Fokus: Volkskrankheiten

Die Redaktion befragt Akteure über die aktuellen Herausforderungen der Medizin.
Juli 2016 Die Zeit Gesundheit & Volkskrankheiten

»Moderne Medizintechnologien helfen bei Herzleiden.«

Joachim M. Schmitt Geschäftsführer & Vorstandsmitglied Bundesverband Medizintechnologie BVMed

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Todesursache Nummer Eins in Deutschland. Wenn das Herz und die Herzgefäße nicht mehr richtig funktionieren, kann das für den Menschen lebensbedrohliche Folgen haben. Hoffnungen für betroffene Patienten gibt es dank moderner Medizintechnologien.

 

Beispiel Herzinsuffizienz, allgemein auch als Herzschwäche bezeichnet. Sie wird unter Medizinern als das bedeutendste kardiale Krankheitsbild unserer Zeit gesehen. Dank der Erfolge moderner Medizintechnologien wie kathetergestützten Verfahren, Herzunterstützungssystemen oder modernen Schrittmachertechnologien ist die Sterbeziffer durch Therapieänderungen seit Jahren rückläufig. Eine BVMed-Kampagne bringt es auf den Punkt: „Die Liebe können wir nicht nachbauen. Das Herz schon.“

 

Die Digitalisierung hält dabei auch bei der Versorgung herzkranker Menschen Einzug. Ein Beispiel ist die Telekardiologie, also das Fernmonitoring der Schrittmacherpatienten durch den behandelnden Arzt. Die modernen Implantate übertragen die Herzdaten, damit der Arzt Ereignisse auswerten und einschätzen kann. Auch bei Herzklappen-Erkrankungen gibt es bahnbrechende Innovationen: die mitwachsende Herzklappe für Kinder oder der minimal-invasive Ersatz der Aortenklappe über einen Katheter für besonders kranke ältere Menschen, die eine Operation am offenen Herzen nicht überleben würden. Die Mitralklappeninsuffizienz zählt zu den am häufigsten diagnostizierten Herzklappenfehlern beim Menschen. Auch hier gibt es mittlerweile mit der minimalinvasiven »Klappenreparatur« über einen Clip ein schonendes, katheterbasiertes Therapieverfahren.

 

Innovative Medizintechnologien sind eine Investition in das Leben und die Leistungsfähigkeit der Menschen. Sie bedeuten mehr Lebensqualität für die Menschen. Und sie stehen für eine Gesundheitsversorgung, die effizient und damit auch in Zukunft bezahlbar ist. 

 

www.bvmed.de

Juli 2016 Die Zeit Gesundheit & Volkskrankheiten

»Diabetes: Dunkelziffer bei zwei Millionen.«

Nicole Mattig-Fabian Geschäftsführerin diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe

Diabetes nimmt weltweit und in Deutschland dramatisch zu. Schon heute sind weltweit 415 Millionen Menschen betroffen. Aktuell gibt es 6,7 Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland, darunter zwei Millionen, die nichts von ihrer Erkrankung wissen. Bis zur Diagnose können bis zu zehn Jahre vergehen, Diabetes tut zunächst nicht weh und verläuft im Anfangsstadium häufig unbemerkt. Eine zu späte Diagnose und Behandlung trägt aber erheblich zum Auftreten von Folgekomplikationen bei. Nach wie vor sterben etwa 75 Prozent der Menschen mit Diabetes verfrüht an kardiovaskulären Komplikationen; jährlich werden etwa 40.000 diabetesbedingte Amputationen durchgeführt, und Typ-2-Diabetes ist die häufigste Erkrankung, die zu Nierenversagen und Dialysepflichtigkeit führt. 

 

Um Licht ins Dunkel der unerkannten Fälle zu bringen, empfiehlt diabetesDE-Deutsche Diabetes-Hilfe als erste Maßnahme den Diabetes-Risikotest zu machen auf www.2mio.de. Mit Hilfe des Risiko-Tests mit zehn Fragen kann jeder Teilnehmer sein persönliches Risiko ermitteln, innerhalb der nächsten fünf Jahre an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken. Gerade Menschen mit einem hohen Risiko für Diabetes Typ 2 sind in dem regelmäßig alle zwei Jahre finanzierten Gesundheits-Check ab dem Alter von 35 Jahren beim Hausarzt nicht eindeutig identifizierbar, da hierbei lediglich der nur eine Momentaufnahme darstellende Nüchternblutzuckerspiegel ermittelt wird. 

 

Die Deutsche Diabetes-Hilfe fordert daher dringend eine Ausweitung des Check ups zu einem „Gesundheits-Check 35 plus D (Diabetes)“ mit einer Erweiterung um den Langzeitblutzuckertest (HbA1c-Wert). Früh erkennen und behandeln, heißt Leid vermeiden. Die Kampagne „Unerkannt unterwegs?!“ wird unterstützt von Prominenten wie Udo Walz und Pierre Littbarski.  

 

www.diabetesde.org

Juli 2016 Die Zeit Gesundheit & Volkskrankheiten

»Digitale Technologien revolutionieren Prävention und Therapie.«

Dr. Bernhard Rohleder Hauptgeschäftsführer Digitalverband Bitkom

Der demographische Wandel stellt das deutsche Gesundheitswesen vor eine historisch harte Probe: Die Deutschen werden immer älter, die Zahl der Ärzte und Pflegekräfte sinkt, zugleich droht vielen Menschen Altersarmut. Kommt eine Gesellschaft armer, kranker und auf sich allein gestellter Senioren sowie ein Gesundheitssystem, das unter dem Kostendruck kollabiert? Ein solches Schreckensszenario lässt sich vermeiden, wenn wir die Chancen der Digitalisierung entschlossen nutzen. 

 

Digitale Technologien können die Prävention und Therapie von Krankheiten revolutionieren. Sie sorgen dafür, dass Menschen länger gesund bleiben beziehungsweise schneller gesund werden. Das fängt an mit Fitness-Trackern und Gesundheits-Apps, die auf spielerische Weise zu mehr Bewegung motivieren – bekanntlich einer der wichtigsten Gesundheitsfaktoren. Aber damit hört es noch lange nicht auf. Künftig werden Chirurgen im OP durch hochspezialisierte Kollegen aus der Ferne unterstützt. Prothesen werden ganz individuell per 3D-Druck gefertigt. Krebspatienten erhalten dank Big-Data-Analysen eine haargenau auf ihren Bedarf abgestimmte Therapie. Und chronisch kranke Menschen werden länger sorgenfrei in ihren eigenen vier Wänden leben, weil sie dank Telemedizin viel besser versorgt werden können.

 

Voraussetzung hierfür ist die intelligente Nutzung von Daten, etwa über die Krankheitsgeschichte eines Patienten oder zu Nebenwirkungen von Medikamenten. In einem sensiblen Bereich wie der Gesundheit hat dabei der Datenschutz oberste Priorität. Die Industrie muss dafür die technischen Voraussetzungen schaffen, die Politik die rechtlichen. Dabei gilt es, eine gesunde Balance zu finden: Die Privatsphäre ist zu schützen und gleichzeitig müssen datenbasierte Angebote der Individualmedizin möglich gemacht und gefördert werden. Das geht. Man muss es nur wollen.

 

ww.bitkom.org