder heute schon vor mehr als 30 Krankheiten durch eine Impfung schützen. Pharmaunternehmen sind zudem dabei, diesen Schutzschirm auf etliche weitere Krankheiten auszudehnen, die sich bisher der Prävention entzogen haben: Sie entwickeln beispielsweise Impfstoffe gegen die von Zecken verbreitete Borreliose, gegen Durchfall durch Noroviren und gegen das Pfeiffersche Drüsenfieber. Auch vor tropischen Erkrankungen wie dem für Ungeborene gefährlichen Zika-Fieber oder dem Lassa-Fieber sollen sich Menschen bald schützen können. 

Viele dieser Projekte sind erst möglich geworden, weil Forschungsteams über viele Jahre neue Impfstoff-Technologien entwickelt und in der Corona-Pandemie Erfahrungen damit gesammelt haben. Das gilt etwa für mRNA- und Vektorimpfstoffe, aber auch für proteinbasierte und Lebendimpfstoffe mit neuartigem Aufbau. Firmen und Institute in Deutschland haben hierzu wesentliche Beiträge geleistet und werden das absehbar weiter tun.

Doch schon die Medizin von heute könnte mehr für die Bevölkerung tun, als von ihr abgerufen wird. Das beginnt bei so einfachen Maßnahmen wie Bluthochdruck-Therapie und regelmäßigen Diabetes-Checks. Weitere Möglichkeiten sind das Wahrnehmen der vielfältigen Impfangebote und der Krebsvorsorge. Auch die Adipositastherapie kann – in Verbindung mit einer gesünderen Lebensweise – Folgekrankheiten vermeiden helfen. Und den Mehrausgaben für präventive Arzneimittel stehen geminderte Ausgaben aufgrund gesenkter Krankheitslast gegenüber. 

Es ist zu hoffen, dass das von der Bundesregierung geplante „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin“ die vielfältigen Aspekte zu einem Gesamtkonzept verknüpfen und hier eine wichtige Trendwende einleiten kann.

www.vfa.de